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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sie, dass er mit Frau Sinclair ein Verhältnis gehabt hatte.
    Francesca betrachtete die Steinplatten unter ihren Füßen, achtete sorgsam darauf, nicht auf die Fugen zu treten. Sie erinnerte sich an die Verliebtheit zwischen ihnen als eine schnelle, heftige und sehr heimliche Angelegenheit. Er war zwölf Jahre älter als sie, kannte die Welt und hatte die Fähigkeit, seine Worte so zu wählen, dass ihm alle alles glaubten. Sie hatte ihn vorbehaltlos bewundert. Vielleicht hatte sie deshalb nie gewagt, ihm Fragen zu stellen oder in seiner Vergangenheit zu bohren, in der es Ungereimtheiten gab, die er ihr aber nie näher erklärte. Dazu gehörte zum Beispiel der Tod zweier seiner drei Schwestern, die an einer mysteriösen Krankheit gestorben waren.
    »Fran?«
    Sie sah ihn die Straße heraufkommen, die Sporttasche über die Schulter geworfen. Er trug jetzt Jeans, Sweatshirt und Lederjacke. Seine soliden schwarzen Stiefel vermittelten den Eindruck, einen Mann vor sich zu haben, der sein Leben im Griff hatte. Er lächelte sie an und holte einen Schlüssel aus der Jackentasche.
    »Lass uns hochgehen und einen Kaffee trinken. In meinem bescheidenen Heim.«
    Dann fügte er fröhlich hinzu. »Ich verreise nur noch mit leichtem Gepäck. Eins, zwei und drei, und ich kann aufbrechen mit allem, was ich brauche. Das ist mir sehr wichtig.«
    »Das kann ich gut verstehen.«
    Die Wohnung verursachte ihr Übelkeit. Sie erkannte Gegenstände wieder, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Familienerbstücke von ihm: eine Kommode; die Degas-Kopie einer Balletttänzerin aus Bronze; das Gemälde einer Treibjagd mit Hunden über der Kommode. Sie erinnerte sich daran, wie oft der Anblick sie mit Grauen erfüllt hatte: der panische, chancenloseFuchs; die Hunde im Blutrausch; die Jäger auf ihren Pferden mit steifen Blicken. Das unsichtbare Netz, das sich langsam immer enger um die Beute zog.
    Aber er hatte sich neue Möbel gekauft. Sie waren leichter und heller. Und an der Wand hing ein Flachbildschirm. Ein gelber Kanarienvogel saß in seinem Käfig und sah einsam statt fröhlich aus.
    »Ich konnte die alten Möbel nicht behalten. Allein der Sessel hätte den ganzen Platz im Wohnzimmer eingenommen«, sagte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Die hier sind gut, billig und bedeutungslos. Ikea ist genau richtig. Setz dich doch.«
    Sie gehorchte und ließ sich auf einen freischwingenden Sessel sinken. Er machte Kaffee in der kleinen Küche, was sie entspannte, weil er beschäftigt war und sich nicht darauf konzentrieren konnte, Böses zu tun. Währenddessen versuchte sie, ihre Strategie auszufeilen, aber die löste sich in nichts auf, als er mit einem Tablett in den Händen ins Wohnzimmer kam und Kaffee eingoss.
    »Du bist ja eine richtig große Nummer in der Stadt geworden, muss man schon sagen. Stadträtin, jetzt Bürgermeisterkandidatin. Und zu guter Letzt auch noch der rettende Engel, habe ich gelesen. Glückwunsch.«
    »Und du? Neuer Name, neuer Job?«
    Er nickte.
    »Jeder kann jederzeit ein neues Leben anfangen, sage ich immer. Meins ist bescheiden. Ich arbeite als Gemeindehelfer in der Kirche.«
    Sie sah es vor sich. Die Finger immer in der Nähe vom Rohmaterial: den Kindern. Immer Kinder. Aber sie war nicht mehr Teil dieses Spiels, was sie irgendwie erleichterte. Sie vermied auch, ihn weiter zu der Namensänderung zu befragen, aber wahrscheinlich hatte er Drohungen erhalten und sich schließlich für den einfachsten Weg entschieden.
    »Ich habe E-Mails geschickt bekommen«, sagte sie und setzte die Kaffeetasse ab. »Morddrohungen.«
    Er lachte auf. Er konnte auf die verschiedenste Art und Weise lachen, dieses Lachen gehörte nicht zu der schlimmsten.
    »Was erwartest du denn? Du steckst deine Nase überall rein, Fran.«
    »Aber alle Details, die in den Medien breitgetreten wurden … Da gibt es jemanden, der die Presse mit diesen Informationen versorgt.«
    Ihr gefiel die Rolle der Bemitleidenswerten nicht, es erinnerte sie zu sehr an die Rolle eines Opfers. Ein weiteres Lächeln, auch dieses noch im Bereich des Ungefährlichen.
    »Diese Geschichten kann man doch alle herausbekommen, wenn man will. Auf jeden Fall stammen sie nicht von mir, das weißt du aber, oder?«
    Sie beeilte sich zu nicken.
    »Nein, das habe ich auch nie geglaubt. Ich wollte von dir nur hören … wie du es damals erlebt hast. Du weißt schon, der Tag mit Jonas. Vor fünfzehn Jahren.«
    Seine Hand schoss nach vorne und griff die Kaffeekanne. Sie fuhr

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