Rachel ist süß (German Edition)
Kristalle schweben auf dir durch die Täler.
Ich bin der Sand, der verweht
und wir stürmen miteinander über die Ebenen.
Ich bin das schäumende Meer
und du trägst mich mit peitschenden Wogen an Land.
Breite deine Flügel aus,
Dein Name ist …
„Nein!“ schrie Kendra in das Gewirr des vielstimmigen Chores. „Nein!“ Sie riss sich gewaltsam aus dem intensiven Kontakt und sank bewusstlos zu Boden.
Diese Stimmen in ihrem Kopf und diese sanfte Hand auf ihrer Stirn.
Ich bin der Regen …
Sei vorsichtig, leg sie da hin …
Breite deine Flügel aus …
Warum hat sie …?
Sie wacht auf, lasst uns gehen.
Sie streckte sich der Hand entgegen und stöhnte.
Fass mich an, halt mich fest, ich falle, deine Stimme, ich falle …
Mit beiden Händen griff sie nach dem weichen Druck auf ihrer Stirn.
Halt mich! Ein Tuch. Auf ihrer Stirn lag nichts als ein kühles Tuch. Unter halb geöffneten Augenlidern spähte sie durch den dunklen Raum. Sie war allein, allein in ihrem Schlafzimmer. Stöhnend richtete sie sich zur Hälfte auf und schaute auf den Wecker. Zehn nach vier. Auf unsicheren Füßen tastete sie sich durch die Wohnung. Hatte man sie überfallen? Die Küchenschubladen standen ein wenig offen. Vielleicht hatte sie die auch selbst aufgelassen.
Was war denn nur passiert? Ihr Kopf hämmerte wie nach einem mörderischen Saufgelage. Sie hatte doch gar nichts getrunken.
Die Frau, sie hatte doch diese Frau nach Hause gefahren. Und dann?
Wie Sand zwischen Getriebezähnen knirschten die Erinnerungen mit Schmerzen verursachendem Geräusch durch ihr Gehirn.
Wie war sie überhaupt nach Hause gekommen?
Ich bin der Regen …
Nein!
Tränen liefen ihr warm die Wange hinunter.
Nein!
Ihr habt kein Recht zu tun, was ihr tut.
Breite deine Flügel aus …
Lasst mich! Ich habe nichts mit euch gemeinsam.
Mit vorsichtigem Schritt schwankte sie ins Badezimmer und drehte die Dusche auf. Warmes Wasser perlte über ihr Haar und ihre Kleidung.
Ich bin der Regen, der fällt
und du treibst meine Tropfen auf trockenes Gras …
Nein!
Sie setzte sich in die Duschwanne und knöpfte sich unter dem beruhigenden Strahl des Wassers das völlig durchnässte Hemd auf.
Ich bin der Schnee, der hernieder sinkt
und meine Kristalle reiten auf dir durch die Täler …
Achtlos warf sie die restlichen Kleidungsstücke auf den Kachelboden.
Ich bin der Sand, der verweht
und wir stürmen miteinander über die Ebenen …
Ich bin nicht wie ihr!
Sie hob ihr Gesicht dem Duschstrahl entgegen. Nur hier sitzenbleiben, warm und sicher, dann wird wieder alles gut. Irgendetwas glitt ihren Hals hinab, zwischen ihre Brüste, und sie tastete mit geschlossenen Augen danach.
Ich bin das schäumende Meer
und du trägst mich mit peitschenden Wogen an Land …
Mit zitternden Fingern versuchte sie, den Verschluss der ungewohnten Kette zu öffnen.
Gebt uns Zeit.
Es gab keinen Verschluss.
Die Kette ließ sich nirgendwo öffnen.
Breite deine Flügel aus …
Kendra schloss eine Faust um den silbernen Anhänger und weinte.
„Es war zu früh, ich hätte es wissen müssen!“ Rain schlug mit der Faust auf den Tisch.
„Wir mussten es versuchen, sie kann dich immerhin schon seit Wochen hören.“ Sand legte beide Hände auf Rains zusammengesunkene Schultern.
„Ich fühle sie in mir.“ Rain schickte die Botschaft wortlos in den Raum. „Ich fühle ihr Herz mit meinem schlagen.“
Sand stand auf und ging im Raum auf und ab. „Mach dir keine Gedanken, sie ist wie ein Kind, das seine ersten Schritte gemacht hat. Die neuen Möglichkeiten haben sie erschreckt und so hat sie sich wieder fallen lassen auf die sicheren Knie. Aber sie wird wieder aufstehen. Sie wird aufstehen und zu uns kommen. Sie wird zu dir kommen.“
„Wir müssen bald wieder fort, sie waren schon in ihrer Wohnung.“ Rain senkte den Kopf. „Wir sind schon zu lange hier. Die Zungen der Jagdhunde lecken an unseren Fersen.“ Sie sandte das Bild in ungezähmter Brutalität durch die Köpfe ihrer Gefährtinnen. Eine gewaltige Welle schäumte heran und schwemmte die Hunde hinweg.
Sea zeichnete die Linien des Dreiecks in die Luft. „Wir nehmen immer mit, was zu uns gehört. Wir haben Zeit genug, um auf sie zu warten.“
„Wir haben etwas gefunden.“ Der
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