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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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»Jemand hat sie nach ihrem Tod im Baum aufgehängt.«
    Sie sah an dem Stamm hoch.
    »Was ist mit diesem Baum? Willst du es mir nicht bitte erzählen? Das ist der Baum auf deinen Bildern, stimmt’s?«
    Die Esche mit ihrer grauen Rinde. Der Baum, der eigentlich Leben und Lebensfreude symbolisieren sollte, aber in seinem Leben nur als Symbol für den Tod stand. Vernichtung. Demütigung. Erniedrigung.
    »Du weißt, was dieser Akt bedeuten soll, oder? Derjenige, der My hierhin gehängt hat, wollte diesen Ort für dich zerstören. Mit Absicht, aber das weißt du besser als ich.«
    Sie packte seinen Arm. Ihr Griff war stark. Zum ersten Mal fühlte er sich ihr gegenüber schwach und unterlegen. »Du kannst nicht hierbleiben, wenn du verhindern willst, dass sie dich finden.«
    Er erwiderte nichts. Starrte nur wortlos auf den roten Fleck an Mys Schläfe und wünschte sich, er könnte ihn zudecken.
    »Wo willst du jetzt hin?«
    Er schüttelte den Kopf. Es gab keinen Ort mehr, er hatte alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft.
    »Vielleicht hat es jetzt einfach ein Ende.«
    Er sah ihr an, dass das die falsche Antwort war.
    »Du kommst mit zu mir nach Hause«, sagte sie resolut und zog ihn hoch. »Wir fahren zu einer Telefonzelle, ich rufe die Polizei an, und dann fahren wir zu mir nach Hause.«
    Erneut schüttelte er den Kopf, aber ihm fehlte die Kraft, um es mit Nachdruck machen zu können.
    »Hör zu, Peter. Sieh mich an!«
    Sie drehte seinen Kopf zu sich. Er wusste genau, dass sie die Chance nutzte, um die Oberhand zu gewinnen. Ob sie es genoss?Wie wenn man ein wildes Tier fängt und mit der Zähmung beginnt? Das waren zwar seine Gedanken, aber sie waren weit weg, und er war nicht in der Lage, sie in Worte zu fassen und ihr ins Gesicht zu schleudern.
    »Du musst mir alles erzählen. Aber das kannst du machen, wenn wir zu Hause sind und du dich ausgeruht, ein Bad genommen und was zu essen bekommen hast. Du stehst unter Schock.«
    Sie hielt seine Oberarme fest und schüttelte ihn.
    »Hörst du, was ich sage? Wir müssen uns eine Strategie ausdenken. Die Polizei wird garantiert zu mir kommen und mich befragen. Ich kann Zeit schinden, aber ich werde nicht verhindern können, dass sie dich am Ende doch finden.«
    »Du sollst da nicht mit reingezogen werden.«
    Er hörte seine kraftlose Stimme.
    »Ich bin doch schon längst involviert. Mehr, als ich mir je hätte ausmalen können. Und jetzt ist deine DNA auf Mys Körper, garantiert.«
    Sie taten das, was sie gesagt hatte. Er konnte sich nicht dagegen wehren.

KAPITEL 60
    Die Trillerpfeife ertönte und hallte durch den Raum, der Trainerassistent machte das Zeichen für ein Time-out. Die kleinen Spieler versammelten sich um ihren Trainer und steckten die Köpfe zusammen, bekamen eine scharfe Ansage vom Trainer, begleitet von einigen aufmunternden Worten. Dann nahmen sie sich alle an den Händen und sagten im Chor ihren Schlachtruf auf, die letzten Worte wurden in die Luft geschrien. Danach strömten die Handballspieler wieder zurück aufs Spielfeld, strotzend vor Selbstbewusstsein.
    Francesca hatte sich in eine der hinteren Reihen gesetzt. Sie war quasi allein, die Halle war so gut wie menschenleer, abgesehenvon den Eltern der Spieler und einigen wenigen Fans. Schließlich spielten hier eben keine Profispieler, sondern Kinder aus Lystrup in einem Freundschaftsspiel gegen Lisbjerg.
    Die wenigen, die sie erkannten – und sie war nicht so naiv, zu glauben, dass sie sich inkognito in der Stadt bewegen konnte –, würden hoffentlich annehmen, dass sie das öffentliche Angebot für Kinder und Jugendliche in Augenschein nahm. Aber nicht die Spieler beobachtete sie, sondern den Trainerassistenten, denjenigen, der das Time-out eingefordert hatte. Villy Andersen nannte er sich jetzt.
    Er war achtundfünfzig Jahre alt, wohnte in einer Zweizimmerwohnung in Lystrup, arbeitete in der Kirche der Kommune als Gemeindehelfer und bekleidete das Amt des Trainerassistenten bei den Jugendteams.
    Sie holte ihre Brille aus der Tasche – die sonst nur selten zum Einsatz kam – und konnte ihn sich genauer ansehen. Er hatte sich nicht viel verändert. Man konnte jeden beliebigen Teil seines Körpers wählen und würde diesen als gewöhnlich beschreiben. Gewöhnlicher Körperbau, ein bisschen gedrungen. Gewöhnliche Körpergröße – der Pass sprach von einem Meter achtundsiebzig, aber unter Umständen war er mit zunehmendem Alter ein bisschen geschrumpft. Gewöhnliches Gesicht, das zum Rest des Körpers

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