Radikal führen
Leben Ihres Mitarbeiters macht – können Sie dann weiter so führen wie bisher?
Nun ist es leicht, nach hinten zu schauen und dankbar zu sein. Sich gegenüber jenen verpflichtet zu fühlen, dank derer man weitergehen konnte, und sie hinter sich zu lassen. Zu beteuern: Wenn wir weiter sahen als andere, dann nur, weil wir auf den Schultern von Riesen standen. Es mag hingegen manchen verbittern, hinter jenen herzuschauen, denen man die Mittel in die Hand gegeben hat, weiterzuziehen, dabei aber selbst zurückzubleiben.
Das Zweite ohne Bitterkeit zu tun ist Ausdruck von Weisheit und Größe. Das Erste ist die Maske, hinter der sich oft arrogantes Mitleid verbirgt – eben selbst weitergekommen zu sein. Aber auch Ausdruck von Kleingeistigkeit, weil man sich offenbar nicht vorstellen kann, einmal selbst zurückgelassen zu werden.
Doch das ist unser aller Aufgabe: Platz zu machen für die, deren Weg wir bereiten. Und den Beitrag weiterzureichen, den wir unsererseits erhalten haben und der uns überleben ließ. So wie wir ernten, was wir nicht gesät haben, so sollten wir säen, was wir nicht ernten werden. Und den Ich-Aspekt unseres aufgeschossenen und allzeitgereizten Bewusstseins begrenzen. Das heißt, sich ernst zu nehmen, aber nicht wichtig (wichtig kommt von Wicht). Und das Jahr, in dem ich dies schreibe (2012), in dem wir den 300. Geburtstag jenes Friedrich feiern, den wir »den Großen« zu nennen uns angewöhnt haben, gibt Anlass, uns eines ihm zugeschriebenen Mottos zu erinnern: »Servir et disparaitre!« Diene und verschwinde! Das ist radikal führen: Hinterlassen Sie Ihr Unternehmen so, dass es in einem höheren Maß zur Selbstführung in der Lage ist, als es bei Ihrem Dienstantritt war.
Literatur
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Hinterberger, Fritz/Karner, Gerald: Das Prinzip Führung,
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