'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
allerdings nicht mit auf diesem Video zusammengeschnitten. Die bieten nämlich keine hilfreichen Ansatzpunkte.“ Er räusperte sich. „Um 16 Uhr 24 kam Franziska Zucker ins Bild, als sie den dritten Großbereich betrat. Sie schaute auf einen Zettel in ihrer Hand und begab sich zu einem Regal auf der linken Kellerseite. Kaum eine halbe Minute nach ihr kam eine auffällige Person ins Bild. Auch diese ging in den dritten Großbereich und folgte Franziska zum besagten Regal.“ Kranz ließ das Videoband laufen und sagte: „So, jetzt kommt es! Aufgepasst! Schau genau hin!“
Nora fixierte den Bildschirm. Nach einigen Augenblicken trat am unteren linken Rand eine Person ins Bild. Sie schlich eng an der Betonwand entlang, die sich schräg unter der Kamera befand und den dritten Kellerbereich markierte. Offenbar hoffte die Person, nicht von der Kamera erfasst zu werden. Zwar waren ihre Beine außerhalb des Bildes, doch ihr Oberkörper war problemlos zu erkennen. Allerdings hatte die Person ihren Kopf nach unten gesenkt und den rechten Arm quer übers Gesicht gehoben. Sie trug eine schwarze Jacke, dazu braune Handschuhe. Auf ihrem Kopf erkannte Nora eine dunkle Wollmütze. Daher konnte sie das Gesicht der Person nicht einmal ansatzweise sehen.
Kurz bevor die Person wieder aus dem Bild verschwand, betätigte Kranz die Standbildtaste und sah Nora an. „Was sagst du dazu? Wenn hier nicht jemand versucht, um jeden Preis seine Identität zu verschleiern, dann weiß ich auch nicht mehr. Das ist doch mehr als auffällig, oder?“
Nora nickte. „Zudem ist keine andere Person auf dem Bild zu sehen. Diese vermummte Gestalt versucht also nicht nur, ihre Identität bestmöglich vor der Kamera zu verbergen, sondern sie scheint auch auf den passenden Moment gewartet zu haben, um von niemandem dabei gesehen zu werden.“
„Demnach denkst du auch, dass es sich wahrscheinlich um den gesuchten Mörder handelt?“
„Das ist gut möglich, denn diese Person verhält sich beim besten Willen nicht normal. Der Statur nach würde ich aber eher auf eine Mörderin tippen.“ Nora rückte näher vor den Bildschirm und betrachtete die verdächtige Gestalt. „Sie ist sehr zierlich und höchstens eins siebzig groß, obwohl das aufgrund der Kameraperspektive natürlich täuschen kann. Aber auch der Arm, den sie vors Gesicht hält, erscheint mir sehr zerbrechlich. Daher gehe ich davon aus, dass wir hier eine Frau vor uns haben.“
„Wir haben noch bessere Aufnahmen von dieser Person. Du wirst sie gleich noch in voller Lebensgröße sehen. Und sie ist auf jeden Fall die einzige, die sich auf dem gesamten Videoband auffällig verhalten hat. Alle anderen Leute kamen normal ins Bild und gingen auch normal wieder heraus. Daher bin ich mir sicher, dass diese Person dort auf dem Bildschirm der Mörder oder eben die Mörderin ist.“
„Gut, dann lass das Video bitte weiterlaufen. Welche Einstellungen gibt es noch von ihr?“
„Es gibt insgesamt sieben Aufnahmen von ihr. Aber da die Videos von den beiden anderen Kellerkameras nicht besonders hilfreich waren, folgen jetzt noch vier Aufnahmen.“
„Diese Person wurde auf dem Weg vom Bücherkeller bis zum Ausgang der Bibliothek noch vier weitere Male gefilmt?“, fragte Nora erstaunt.
„So ist es. An belastendem Material mangelt es also nicht.“
„Nein, aber der besagte Weg ist doch gar nicht so lang. Wo sind denn in der Bibliothek überall Kameras installiert? Die Verantwortlichen müssen wohl eine enorme Angst vor kriminellen Handlungen haben.“
„Zu diesem Punkt möchte ich später noch etwas sagen“, teilte Kranz ihr voller Argwohn mit. Dann ließ er das Video weiterlaufen und sagte: „Aber schau dir zunächst einmal die anderen Aufnahmen an.“
Nachdem die verdächtige Person aus dem Bild verschwunden war, wurde der Bildschirm für eine kurze Zeit schwarz. Dann startete eine neue Videoaufnahme. Nun sah Nora auf die Treppe hinab, die vom Erdgeschoss in den Keller führte.
„Hier erscheint die auffällige Person erneut“, kommentierte Kranz das Video, als die Gestalt in der schwarzen Jacke von unten ins Bild trat und die ersten Stufen hinaufstapfte. Erneut fror der Kriminaltechniker das Bild ein. Auf diese Weise konnte Nora erkennen, dass die Person eine dunkle Jeans und schwarze, flache Schuhe trug.
„Nun können wir wohl mit Sicherheit sagen, dass es sich um eine Frau handelt. Diese zierliche Figur passt ganz und gar nicht zu einem Mann.“
Kranz stimmte zu. „Und die Größe
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