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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht er sich in Wirklichkeit verändert, dachte sie. Vielleicht bestand die Veränderung nur darin, dass sie seine unterschiedlichen Facetten kennengelernt hatte. Aus der Sicht der Zeugen: des Bauern aus Gjerrild, dessen Tochter Peter und seinen Hund Thor geliebt hatte. Des Zimmermeisters, der lobend über Peters Arbeitskraft geredet hatte. Miriams, die den Mann beweint hatte, der sich nicht helfen lassen wollte, aber sich auch nicht selbst helfen konnte.
    »Sie mag dich sehr.«
    »Was weißt du denn schon davon?«
    »Sie hat geweint.«
    »Miriam weint, wenn jemand eine Fliege tötet.«
    »Erzähl mir von My.«
    Er machte sofort zu. Sein Tonfall und sein Gesichtszug wurden hart und verschlossen. Wenn zuvor ein Hauch von Nachgiebigkeit in seinen Augen geflackert hatte, war die mit einer Bewegung davongefegt worden.
    »Das geht dich überhaupt nichts an.«
    »Miriam sagt, sie sei wie eine Schwester für dich.«
    Er starrte sie an, ohne ein Wort zu sagen.
    »Sie hat mir auch erzählt, dass sie abgehauen, verschwunden ist.«
    »Das ist ja eine unerschöpfliche Informationsquelle, diese Miriam«, erwiderte er.
    »Ist Cato auch verschwunden?«
    »Hat Miriam das gesagt?«
    Seine Stimme zitterte, seine Augen waren dunkel wie zwei Gewehrmündungen, die auf sie gerichtet waren.
    »Nein, das habe ich mir erschlossen. Ich glaube nämlich, dass ich das zweifelhafte Vergnügen hatte, ihm zu begegnen.«
    Schweigend trank er von seiner Suppe.
    »Wo?«, fragte er schließlich.
    Zum ersten Mal gab es etwas, was er von ihr wissen wollte. Er klang auch viel ruhiger. Dicte sah ihn plötzlich auf einem Stein an der Klippe sitzen, mit Blick über die Küste bei Gjerrild, den Hund an seiner Seite. Ein friedvolles Bild. Vielleicht folgten beide einem Vogelschwarm mit den Augen oder einem Schiff auf den Wellen. Um sie herum gab es unendlich Platz: hoher Himmel, weites Meer. Die Botschaft dieses Anblicks war: Das war ihr Platz, dort gehörten sie hin.
    »In deinem Haus. Ich habe dort nach dir gesucht. Aber er war vor mir da. Mit einem Jagdgewehr. Ich gehe davon aus, dass es geladen war.«
    »Du bist ja viel rumgekommen.«
    Der Sarkasmus war zurück. Aber er war ihr lieber als seine Wut. Sie erzählte ihm von ihrer Flucht, ihrer Begegnung mit dem Bauern und von dem Foto von sich, seiner Frau und der Tochter, das er ihr gezeigt hatte.
    »Andrea.«
    Er sagte es ins Feuer gewandt, das nur noch aus Glut bestand. Vielleicht ließ sie seine Stimme so warm klingen. »London. Sie wird es bestimmt super finden, oben in den Doppeldeckerbussen zu sitzen und alles sehen zu können.«
    »Er hat mir erzählt, dass sie Thor so geliebt hat.«
    »Sie waren die besten Freunde.«
    Er klang fast träumerisch, doch dann riss er sich zusammen. Sein Kopf schnellte herum.
    »So, und jetzt musst du gehen und mich in Frieden lassen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ohne dich gehe ich nirgendwohin.«
    »Du mischst dich einfach so in mein Leben. Was gibt dir das Recht dazu? Warum interessiert dich das auf einmal?«
    Die Frage war mehr als berechtigt. Sie führte sich wie ein Sheriff auf, der die Grenze zum Nachbarstaat überquert hatte. Sie hatte keine Gerichtsbarkeit, nur das Recht, das sie sich herausnahm.
    »Sankt Dicte, oder was? Willst du deinen Heiligenschein zum Glänzen bringen? Willst du dich sonnen in der Bewunderung der Leute für diese mutige Journalistin?«
    Er zwinkerte ihr zu. »Oder ist es, weil du mich so unbeschreiblich liebst?«
    Die letzten Worte gewannen die Meisterschaft in Hohn. Zum ersten Mal spürte sie Wut in sich aufsteigen.
    »Jemand hat mir eine E-Mail geschickt, in der steht, dass es schade sei, dass ich nicht mit dem Solarium in die Luft geflogen bin. Auf diese Weise bin ich in diesen Fall involviert. Und das bist du auch, obwohl ich mir wünschte, es wäre anders. Das Schicksal hat dafür gesorgt, dass sich unsere Wege erneut kreuzen.«
    Sie starrten einander an.
    »Ich habe am Anfang gedacht, dass du diese Mail geschrieben hast. Ich habe auf Facebook gesehen, dass du mit Rose Kontakt hattest.«
    Er schenkte ihr ein Lächeln, und es war ihr unmöglich, es als freundlich oder gehässig zu lesen. Es war wie sein ganzes Wesen, schwer zu greifen.
    »Wer sagt denn, dass ich es nicht getan habe?«

KAPITEL 54
    Die Stille war erlösend. Sogar die Vögel hatten aufgehört zu singen, die Brise war nicht mehr als ein kleiner Windhauch, der die Blätter der Bäume zum Rascheln brachte, sich aber auf dem Rückzug in die Dunkelheit befand. Er starrte

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