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Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)

Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)

Titel: Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Osbourne
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stand sie auf der Straße. Ihre Augen brannten noch von den Tränen, aber die verhasste Shorts steckte sauber gefaltet in ihrer Tasche. Es war noch nicht einmal elf Uhr. Der Tag dehnte sich endlos vor ihr aus, und schon spürte sie das Nagen des Hungers in ihren Eingeweiden. Ihr ging das Geld aus, und da sie zu stolz war, Camilla um etwas zu bitten, hatte Maggie bereits eine Weile nicht mehr richtig gegessen. Ihr war klar, dass sie nicht mehr lange so weitermachen konnte, aber das Casting heute war der letzte Strohhalm gewesen. Sie blickte hinauf in den grauen Himmel, als es prompt zu regnen begann, und plötzlich war ihr alles zu viel. Erneut brach sie in Tränen aus und hasste sich dafür, hasste das Hungergefühl und die Einsamkeit, den Schmutz und das Elend … Aus dem Augenwinkel sah sie etwas Buntes, einen durchweichten Flyer auf dem nassen Straßenpflaster. Englandtouren im Bus warb ein Transportunternehmen.
    Das musste ein Zeichen sein. Sie sollte nach Hause fahren. Schluchzer schüttelten Maggie. Nach Hause  – und wo war das? Nicht in Sheffield, das stand jedenfalls fest. Sie hatte ein, zwei Mal mit ihren Eltern gesprochen und schrieb ihnen pflichtbewusst Briefe, die sie nicht beantworteten, weil es ihnen zu peinlich war, Interesse an der Tochter zu zeigen, die einfach ausgerissen war. Sheffield war kein Zuhause mehr. Aber die Hopkin Road noch weniger. Sie schniefte und fühlte sich so elend wie noch nie, seit sie nach London gekommen war.
    Sie überlegte, ob sie über den Berwick Street Market gehen sollte. Die farbenprächtigen Obst- und Gemüsesorten in den Auslagen, die bunten Stoffe in den Schaufenstern und die fröhlichen Händler machten ihr stets gute Laune. Also setzte sie sich in Bewegung und versuchte, »Killer Queen« anzustimmen, um sich wieder aufzumuntern, aber es wollte nicht richtig funktionieren. Sie lief schneller. Sollten sie doch alle zum Teufel gehen, diese Mistkerle, diese snobistischen, sexistischen Chauvis. Sie würde es ihnen schon zeigen. Eines Tages wäre sie ganz oben an der Spitze, oh ja, und ob! Sie brauchte bloß eine Chance. Eine klitzekleine Chance, und dann würden sie schon …
    »Hey!«
    Sie hatte gerade den letzten Obststand passiert, als sie mit jemandem zusammenstieß. Es war ein großer, schlaksiger Mann mit längerem Haar, der eine schlanke Zigarre rauchte und gerade auf seine Uhr blickte.
    »Huch, Vorsicht!«, rief Maggie, packte ihn, damit sie auf ihren Plateauschuhen nicht stürzte, und vergaß vorübergehend, ihren Akzent zu unterdrücken. »Tut mir echt leid.«
    Dass sie sich an ihn klammerte, merkte sie erst, als er ihren Arm tätschelte und sich behutsam von ihr löste. »Macht gar nichts, Liebes. Es ist ewig her, dass mich ein junges Ding an seinen Busen gedrückt hat.« Er grinste und hielt sie fest. »Diese Schuhe da sind das Problem, denkst du nicht auch? Wieso muss ein ohnehin schon hochgewachsenes Mädchen sich mit diesen Dingern foltern?«
    Maggie blickte auf die Plateaus, die gute fünf Zentimeter hoch waren, und erwiderte das Lächeln. »Keine Ahnung.«
    »Hast du geweint?« Der Mann warf den Zigarillo auf die Straße. Wieder sah er auf die Uhr.
    »Ein bisschen«, gab Maggie zu.
    »Oje. Ich hasse es, wenn Frauen weinen«, sagte er und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Kopf hoch, Liebes. Ich heiße Nigel.«
    Er hatte einen Stich Lila im Haar, was Maggie noch nie gesehen hatte. Sie wusste inzwischen genug, um zu vermuten, dass er homosexuell war. In Sheffield gab es keine Schwulen, oder falls doch, sprach zumindest niemand darüber. Vielleicht war es das, was Maggie so besonders gerne an Soho mochte: In dieser theatralischen, schäbig-schicken Atmosphäre liefen die unterschiedlichsten Menschen herum, ohne dass jemand Anstoß daran zu nehmen schien.
    »Hi. Ich heiße Maggie«, sagte sie.
    »Komm, sag’s Onkel Nigel. Was ist passiert?«
    »Gar nichts, das ist es ja«, sagte Maggie. »Alles geht schief.« Ihr Magen begann zu knurren und erinnerte sie wieder daran, dass sie heute exakt fünfzig Cent für etwas zu essen ausgeben konnte.
    Nigel warf einen Blick die Straße hinab. »Sag mal – wie alt bist du?«
    »Achtzehn«, antwortete sie automatisch. Die Lüge ging ihr inzwischen locker über die Lippen.
    »Schön. Du suchst nicht zufällig einen Job, oder?«
    »Oh«, machte Maggie. Wollte man sie einmal mehr zu einem Casting für Unterwäschewerbung gewinnen? »Wo denn?«
    Nigel deutete mit dem Daumen hinter sich. »Hier. Im Black Horse.

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