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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wucherte, war weniger widerstandsfähig. An manchen Stellen hatte die Flut einen Pfad durch das Dickicht geschlagen, an anderen war das Laubwerk so schwer mit Schlick und Matsch beladen, dass sich das Gesträuch darunter zusammenduckte und in Lehmhügel verwandelte.
    So weit wie möglich folgte Leftrin den Breschen, die die Flut in das Gebüsch gehauen hatte. Wo der schlammige Grund zu sehr nachgab, zwängte er sich durch das glitschige Buschwerk. Bald war er durchnässt und besudelt. Ein Zweig, den er beiseiteschob, schnellte zurück, peitschte ihm über die Stirn und bespritzte ihn mit Schlamm. Hastig wischte er sich die brennende Flüssigkeit aus dem Gesicht. Wie bei den meisten Flussschiffern waren seine Arme und das Gesicht gegen das saure Wasser des Regenwildflusses abgehärtet. Sein ganzes Gesicht war wie von gegerbtem Leder überzogen, nur die grauen Augen hoben sich davon ab. Insgeheim glaubte er, dass er deshalb weniger Geschwüre und Schuppen hatte als die meisten seiner Brüder der Regenwildnis. Nicht dass er sich deshalb als stattlich oder gar als eine Schönheit bezeichnet hätte. Der müßige Gedanke veranlasste ihn zu einem bedauernden Grinsen. Dann schob er ihn beiseite – und einen Zweig, der ihm im Weg war. Immer tiefer drang er in den Wald ein.
    Irgendwann blieb er unvermittelt stehen. Da lag etwas in der Luft, was er nicht benennen konnte, eine Witterung oder ein Schimmern, das er nicht bewusst wahrgenommen hatte. Jedenfalls spürte er, dass er nahe an seinem Ziel war. Er verharrte regungslos und schaute sich gründlich um. Während er den Blick schweifen ließ, stellten sich ihm plötzlich die Nackenhaare auf, und er besah sich eine Stelle eingehender. Da. Es war von einem Vorhang aus schlammbeladenem Pflanzenwerk und von der wütenden Flut mit Schlick bedeckt – aber ein einzelner grauer Streifen schaute noch hervor. Ein Stück Hexenholz.
    Es war kein besonders großes Stück, zumindest nicht so groß, wie solche Hexenholzblöcke dem Vernehmen nach werden konnten. Der Durchmesser belief sich vielleicht auf zwei Drittel seiner Körpergröße, und Leftrin war nicht sonderlich hochgewachsen. Trotzdem war es groß genug, dachte er. Groß genug, um ihn reich zu machen. Er warf einen Blick über die Schulter zurück, doch das Dickicht, das ihm die Sicht auf den Fluss versperrte, würde ihn auch vor neugierigen Blicken schützen. Und er bezweifelte, dass jemand aus seiner Mannschaft so naseweis war, ihm zu folgen. Als er aufgebrochen war, hatten die Männer noch geschlafen, und bestimmt taten sie das immer noch. Der geheime Fund gehörte ihm allein.
    Er kämpfte sich durch die dichte Vegetation, bis er das Holz berühren konnte. Es war tot, aber das hatte er schon auf den ersten Blick gewusst. Als Junge war er einmal in der Kammer des Gekrönten Hahns gewesen. Er hatte Tintaglias Block gesehen, bevor sie daraus geschlüpft war, und es hatte in ihm ein Kribbeln hervorgerufen. Der Drache in diesem Holz jedoch war tot und würde niemals schlüpfen. Leftrin kümmerte es nicht, ob der Drache noch gestorben war, als das Holz am Ufer bei den anderen Kokons gelegen hatte, oder ob ihm die Flut zum Verhängnis geworden war, die ihn umhergewirbelt hatte. Für ihn war nur wichtig, dass der Drache tot war, das Hexenholz verwertet werden konnte und er der Einzige war, der wusste, wo es lag. Und zu seinem großen Glück gehörte er zu den wenigen, die Kenntnis davon hatten, was damit am besten anzufangen war.
    Früher, als die Familie der Khuprus ein Vermögen mit der Verarbeitung von Hexenholz gemacht hatte, noch bevor irgendjemand wusste oder zugeben wollte, um was es sich dabei in Wahrheit handelte, hatten seine Onkel mütterlicherseits das Holz bearbeitet. Er war noch ein Kind gewesen, als er in dem niedrigen Haus aus und ein gegangen war, in dem seine Onkel das steinharte Material zersägt hatten. Als er neun Jahre alt gewesen war, hatte sein Vater beschlossen, dass er alt genug war, um mit ihm auf dem Kahn zu arbeiten. Von da an hatte er sein rechtmäßiges Handwerk als Schiffer von der Pike auf gelernt. Und als er gerade zweiundzwanzig geworden war, war sein Vater gestorben und hatte ihm den Kahn vermacht. Den größten Teil seines Lebens hatte er auf dem Fluss verbracht. Von der Mutter aber hatte er nicht nur die Werkzeuge geerbt, die man für das Hexenholzhandwerk brauchte, sondern auch das Wissen, wie man sie benutzte.
    Er ging einmal um das Holz herum. Es würde sich nicht leicht bewegen lassen, denn

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