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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Umhängen hatten, weil es kalt wurde. Meine Nase pochte, und ich musste durch den offenen Mund atmen.
    Dann kam endlich einer der Männer angelaufen. Randrs Leute waren plötzlich hellwach und vergaßen vor Spannung Hunger und Kälte.
    » Und, Hallgeir?«, fragte Randr mit eiskaltem Blick.
    » Silber«, sagte der Mann völlig außer Atem. » Riesige Haufen– seht nur!«
    Er streckte eine Hand aus, und die Männer drängten sich um ihn. Die Münzen und der silberne Halsreifen, die in der Dunkelheit vor ihnen aufblitzten, ließen sie verstummen. In ihrer Vorstellung wuchs die Handvoll zu einem riesigen Drachenschatz an.
    » Sehr gut«, sagte Randr und reckte sich hoch auf. » Jetzt haben wir das Silber.«
    » Binde mich los«, sagte ich. Er lachte höhnisch, und ich ahnte, dass es nicht geschehen würde.
    » Da ist noch eine andere Sache…«, sagte Hallgeir und versuchte sich aus der Menge zu befreien, denn alle wollten wenigstens diesen Teil des berühmten Schatzes der Eingeschworenen sehen und anfassen.
    Mürrisch und unwillig wandte Randr sich um, weil es ihn davon abhielt, mich umzubringen, was er als Nächstes zu tun beabsichtigt hatte. Aber Odin würde sein Opfer noch bekommen. Mach es kurz, Allvater, dachte ich, während ich innerlich zitterte und fliehen wollte, statt geduldig zu warten, wie ein Ochse beim Blutopfer.
    » Wo ist Skeggi Ogmundsson?«, fragte jemand.
    Ehe jemand antworten konnte, flog etwas durch die Luft, das aussah wie ein großer Stein. Es klatschte nass auf den Boden und rollte Randr vor die Füße, der erschrocken zurückwich, und plötzlich sträubten sich allen die Nackenhaare, als sie erkannten, dass es sich um einen abgeschlagenen Kopf mit einem wilden Bart handelte.
    » Ich sah eine graue Möwe.«
    Die Stimme kam aus der Dunkelheit, von dort, wo der Kopf von Skeggi, dem Bärenhäuter, hergekommen war. Eine hohe Stimme, die noch nicht gebrochen war.
    Die Stimme eines Jungen.
    Es wurde still, alles starrte in dieselbe Richtung. Ich sah Randr Sterkis Gesicht, in dessen aufgerissenen Augen die Angst stand, wie bei Hati, der Mondgöttin, als sie das Heulen des Wolfes hörte, der sie verfolgte.
    » Das ist die andere Sache«, seufzte Hallgeir müde und resigniert. Er ließ die Hände sinken, und das Silber fiel unbeachtet in den Schlamm.
    Krähenbein kam näher, sodass alle ihn sehen konnten. Er trug ein Kettenhemd, das für seine Größe gemacht war, und hatte in jeder Hand einen Speer. Sein Kopf war unbedeckt, und die Zöpfe mit den eingeflochtenen Münzen schwangen hin und her; er sah nicht mehr wie ein kleiner Junge aus. Wie immer war Aljoscha neben ihm, und hinter ihm, wie eine graue, schützende Wand, klirrend und lederknarrend, ein Trupp gepanzerter Krieger.
    Mir wurden die Knie weich; jetzt wurde mir klar, warum Ljot sich so beeilt hatte, aufs offene Meer hinauszukommen– er wollte Krähenbein nicht begegnen. Und es war äußerst aufschlussreich, dass er Randr Sterki offenbar darüber nicht unterrichtet hatte.
    » Ich sah eine graue Möwe«, sagte Krähenbein, indem er näher trat, sodass er nicht mehr schreien musste. » Eine Raubmöwe, die so hoch oben auf der Klippe lebte, dass man sie nur mit Mühe erreichen konnte. Ein Möwenkönig, der Sterki genannt wurde– der Starke–, der die Menschen auslachte, ihre Fische stahl und zum Spaß auf sie herabschiss.«
    Man hörte nervöses Kichern, denn das hatten alle schon erlebt. Vielsagende Blicke wanderten zu Randr Sterki, der so hieß wie die Möwe und auf den die Geschichte ganz offenbar gemünzt war. Ich bemerkte, wie einige Männer zur Seite traten und sich von den anderen absetzten, vermutlich waren das die letzten Bärenhäuter.
    » Ich muss hier nicht über Möwen reden«, fing Randr an, aber eine kleine Geste mit der Axt vonseiten Aljoschas, von dem man in seinem Visier nur die Augen sah, ließ ihn verstummen. Auch die Bärenhäuter waren still geworden.
    » Es ist besser, du hörst zu«, riet ich ihm. » Krähenbeins Geschichten treffen immer ins Schwarze, aber sie sind wenigstens nicht tödlich.«
    Randr befeuchtete nervös die Lippen. Dies war der Junge, der seinen Hass an dem ausgelassen hatte, was Randr geliebt hatte. Hier waren alle seine Feinde, an denen er sich rächen wollte, und Randr stand am Abgrund und wartete nur noch darauf, sich auf sie zu werfen. Mit einem kleinen Rest an Verstand, der noch nicht von blindem Hass erfüllt war, wusste er aber auch, dass er scheitern würde, und noch hielt ihn dieser Rest an

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