Rächer des Herzens (German Edition)
ihre beiderseitige gute Gesundheit feiern und den Geruch von Krankheit abschütteln könnten – und zwar in einer Weise, die die Hälfte der Bewohner Saltertons vor Schreck in ein frühes Grab bringen würde. Isabella suchte Marcus’ Blick, und er brach das Gespräch ab. Dabei blickte er sie fragend an. Isabella öffnete die Lippen, während sie ihn anstarrte. Es verschlug ihr fast den Atem, weil ihr bewusst wurde, wie sie einander mit gespannter Wachheit ansahen. Marcus’ Blick ruhte auf ihr, sodass ein wohliger Schauer sie durchrieselte. Sein Blick war intensiv und in geradezu intimer Weise auf sie gerichtet. Hier in den Gesellschaftssalons von Salterton brachte seine ganze Erscheinung das Verlangen zum Ausdruck, sie wieder ganz zu besitzen. Er kam auf sie zu.
Die musikalische Darbietung war fast zu Ende. Isabella löste ihren Blick und ihre Gedanken von Marcus und zwang sich zu einem Lächeln für den kränklichen Mr. Owen.
„Vielen Dank für den Tanz, Sir. Darf ich Sie zu einem Stuhl begleiten? Sie scheinen etwas außer Atem zu sein.“
Owen nickte und lehnte sich schwer an ihren Arm. „Ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich Sie nicht auf dem üblichen Gang durch den Raum begleiten kann, Lady Stockhaven.“
„Bitte machen Sie sich deswegen keine Sorgen“, antwortete sie freundlich und führte ihn mit einiger Erleichterung zu einem der geschnitzten Stühle. Sie spürte ein Prickeln im Nacken und wusste, dass Marcus in der Nähe war.
„Sie müssen mich entschuldigen, Sir“, sagte sie zu Owen. „Ich glaube, ich werde zum nächsten Tanz aufgefordert.“
„Ja, von mir“, sagte eine Stimme ganz nahe. Marcus streckte ihr die Hand entgegen und verbeugte sich leicht. Der feurige Ausdruck in seinen Augen galt nur ihr allein. Dennoch wahrte er die gesellschaftlichen Formen, wenngleich sein Blick ihr sagte, wie sehr er nach ihr verlangte.
„Guten Abend, Owen“, begrüßte Marcus ihn und zog Isabella eng an sich. Sie legte die flache Hand auf seine Seite und spürte das kräftige Pochen seines Herzens gegen ihre Handfläche.
Mr. Owen stieß einen lauten Seufzer nach Art eines Invaliden aus. „Guten Abend, Stockhaven. Ich hoffe, dass Sie heute Abend weder an Gicht noch an Anfällen leiden?“
„Nein“, antwortete Marcus. Isabella ahnte, dass er sich innerlich vor Lachen schüttelte. „Vielen Dank, Sir. Mir geht es gut.“
Voller Ungeduld wandte er sich Isabella zu. „Kommen Sie, meine Liebe. Wir sind sicher stark genug für einen Walzer. Und dann denke ich, dass wir uns zurückziehen sollten – ehe wir uns ganz verausgaben.“
Isabella war überrascht, dass man in der konservativen Gesellschaft von Salterton Walzer spielte. Nur die kräftigsten und mutigsten der Einwohner des Dorfes machten sich daran, den Walzer zu tanzen. Die anderen standen abseits mit einer Mischung aus Neid und Missbilligung, um zu sehen, wer den Mut hatte, sich zu beteiligen.
„Ich hoffe, dir macht der Abend Freude, Marcus“, sagte Isabella leichthin, als sie ihre Aufstellung nahmen. Sie war sich seiner Gegenwart sehr bewusst, aber auch der Anwesenheit der zahlreichen Leute um sie herum. Irgendwie musste sie versuchen, durch diesen Tanz zu kommen, ohne ihre Gefühle öffentlich zu zeigen.
„Um die Wahrheit zu sagen, das hat mir alles ziemlich zugesetzt“, bemerkte er und zuckte etwas zusammen. Er schien auch Schwierigkeiten zu haben, sich auf Konversation zu konzentrieren.
„Man hat mich aufgezogen wegen meines Mangels an Bürgerstolz und mich als Geizhals betrachtet, weil ich mich geweigert hatte, in den Pier zu investieren. Und dann habe ich die Meinung dieser Goring mit anhören müssen, dass ich für meine Frau nicht gut genug sei! Wohingegen du …“, Marcus wandte sich Isabella zu und sah sie prüfend an, „von allen gefeiert wurdest. Es ist bemerkenswert, dass du dich nach all diesen Jahren an Mrs. Goring erinnern konntest. Sie schien äußerst erfreut darüber zu sein.“
Isabella flüsterte Marcus mit einem leichten Lächeln zu: „Ich hatte keine Ahnung, wer sie war, als sie mich begrüßte. Aber sie schien so erfreut, mich zu sehen, dass es unhöflich gewesen wäre zuzugeben, dass ich sie überhaupt nicht kannte.“
Er lächelte.„Das hätte ich nicht gedacht. Wie gewandt du dich in der Gesellschaft bewegen kannst. Und wie freundlich du allen gegenüber bist.“ Er hielt einen Augenblick inne, bevor er fortfuhr: „Man sagte mir, dass du der Schule Bücher und Musikinstrumente hast zukommen
Weitere Kostenlose Bücher