Racheherz - Roman
Fische.«
»Das ist der Name der Band. Sie haben die Welt verändert.«
»Wie haben sie die Welt verändert?«
»Ich weiß es nicht. Mein Vater hat es mir gesagt.«
Lampenschein fiel von unten auf ihr Gesicht und malte mit trügerischem Puder und Mascara eine starre Kabukimaske auf ihre Züge.
»Was stinkt hier so?«, fragte sie.
»Duftkerzen und Duftöle.«
»Der andere Gestank, der darunter hängt.«
»Wahrscheinlich riechen Sie das Dope.«
»Marihuana?«
»Ja. Der Rauch setzt sich fest. Deshalb zündet er Duftkerzen an. Um den Geruch zu verbergen.«
»Warum raucht er Pot?«
»Ich weiß es nicht. Vermutlich weil er es schon immer getan hat.«
»Ist er süchtig?«
»Es heißt, man würde davon nicht süchtig.«
»Macht Marihuana Leute sanft?«
»Ich rauche es nicht. Ich weiß es nicht. Es wird behauptet.«
»Er ist nicht sanft«, sagte sie.
»Nein. Ist er auch nie gewesen.«
In einer schwarzen Hose, einem schwarzen Pullover und einer schwarzen Jacke war sie ein Schatten, der sich durch Schatten bewegte. Die meiste Zeit über bestätigten die diversen Lampen und Kerzen ihre Anwesenheit nur dann, wenn das Licht ihre Hände und ihr Gesicht fand. Was auch immer der Nennwert des Lichts war, das ihre Haut aufnahm, wurde in Gold zurückgegeben.
Ryan wusste, dass er sorgsam eine Gelegenheit abpassen sollte, sich auf sie zu stürzen und mit ihr um die Waffe zu kämpfen. Oft wandte sie die Mündung von ihm ab, denn Jimmys nostalgische Sammlung schien sie abzulenken.
Er hatte jedoch den Verdacht, ihre Zerstreutheit sei eher aufgesetzt als echt, und jedes Schlupfloch, das er sah, sei für ihn nur eine Gelegenheit, erschossen zu werden.
Sie deutete auf ein anderes Poster und fragte: »Wer ist das?«
»Eine andere Band. Grateful Dead. Sie haben die Welt verändert.«
»Wie haben sie sie verändert?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht kann Dad es Ihnen sagen.«
»Ich weiß, wo Ihre Mutter lebt, aber ich bin ihr bisher noch nicht begegnet.«
»Da steht Ihnen ja noch ein Genuss bevor«, sagte Ryan.
»Ist sie wie er?«
»Ähnlich, aber anders. Bei ihr sind es der Alkohol und die Männer, vor allem Männer, die Alkohol mögen.«
»Ich spiele mit dem Gedanken, Euch alle drei zu töten.«
Ryan sagte nichts dazu.
Vor einem weiteren Poster sagte sie: »Und wer ist das?«
»Jim Morrison und die Doors.«
»Haben die auch die Welt verändert?«
»Es heißt, sie hätten es getan.«
Als Violet an ihm vorbeiging und den Teil des Raums betrat, der sich hinter seinem La-Z-Boy-Sessel befand, wandte Ryan den Kopf und wollte sich auf dem Stuhl umdrehen, um ihr mit seinen Blicken zu folgen.
»Schauen Sie nach vorn«, sagte sie und richtete die Pistole auf seinen Nasenrücken.
Er befolgte ihre Anweisung.
»Wenn Sie den Kopf umdrehen, um hinter sich zu sehen, werde ich auf Sie schießen. Die Leute auf diesen Plakaten - wo sind sie jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Viele von ihnen sind tot.«
»Dann hat die Welt sie verändert«, sagte sie.
Er konnte ihre leisen Schritte kaum hören. Sie musste etwas aufgehoben haben, um es sich genauer anzusehen, denn es stieß leicht gegen den Tisch, als sie es wieder hinlegte.
Als sich das Schweigen in die Länge zog, durchforstete er seinen Verstand nach einer Frage oder einer Bemerkung, die ihm erlauben würde, das Gespräch mit der Zeit ein wenig zu steuern.
So nah, dass ihre Stimme ihn zusammenzucken ließ, nämlich direkt hinter seinem rechten Ohr, sagte sie: »Ich habe Ihrem Vater meinen Namen genannt. Kennen Sie den Namen meiner Schwester?«
Der Unterschied in ihrem Tonfall bei der Aussage und der Frage war der Unterschied zwischen einer unbeteiligten Äußerung und der anscheinend harmlosen Frage eines Kriminalbeamten, der sein Gegenüber in eine Falle locken will. Ihre letzten sechs Worte waren eine mühsam unter Verschluss gehaltene Anklage und die falsche Antwort würde den Korken in die Luft gehen lassen und ihre Wut würde sich entladen.
Nach einem Zögern, von dem er merkte, dass es ihm gefährlich werden konnte, sagte er: »Ja. Sie hieß Lily.«
»Wie haben Sie ihren Namen in Erfahrung gebracht? Haben Sie ihn aus meinen Blumen abgeleitet? Oder aus etwas, das ich gesagt habe, darauf geschlossen?«
»Nein. Ich habe die Familie um die Nennung ihres Namens
und um ein Foto gebeten, und daher weiß ich, dass Sie ihre eineiige Zwillingsschwester sind.«
»Die Familie hat Ihnen ein Foto gegeben?«
»Ja.«
»Aber ich bin die Familie.«
»Nun, ich vermute, das
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