Racheherz - Roman
und dieser Frau erst recht nicht. Er sagte: »Sie haben mich auf dem Parkplatz mit einem Messer verletzt. Sie sind in mein Haus eingedrungen und haben alle Spuren verwischt, die mir hätten sagen können, wie Sie rein- und rausgekommen sind. Sie haben sich an den Aufzeichnungen der Überwachungskameras zu schaffen gemacht, Riegel geöffnet, die nicht von außen aufgehen …«
»Die lassen sich mit Elektromagneten öffnen. Kam es Ihnen vielleicht vor wie Hexerei?«
»Ich hatte Angst. Ich musste an einen Ort, an dem Sie mich nicht finden konnten, um nachzudenken.«
»Welche Gedanken haben Sie dann in Denver dazu bewogen, wieder nach Hause zu kommen?«
Er schüttelte den Kopf und das war ein Fehler. Flüssiger Schmerz schwappte in seinem Schädel.
Als der schlimmste Schmerz abgeflaut war, sagte er: »Das
lässt sich unmöglich in Worte fassen. Sie würden es nicht verstehen.«
»Probieren Sie es.«
»Sie würden es nicht verstehen«, wiederholte er.
Ryan fasste den Gedanken ins Auge, den Couchtisch zu benutzen, um das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Wenn sie umkippten und zerbrachen, könnten die beiden Glasgefäße nicht nur den Fußboden und die Möbel, sondern auch Violet mit brennendem Öl bespritzen.
Sie sagte: »Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie herkommen würden.«
»Ja. Das sagten Sie bereits.«
»Ich dachte, Sie würden mich Ihren Vater töten lassen.«
»Ich bin nicht nur seinetwegen hergekommen.«
»Was hat Sie sonst noch hierhergeführt?«
Er antwortete nicht. Er brauchte nicht auf alles eine Antwort zu geben. Am Ende würde sie ihn ja doch töten, ob er all ihre Fragen beantwortete oder nicht.
Violet sagte: »Fragen Sie sich, wer ich bin - abgesehen davon, dass ich ihre Schwester bin?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie keine Lehrerin sind.«
»Was soll das heißen?«
»Eine Lehrerin, wie sie eine war.«
»Lily war keine Lehrerin.«
Da der La-Z-Boy Platz brauchte, um vollständig zum Liegesessel umfunktioniert zu werden, stand er weiter vom Couchtisch entfernt, als Ryan lieb war. Hätte der Sessel näher am Tisch gestanden, dann hätte er die Beine ausstrecken und gegen den Tisch treten können, damit die Lampen umfielen und auf dem Boden zerbrachen.
»Lily war Näherin.«
»Weshalb hätte man mich in dem Punkt belügen sollen?«, fragte er.
Statt seine Frage zu beantworten, sagte Violet: »Ich bin Sicherheitsbeamtin. Staatssicherheit. Aber die unterscheidet sich vom FBI und von der CIA. Oh ja, Mr Perry, das ist etwas ganz anderes. Von diesem Büro haben Sie noch nie gehört und Sie werden auch nie davon hören.«
»Geheimpolizei.«
»Ja. Im Wesentlichen. Es ist Ihr Pech, das Sie jemandem das Herz weggenommen haben, dessen Schwester fähig ist, es sich zurückzuholen.«
»Ich habe niemandem etwas weggenommen. Sie empfinden das so und ich kann verstehen, warum Sie das tun. Ich verstehe es wirklich. Aber ich stand auf einer Liste von Empfängern und sie stand auf einer Liste von Spendern und unsere Gewebeeigenschaften haben übereingestimmt. Wenn ich es nicht gewesen wäre, dann wäre es ein anderer gewesen.«
»Die Liste, auf der Sie standen -vom United Network for Organ Sharing.«
»Ja. Richtig.«
»Wie lange haben Sie auf ein Herz gewartet, Mr Perry?«
Wenn sie die Pistole einen Moment lang nicht auf ihn richtete oder wenn sie von dem Sessel aufstehen wollte oder wenn sie aus irgendwelchen Gründen abgelenkt war, könnte er es vielleicht schaffen, sich nach vorn zu werfen und den Tisch umzukippen, damit die Lampen herunterfielen, und es in dem Chaos, das ausbrechen würde, wenn die Flammen aufloderten, irgendwie vermeiden, erschossen zu werden. Die Szene lief vor seinem geistigen Auge ab, zugegebenermaßen eine Choreographie für einen Stuntman im Hollywoodstil,
aber es konnte klappen, es bestand eine ganz kleine Chance, weil es Momente gab, in denen das Leben Filme imitierte. Er musste brav mitspielen, dafür sorgen, dass sie weiterredete, und hoffen, dass sie ihm eine Gelegenheit bieten würde.
»Dr. Gupta - er hat gesagt, ich hätte noch ein Jahr zu leben. Bestenfalls ein Jahr. Aber ich hätte auch nach sechs Monaten tot sein können. Oder sogar noch eher. Sie haben fast vier Monate lang kein passendes Herz für mich gefunden.«
»Manche Menschen warten ein Jahr, zwei Jahre«, sagte sie. »Für viele wird nie ein passendes Herz gefunden. Ihres hat perfekt gepasst … nach nur einem Monat.«
»Nein. Vier. Nach vier Monaten.«
»Einen Monat, nachdem Sie
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