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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Blick durch die Tür zu blockieren - vielleicht, dachte Tier mit einer Spur von Heiterkeit, die sich über seine Verblüffung hinwegsetzte, um seinem Vater zu erlauben, eine weniger kompromittierende Position einzunehmen. Glaubte Lehr wirklich, sein Vater hätte sich eine Geliebte genommen?
    Aber dann wurde die Tür schon weiter aufgerissen, und Jes machte zwei Schritte in den Raum. Die angenehme Raumtemperatur sackte ab, bis Tier seinen Atem sehen konnte, und Myrceria stieß einen leisen Schrei aus.
    Tier stand nur langsam auf, denn es war keine gute Idee, sich schnell zu bewegen, wenn Jes sich in dieser Verfassung befand, und breitete die Arme aus. Jes sah sich um. Aber er kam offenbar zu dem Schluss, dass Myrceria ungefährlich war, denn er machte zwei weitere Schritte und umarmte Tier.
    »Papa«, flüsterte er, und der Raum wurde wieder wärmer. »O Papa, wir dachten schon, wir würden dich nie finden.«
    »Aber wir wussten, dass wir es schaffen würden.« Das war die Stimme einer Frau, tief, klar und so sehr geliebt. Sie erfüllte den Raum wie der Klang eines Cellos. Tier schaute über Jes’ Schulter und sah, dass Seraph hereinkam. »Seit Hennea
uns gesagt hat, dass man ihn lebendig gefangen nahm. Geht es dir gut?«
    Seraph sah so sehr nach dem Kaiserinnenkind aus, das er vor zwanzig Jahren kennengelernt hatte, dass er lächeln musste. Eine Eisprinzessin, hatte seine Schwester sie verächtlich genannt. Alinath war selbst ehrlich und offen, und sie hatte nie erkannt, dass Seraphs kühle Fassade alle möglichen Gefühle verbergen konnte, die sie einfach nicht mit ihrer Schwägerin oder anderen teilen wollte.
    »Es geht mir gut«, sagte Tier, und da sie sich nicht sofort in seine Arme stürzte, sprach er weiter, »und ich bin viel glücklicher als noch vor fünf Minuten. Lehr, komm her.«
    Lehr war in den Monaten, seit Tier ihn nicht gesehen hatte, gewachsen, dachte der Barde und umarmte seinen Sohn fest. Jes war ebenfalls größer geworden und überragte seinen Vater nun ein wenig.
    »Du hast uns gefehlt«, sagte Lehr und erwiderte die Umarmung.
    »Ihr mir auch.« Er hielt ihn noch einen Moment fest.
    »Lehr hat ein paar Leute getötet«, sagte Jes. »Er hat Mutter gerettet.«
    Lehr erstarrte in seinen Armen, aber Tier umarmte ihn einfach noch fester. »Es tut mir so leid, Sohn«, sagte er. »Einen anderen Menschen getötet zu haben ist nichts, was du gut mit dir herumtragen kannst.«
    Als er schließlich zurücktrat, sah er Seraph an, die an der offenen Tür stehen geblieben war. »Ist Rinnie auch da draußen?«
    Wie immer beantwortete sie die Frage, die er wirklich gestellt hatte. »Sie ist bei deiner Schwester in Sicherheit. Es sieht so aus, als wäre Frost das einzige Opfer dieser Sache gewesen - aber wir haben uns bis jetzt große Sorgen gemacht.«
    »Sie haben Frost getötet?«

    Sie nickte. »Damit es so aussah, als wäret ihr beide auf einen besudelten Ort gestoßen. Wir hätten es vielleicht geglaubt, wenn meine Base uns nicht eines Besseren belehrt hätte.«
    Sie hatte Myrceria noch nicht angesehen. Tier wusste, dass sie keine Verwandten hatte. Sie musste einer anderen Reisenden begegnet sein.
    »Es ist hier nicht sicher für deine Verwandten«, warnte er.
    Sie lächelte wie ein Wolf, der Beute wittert. »Oh, das wissen sie«, antwortete sie. »Ich hoffe nur, diese Solsenti vom Geheimen Pfad versuchen ein paar von ihren Tricks.« Sie versah die Worte »Geheimer Pfad« mit einer Betonung, die sie kindisch und dumm klingen ließ, was die Geheimorganisation selbstverständlich auch war.
    »Du weißt vom Geheimen Pfad?«, fragte er.
    »Wir wissen vom Geheimen Pfad«, erwiderte Lehr. »Sie bringen Reisende um und stehlen ihre Weisungen.«
    »Wie bitte?«, fragte Tier und sah Seraph an.
    Sie nickte. »Sie nehmen sie dem sterbenden Reisenden ab und stecken sie in Steine, die sie in Schmuck tragen, damit sie sie benutzen können.«
    »Wie hast du so viel herausfinden können?«, fragte er.
    »Hennea hat es uns gesagt«, warf Jes hilfreich ein.
    »Meine Base«, fügte Seraph hinzu.
    »Sie müssen jemanden in Redern haben, der unsere ganze Familie beobachtet hat«, sagte Tier.
    »Jetzt nicht mehr«, sagte seine Frau kühl.
    »Mutter hat ihn umgebracht.« Jes hatte sich auf einen kleinen Tisch gesetzt und spielte mit der Vase, die zuvor darauf gestanden hatte.
    Tier warf einen Blick zu Myrceria. »Ich sagte Euch doch, es würde ihnen leidtun, wenn sie sich je mit meiner Frau anlegten. Myrceria, ich möchte Euch

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