Rache: Die Eingeschworenen 4
mit wütendem Blick sein Schwert.
» Du kannst von Glück sagen, dass ich die Klinge flach gehalten habe«, schnauzte er ihn an. » Ich habe dir doch gesagt, du sollst damit aufhören.«
Tov funkelte ihn böse an; eine Spur von Angst hielt ihn zurück. Nicht mehr lange, dachte ich, und auch dieser letzte Rest wird verflogen sein und er wird auf Randr losgehen, so unaufhaltsam wie ein Schiff, das die Helling hinabrutscht. Es fehlte nur noch ein letzter kleiner Stoß…
» Es gäbe da einen Handel«, rief ich und ignorierte die Schmerzen, die mir bei jedem Wort durch den Kopf schossen. » Silber, im Mondschein vergraben, ein Blutpreis, der hoch genug ist, um diese Fehde zu beenden.«
Jetzt wurden sie aufmerksam. Jedermann kannte die Geschichten um die Eingeschworenen, besonders jene, denen zufolge es sich um alles Silber der Welt handelte. Selbst wenn man die Übertreibungen der Skalden berücksichtigte, blieb dabei immer noch genug Silber für die Träume eines jeden von ihnen übrig.
» Es gibt nicht genug Silber, um das hier zu beenden!«, brüllte Randr zurück, doch dann begann in dem Wolfsrudel hinter ihm ein lautes Gemurmel, und er fuhr herum. Im Bruchteil einer Sekunde sah er seine Mannschaft zerbrechen, in die Hälfte, die glaubte, es sei genug Silber für sie da, und in die andere, die Blut sehen wollte.
» Stenvast ist tot«, knurrte der Bärenhäuter, der vorher gesprochen hatte. » Hier gibt’s nicht mehr viel für uns zu tun, und das Silber der Eingeschworenen scheint ein angemessener Preis.«
» Ich verrate euch, wo es ist«, bot ich an und trieb den Keil weiter hinein, » wenn ihr einverstanden seid, dass die Sache dann beendet ist und wir unserer Wege gehen können.«
» Du elender Hund!«
Das war Tov, der sich brüllend mit Zähnen und Klauen auf mich stürzte, weil er seine Gelegenheit auf Rache zerrinnen sah.
Randr reagierte reflexhaft. Es war der plötzliche Wutausbruch eines Jarls, der zu viele Probleme auf einmal hatte und dem man zu oft Ungehorsam entgegengebracht hatte. Mein Schwert pfiff mir am Ohr vorbei und durchschnitt Tovs Kehle, sodass sein Blut mich traf, während er mit den Füßen zappelnd auf dem Boden lag.
Einen Augenblick lang herrschte völlige Stille, man hörte lediglich Tovs Blut pulsieren, das sich langsam mit dem Regenwasser vermischte.
Dann brach ein Aufruhr los. Es hagelte Flüche, wütende Schreie und Proteste. Die Männer fingen an sich zu prügeln, und Randr brüllte und ging mit dem Schwert dazwischen. Ich sah, wie Abjörn und die anderen sich ansahen und erwogen, ob es Sinn hätte, jetzt anzugreifen, da die Mannschaft offenbar völlig zerstritten war. Einen Augenblick lang hatte ich Angst, sie würden es wirklich tun.
Schließlich schafften es die Bärenhäuter, die zu einem Haufen gedrängt beieinanderstanden, wieder Ordnung zu schaffen, und zwar ehe die Eingeschworenen einen Entschluss gefasst hatten. Erleichtert atmete ich auf.
Es folgte eine kurze, geflüsterte Beratung, dann kam Randr wütend auf mich zu, sein Dachsbart zitterte vor Empörung. Zwei Männer begleiteten ihn, der eine von ihnen ein mächtiger Bärenhäuter mit wildem Bart, der sich als Skeggi Ogmundsson vorstellte.
» Sag ihnen, wo der Schatz ist«, bellte Randr und deutete mit dem Kopf auf die Männer. » Sie werden hingehen. Wenn dort nichts ist, stirbst du, sobald sie Meldung machen.«
» Und wenn sie ihn finden?«, entgegnete ich mühsam, vor lauter Blut und Schmerz erschien mir meine eigene Stimme fremd.
Er sah in mein verschmiertes Gesicht und grinste höhnisch.
» Dann nehmen wir es uns und fahren ab. Du und deine Schoßhündchen, ihr könnt vorerst am Leben bleiben.«
Das » vorerst« war mir nicht entgangen. Ich wusste, er würde es nicht als ewig bindend ansehen, doch ich nickte und sagte ihnen, was sie wissen wollten.
Es war ein sehr langer Tag, den wir dort verbrachten und darauf warteten, dass die Männer zurückkamen. Niemand sprach, auch wagten wir kaum, uns zu rühren. Randrs Leute zündeten zwei Feuer an, die aber bald wieder ausgingen, weil sie zu wenig trockenes Feuerholz hatten. Aus der Richtung unserer Wagen hingegen wehte der Geruch von Kochfeuern und Suppe herüber, und man hörte, wie Randrs hungrigen Männern der Magen knurrte. Ich musste fast grinsen, wenn es mir mit meinen Schmerzen möglich gewesen wäre.
Dann fing es wieder an zu regnen, und langsam wurde es dunkel. Die Männer wickelten sich fester in ihre Kleider und zogen sich über, was sie an
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