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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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war sie sicher, dass jemand Informationen weitergegeben hatte, die nur sie und William besaßen. Und William würde niemals damit hausieren gehen, das würde nur ihm selbst schaden, und es war nicht sein Stil. Auf diese Weise war er – so absurd das auch sein mochte – der einzige Mensch, dem sie trauen konnte. Aus diesem Grund war sie auch zu dem Entschluss gekommen, dass sie mit ihm Kontakt aufnehmen musste, sosehr sie diese Vorstellung auch verabscheute. Sie musste ihn an den Tag vor fünfzehn Jahren erinnern, den sie selbst die ganze Zeit über zu vergessen versucht hatte. Das Problem war nur, dass sie keine Ahnung hatte, wo er lebte. Sie hatten seit ihrer Trennung nicht mehr miteinander gesprochen, sie hatte sich absichtlich aus seinem Leben herausgehalten.
    Kaum hatte sie die Tür hinter Asbjørn geschlossen, machte sie sich im Internet und im Telefonbuch auf die Suche. Sie wusste immerhin, dass er einen neuen Namen angenommen hatte, aber nicht welchen. Nach zwei vergeblichen Versuchen beim Einwohnermeldeamt und über Bekannte, die an zentralen Stellen in den verschiedenen Behörden saßen, gab sie die Hoffnung auf, ihn über die dänischen Kanäle zu finden. Das war nahezu unmöglich. William kannte dieses System allzu gut, und sie war sich sicher, dass er dafür gesorgt hatte, alle Spuren zu tilgen.
    Ruhelos lief sie durchs Haus, dann kochte sie sich einen Kaffee. Danach rief sie die Journalisten an und bestätigte ohne Umschweife die Geschichte mit Asbjørn, allerdings schilderte sie ihre Version, aus einer anderen Perspektive. Seit Jahrhunderten hatten Männer – und besonders mächtige Männer – das Patent darauf, sich eine jüngere Frau, oft sogar Jahrzehnte jünger, als Partnerin zu nehmen. In der männlichen Welt war es mit Prestige verbunden, eine jüngere Frau zu erobern, die nicht nur gut aussah, sondern auch noch was im Kopf hatte. Vielleicht, fügte sie polemisch hinzu, sei jetzt die Zeit der Frauen einfachgekommen, und sollte ihr Lebensstil auf Interesse stoßen, stünde sie gerne bereit, mehr darüber zu erzählen. Ja, sie liebte einen jüngeren Mann. Ja, sie begrüßte es, dass er jung und gutaussehend und klug war. Sie mochte die jugendliche Männlichkeit und Neugierde. Die jungen Menschen wären noch nicht in Agonie versunken, wie so viele in ihrem Alter. Sie wollten etwas erreichen. Sie waren an allem, was neu war, interessiert. Sie strotzten vor Hoffnung, Zukunftsglaube, Kraft und Energie. Warum sollte frau sich nicht in all das verlieben dürfen?
    Sie war zufrieden mit sich und ihren Antworten. Kurz darauf hatte sie eine Idee, wie sie William finden könnte. Sie stellte die Abstellkammer auf den Kopf, in der sie alles aufhob. Alte Koffer, ausgediente Bücher und Unterlagen, die sie laut Gesetz aufbewahren musste, die aber keine Verwendung mehr hatten. In einer der Schubladen fand sie, wonach sie gesucht hatte: ein altes Adressbuch. Darin standen Namen und Telefonnummern von Menschen, zu denen sie schon vor langem den Kontakt abgebrochen hatte. Gott sei Dank. Eine davon war Williams Schwester, Shirley, eine mittlerweile fünfundfünfzigjährige Jungfer, die, soweit sie wusste, in ihrem Elternhaus in einer Vorstadt von London gelebt hatte. In dem Haus, in dem sie geboren worden war und ihr ganzes Leben verbracht hatte.
    Francesca wiegte das Adressbuch in der Hand und starrte auf die Handschrift. Es war Shirleys eigene. Sie erinnerte sich genau an den Tag, sie war schwanger mit Jonas gewesen, und William und sie hatten seine Schwester in London besucht. Das war der Tag, an dem Shirley ihr erzählt hatte, warum sie niemals geheiratet und Kinder bekommen hatte.
    Als Jonas ein paar Monate später zur Welt kam, wünschte sie sich, sie hätte diese Geschichte viel früher erfahren. Aber wahrscheinlich hätte das Unglück auch mit dem Wissen seinen Lauf genommen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass auch sie Trägerin des Gens war.

KAPITEL 56
    Der Hund stand fünf Meter vom Zelt entfernt und war an einem Baum festgebunden. Es war ein Schäferhund, der sie mit traurigem Blick betrachtete, als sie aus dem Zelt krabbelte. Dann begann er zu winseln.
    »Hallo, du.«
    Das Tier sah freundlich aus, deshalb wagte sie es, sich vor ihn hinzuhocken, damit er sie in aller Ruhe beschnuppern konnte. Vorsichtig wurde sie inspiziert, während die Millionen von Sensoren in seiner Nase lautstark unter Hochdruck arbeiteten. Schließlich schien er mit dem Ergebnis zufrieden zu sein und stupste sie mit seiner Schnauze

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