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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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nahm. Ich sah Thorgunna auf uns zusteuern, schnell wie ein Rennboot.
    » Christus-Anhängerin!«
    Wie eine Explosion war es mir entfahren, und ich drehte unwillkürlich den Kopf weg, wie man es bei einem eiskalten Windzug macht. Dann zuckte ich die Schultern, denn diese Königin, deren schönes, junges Gesicht jetzt vor Wut verzerrt war, ging mir immer stärker auf die Nerven. Ich ärgerte mich auch, weil ich vergessen hatte, dass man ihrem Vater und seinen Leuten diesen kleinen Christengott nur aufgezwungen hatte, und genau wie alle anderen war auch sie nicht glücklich darüber.
    » Sie verwechseln Trübsinn mit Gebet«, brachte ich heraus und hörte ein leises Lachen hinter mir– Leo. Thorgunna kam angehastet und stieß mich in die Seite.
    » Hoheit«, sagte sie mit ihrem süßesten Lächeln zu Sigrid, » es ist alles vorbereitet– was wissen Männer denn schon von Opfern?«
    Besänftigt ließ die Königin sich hinwegführen, gefolgt von Jasna, die mich giftig ansah. Das stille, aber immer gegenwärtige Masurenmädchen ging hinter ihnen, blieb aber kurz stehen, um mir einen Blick aus ihren dunklen Augen zuzuwerfen. Hinterher erinnerte ich mich, warum mir das aufgefallen war: Es war das erste Mal überhaupt, dass sie jemanden direkt angesehen hatte.
    Doch in diesem Moment hörte ich ein Lachen, das mich von dem Blick des Mädchens ablenkte, und ich drehte mich zu Leo um, der in seinen Serk-Umhang gehüllt dastand, die Hände tief in die Taschen vergraben.
    » Ich hätte gedacht, Händler deines Ansehens seien diplomatischer«, bemerkte er. Ich sagte nichts, denn ich wusste, er hatte recht. Mein Verhalten war, gelinde gesagt, kindisch gewesen.
    » Aber sie irritiert einen, nicht wahr?«, fügte er hinzu, als könne er meine Gedanken lesen.
    » Dort ist noch weniger Nährboden für deine Christus-Lehre als hier«, entgegnete ich. » Selbst wenn du bis zum Hof kommst. Dein Besuch in Uppsala wird ein Fehlschlag werden.«
    Auf seinem Mondgesicht lag das überlegene Lächeln eines Mannes, der nichts, was er tat, in Zweifel zog. Dann neigte er kurz den Kopf und ging, während ich der Schwarzadler hinterhersah, die die Segel gesetzt hatte und in der Ferne verschwand.
    Ich spürte Regen auf dem Nacken, und mich fröstelte. Ich sah zum bleigrauen Himmel hoch und schickte ein Gebet zu Thor und Ägir, dem Gott der Wellen, und zu Njord, dem Gott der Küsten, mit dem ich sie um kräftigen Wind und schaumgekrönte Wellen bat. Wenn es einen Sturm gäbe, wären wir sicher…
    In der Nacht stand ich auf und verließ unsere Schlafstätte. Ich sagte Thorgunna, ich müsse zum Scheißhaus, aber das war gelogen. Ich ging durch die dunkle Halle voll schnarchender, knurrender Schläfer, vorbei an der Feuerstelle, in der kleine glühende Augen mich beobachteten, als ich die Halle verließ.
    Es war kalt, und ich wünschte, ich hätte meinen Mantel mitgenommen und ärgerte mich über meine Dummheit. Es lag Regen in der Luft, jedoch kein Anzeichen von Sturm, und das machte mir Sorgen. Träume waren mir vertraut– bei Odins Arsch, ich habe mein Leben lang Albträume gehabt–, aber dies war ein merkwürdiger, halbwacher Zustand, ein gespenstisches Gefühl, das einem den Schlaf raubte, einen aber auch noch im Wachzustand verfolgte.
    Weder jemals zuvor noch seitdem habe ich die Macht des Tieres am Bug eines Drachenschiffs so stark empfunden, wenn es sich mit den Geistern des Festlands verbeißt– aber in jener Nacht habe ich sie gespürt, zwei mächtige, dunkle Schatten. Und in dem Moment wusste ich, dass Randr Sterki kommen würde.
    Doch noch war die Welt unverändert, schwarz und silbern lag sie da, die Dunkelheit von Nebelstreifen durchzogen. Draußen auf der Weide bellte ein Fuchs, und in der schwarzen Schlucht von Ginnungagap schwelte die Glut Muspelheims, die Odins Brüder Wili und We dort hinuntergeschleudert hatten. Zwischen den dahinjagenden Wolken konnte ich nach einigem Suchen Aurvandills Zehe und Thjazis Augen ausmachen, doch den Wagenstern fand ich mühelos, denn der zeigt dem Tier am Bug jeden Weg. Auch das Tier an Randrs Bug würde ihm folgen wie ein Wolf der Fährte.
    Aus der kleinen Hütte, in der Ref seine Schmiede hatte, kam ein schwacher Lichtschein. In der Hoffnung auf etwas Wärme ging ich darauf zu, blieb jedoch ein paar Schritte davon entfernt stehen, weil ich Stimmen hörte. Warum, weiß ich nicht, denn es waren Stimmen, die mir vertraut waren: Es war Ref, der mit Botolf und Toki, dem jungen Thrall, sprach.
    Ref war

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