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Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)

Titel: Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Gruppe. Mit vor Furcht weit aufgerissenen Augen erwarteten sie den Angriff.
    Rajin fühlte, wie das Herz in seiner Brust geradezu hämmerte. Nicht länger als ein Augenaufschlag blieb ihm, um sich zu entscheiden. Er konzentrierte jene Kraft, von der er bisher kaum geahnt hatte, dass er sie überhaupt besaß, auf die Seele des Drachen.
    Kraft …
    Das war der einzige Ausdruck, mit dem Rajin das zu bezeichnen vermochte, was da bisher in ihm geschlummert hatte und das sich nun trotz aller Ermahnungen des Weisen Liisho endlich einen Weg nach außen bahnte.
    Nya und die anderen aus der von dem Angriff des Drachen bedrohten Gruppe stoben schreiend auseinander, als das Untier sich plötzlich um die eigene Achse drehte und zu Boden taumelte. Der Drachen schlug hart auf und rutschte gegen den Eckpfeiler des Langhauses, der wie ein Strohhalm einknickte. Die Wand bestand aus Lehmziegeln und brach unter dem Gewicht des Drachenkörpers ein.
    „Was hast du getan?“, schrie der Weise Liisho in Rajins Kopf. „Was hast du nur getan, du verfluchter, unwissender Narr?“
    Rajin fühlte sich für einen Moment wie betäubt. Alles schien sich vor seinen Augen zu drehen, und das Geschrei der Flüchtenden und die dröhnenden Drachenlaute des gestrauchelten Monstrums drangen nur noch wie aus weiter Ferne an seine Ohren. Es war, als befände er sich im vergletscherten Inneren Winterlands auf einer schneebedeckten Ebene, wo alles beinahe lautlos war und selbst der stampfende Schritt einer gesattelten Riesenschneeratte zu einem leisen Scharren wurde. Zwei Mal hatte Rajin bereits zusammen mit den anderen Männern der Sippe von Wulfgar Wulfgarssohn den Weg zum Fjendur-Heiligtum zurückgelegt, das inmitten der ewigen Winterlandschaft bei einem schwarzen Felsen lag. Ein Monolith aus dunklem glattem Gestein, wo der Schnee- und Eisgott verehrt wurde und man traditionellerweise die Schwerter und Äxte aller Männer der Sippe weihte, sodass ihnen fortan der Zauber Fjendurs innewohnte.
    Rajin sah, wie sich der Drache am Boden um sich selbst drehte, dabei weitere Mauerteile des Langhauses einriss und die auf ihn einstürzenden Ziegel sowie die zur Errichtung des Dachstuhls und des Fachwerks verwendeten Seemammutknochen abzuschütteln versuchte. Er schnaufte, ließ eine Feuerzunge aus seinem Maul schießen, die im Vergleich zu denen davor überraschend schwach war und sofort zu einer kleinen Rauchschwade wurde. Die trangetränkte Seemammuthaut auf dem Dach, die teilweise auf ihn herabgesunken war, wurde angesenkt und sorgte für Schwaden von schwarzem Rauch.
    „Es gibt kein Zurück mehr! Was getan ist, wurde getan“, meldete sich erneut der Weise Liisho in Rajins Kopf. Wie viel hätte Rajin in diesem Augenblick dafür gegeben, wenn er diese Stimme irgendwie zum Schweigen hätte bringen können. Aber das war ihm unmöglich, zu sehr war sie offenbar mit seiner eigenen Seele verbunden, zu mächtig war der Bann, mit dem ihn der Weise beherrschte. Oder zumindest teilweise beherrschte, denn er hatte Rajin nicht davon abhalten können, diese geheimnisvolle Kraft einzusetzen.
    Die Wirkung dieser Kraft auf den Drachen machte Rajin schier fassungslos. Tausende von Gedankensplittern wirbelten in diesem Moment in seinem Kopf durcheinander. Nichts davon schien einen Sinn zu ergeben. Der Urgrund des Polyversums ist das Chaos. Rajin hatte keine Ahnung, weshalb ihm dieser Satz gerade in diesem Moment einfiel. Der Weise Liisho hatte ihn einmal rezitiert, und vor Rajins innerem Auge hatte er sogar die Steintafel gesehen, auf der dieser Satz eingemeißelt worden war – an einem Ort, der als ein Heiligtum galt, das zu betreten nicht jedem gestattet war …
    Der Drache rappelte sich wieder auf, dann stand er auf seinen stämmigen Beinen, scharrte mit den Krallenpranken und wirbelte dabei Dreck auf. Seemammuthautstücke, die zur Dachverkleidung gehörten und auf ihn hinuntergefallen waren, hatten sich in seinen Rückenzacken verfangen. Er schüttelte sich unwillig, brüllte dabei ärgerlich auf und stieß einen Laut aus, so tief und kehlig, dass wohl nur noch die um ein Vielfaches größeren Seemammuts ihn überbieten konnten.
    Die Flügel hatte er auf irgendwie unnatürliche Weise zusammengefaltet. Die Wunde, die ihm durch einen Pfeil beigebracht worden war, blutete auf einmal stärker. Ein weiterer Pfeil, der in Richtung des Ungeheuers abgeschossen wurde, verfehlte knapp den Kopf und ging ins Nichts.
    Endlich löste sich Rajins Erstarrung. Er griff nach seinem

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