Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
Vom Netzwerk:
damit beschäftigt, Nägel herzustellen. Eine einfache Arbeit, aber auf einem Hof werden viele davon gebraucht, und Ref gefiel es offenbar, diese leichten, sich immer wiederholenden Handgriffe auszuführen: Er nahm ein dünnes Stück Eisen aus der Glut, schlug das eine Ende platt und spitzte das andere zu, zwei Schläge hier, vier Schläge dort, dann ins Wasser getaucht, ein kurzes Aufzischen, und in die Kiste zu den anderen. Für diese einfache Arbeit hatte er nur ein schwaches Licht in der Schmiede, sodass er die Farbe des Feuers und des erhitzten Metalls beurteilen konnte.
    Toki, der mit dem Rücken zu mir wie die Silhouette einer Puppe aussah, bediente den Blasebalg und schlang zwischendurch die dünnen Arme um den Leib, denn trotz des Feuers fror er in seinem Kjartan und mit den nackten Füßen. Sein fast kahler Kopf glänzte im Feuerschein.
    In der Luft lag der Geruch von versengtem Horn, vermischt mit dem salzigen Aroma des Meeres, Holzkohle und Pferdepisse. In dem schwachen Licht der Esse und einer kleinen Laterne sah Ref wie ein Zwerg aus, Botolf dagegen wirkte wie ein Riese. Der eine schien einen Gegenstand mit Zauberkraft zu schmieden, während der andere mit so tiefer Stimme sprach, dass es klang, als stießen Felsbrocken aneinander.
    » Der Fuchs ist wieder unterwegs«, sagte er. » Er hat es auf die Hühner abgesehen.«
    » Deshalb haben wir ja den Stall gebaut«, erwiderte Ref, der sich auf seine Arbeit konzentrierte. Ping, ping. Pause. Ping, ping, ping, ping. Eintauchen, Zischen. Er nahm ein neues Stück.
    » Er wird sich nicht nahe heranwagen, er hat Angst vor den Hunden«, meinte Botolf. Er stieß Toki an, der den Blasebalg ein paarmal bewegte.
    » Warum hat er denn Angst?«, fragte der Junge. » Er kann doch wegrennen.«
    » Weil die Hunde zwar langsamer, aber ausdauernder rennen und ihn umbringen würden«, antwortete Ref. » Da hättest du auch Angst.«
    Der Junge fröstelte. » Ich habe ja schon in meinen Träumen Angst«, sagte er, und Botolf sah ihn an.
    » Träume, kleiner Toki? Was für Träume? Meine Helga träumt auch, und auch ihr macht es Angst. Was träumst du?«
    Der Junge zuckte die Schultern. » Dass ich von irgendwo ganz hoch herunterfalle. Aoife hat gesagt, dass mein Papa so gestorben ist.«
    Botolf nickte ernst. Er erinnerte sich, dass Tokis Vater ein Thrall namens Geitleggr gewesen war, der seinen behaarten Ziegenbeinen den einzigen Namen verdankte, den er kannte, doch leider hatte er beim Sammeln von Möweneiern auf schmalem Felsgrat nicht die Sicherheit einer Ziege gehabt. Tokis Mutter war ebenfalls gestorben– zu schwere Arbeit, zu wenig Nahrung im Winter. Jetzt kümmerte Aoife sich um Toki, soweit man sich eben um ihn kümmerte.
    » Ich bin gern hoch oben«, sagte Botolf, wie um dem Jungen Mut zuzusprechen. » Davon träume ich fast immer.«
    Ref drückte geistesabwesend ein Stückchen Glut auf seiner bereits vielfach versengten Tunika aus; ich bezweifelte, dass seine verhornten Finger es überhaupt noch spürten. Dabei wandte er den Blick nicht von seinem Eisen ab; er achtete auf die Farbe der Flamme, um den richtigen Moment abzupassen, selbst wenn er nur einen Nagel schmiedete.
    Ping, ping, ping, ping– Eintauchen, Zischen.
    » Was sind das denn für Träume, Botolf?«, wollte Ref wissen, der gerade ein neues Eisenstück in die Glut schob und Toki bedeutete, er solle pumpen.
    Botolf klopfte mit seinem Holzbein gegen den eichenen Baumstumpf, der den Amboss hielt.
    » Seit ich das hier habe, von Flügeln«, erwiderte er. » Ich träume, dass ich Flügel habe. Große, schwarze Flügel, wie ein Rabe.«
    » Wie fühlt sich das eigentlich an?«, fragte Toki, der das Bein neugierig ansah. » Ist es wie ein richtiges Bein?«
    » Meistens schon«, erklärte Botolf, » außer wenn es juckt, denn dann kann man es nicht kratzen.«
    » Juckt es denn?«, fragte Ref verwundert. » Wie ein richtiges Bein?«
    Botolf nickte.
    » Hat der Holzschnitzer einen Zauber hineingemacht, damit es juckt?«, wollte Toki wissen. Botolf lachte.
    » Wenn das der Fall wäre, dann wünschte ich, er käme zurück und würde den Zauber wieder rückgängig machen– oder mich wenigstens kratzen lassen. Denn davon träume ich, wenn ich nicht träume, dass ich Flügel habe.«
    » Träumt denn niemand mehr von normalen Sachen?«, brummte Ref und drehte seinen Metallstift in der Glut. » Von Reichtum und Ruhm, oder von Frauen?«
    » Das habe ich doch alles«, sagte Botolf, » davon brauche ich nicht mehr zu

Weitere Kostenlose Bücher