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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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gering.
    Wie gesagt, ich bin gescheitert, weil ich aufs Ganze gegangen bin und den Bürger X gleich mit einem Teppich von 4 x 6 Metern in dessen eigene Wohnung schob und mit dem anderen Textilende eine herrliche Delfter Vase vom Fensterbrett stieß. Selbstkritisch gesehen fand ich mich unverschämt und im Jargon eines Flegels gesprochen, verfressen. Postwendend hat man mich samt der Ware wieder hinausgeschoben. Hinten hat man bekanntlich keine Augen und da gab es diesen ominösen Treppensturz, der mit einer Bruchlandung auf dem Steißbein endete. Seit dieser Zeit hatte ich einen Gehfehler. Ich hoffte nun, dass mich mein orthopädischer Hausarzt bald wieder auf Vordermann bringen würde. Man hat mich darüber aufgeklärt, dass es besser sei, erst einmal mit kleinen Persern bzw. Brücken aus irgendwelchen Synthetics »ins Rennen« zu gehen. Von betrügerischem Tun war da nie die Rede. Naiv wie ich war, ging ich die Sache ohne jeglichen Argwohn an. Türkische Mitbürger haben mir zum Beispiel vorgeschlagen, das Ausrollen solcher Artikel erst einmal zu üben. Das habe ich getan und bin ins erste Obergeschoss eines Leipziger Altbaus in der Waldstraße gestiegen. Ich bot nun mein Falsifikat von »Perser« wie Sauerbier an. Anschließend fragte man mich, wo dieser Artikel herstamme. Ich habe erst einmal um den heißen Brei geredet und erklärt, dass das alte Persien geschichtlich etwas mit dem heutigen Iran zu tun habe. Anschließend wurde ich, also wie im ersten Fall, die Treppe hinunter gestoßen. Dabei betragen die Deckenhöhen nobler Gründerzeit-Altbauten mitunter 3,50 m. Daraus resultiert, dass die Treppen in den Treppenhäusern ewig lang und steil sind. Da lag ich nun deprimiert auf dem mittleren Treppenpodest und dachte erst über mich und dann über Nächstenliebe und Demokratie in unserer neuen Bundesrepublik nach. Auf Grund meines atemberaubenden Schmerzes habe ich den brutalen »Teppichkunden« beinahe vergessen und die Tatsache, dass dieser seine Korridortür noch während meines Kobolzes nach unten hinter sich zuknallte, ohne sich um mich zu kümmern. Außerdem hatte ich mir eine Schürfwunde im rechten Jochbeinbereich zugezogen und vor allem die erneute Prellung meines Steißbeines an der gleichen Stelle. Mein Selbstwertgefühl war dahin, ein für alle Mal! Es kam noch dicker: Eine im Parterre wohnende alte Frau stieg die Treppe hoch, trat neben mich hin, vielleicht um mich zu bedauern. »Nein, nein«, sagte ich, »bin nur über den Abtreter gestolpert!« Für mich interessierte sich die Frau weniger, eher aber für das Preisschild der »Perser-Brücke« von Aldi. Diese noch wenig bekannte Ladenkette existierte erst kurze Zeit in unserer Stadt. Die alte Frau schob ihre Brille ganz runter auf die Nasenspitze und schielte über die Gläser: »Is das awwer ‘ne scheene Brügge! Wo ham Se’n die her?« »Ach wissen Sie«, log ich, »die hab ich mir besorgt und weil ...« »weil se zu groß für Ihre Wohnung is, deswäschen gönn Se se nisch gebrauchen’, no?«, fuhr mir die alte Dame ironisch ins Wort. »So ist es!«, entgegnete ich und erschrak über meine eigene Dummheit – hatte ich doch vergessen, das verräterische Preisschild von dieser doofen Brücke zu entfernen. »Was soll mit eusch Obdachlose in diesen neien Staat bloß wern!«, meinte sie und warf mir mitleidsvoll zwei DM in kleinen Münzen auf die Brust, also das Fünftel des Einkaufspreises meiner Brücke. Die Frau meinte, dass sie von »wäschens dor kleen’ Rente«, über die sie verfüge, nichts zu verschenken habe. Ich zog mich empört am Treppengeländer hoch. Da stand ich nun neben der Alten und überragte sie um drei Köpfe. In ihren Augen war ich eine asoziale und obdachlose Null. Was bedeutet schon körperliche Größe allein? Jedenfalls war alles zu spät! Sie ließ mich im Treppenhaus stehen und verschwand mit meiner »Perser-Brücke« unterm Arm einfach in ihrer Wohnung. Depressionen machten sich jetzt in mir breit, zumal ich weder obdachlos noch asozial war. Immer noch mutig genug, stieg ich wieder in die I. Etage und wollte meinem »Teppichkunden« eine »gerade Rechte« verpassen und vor allem meine Reisetasche an mich nehmen. Sie stand noch oben und enthielt neben einem kleinen orientalischen Bettvorleger noch einige persönliche Utensilien bzw. Papiere und eine Datenbank, in der ich viele nach meinem Dafürhalten wichtige Adressen eingespeichert hatte. Ich klingelte erneut. Der Typ stand mit karierten Filzpantinen vor mir und

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