Rajin (Drachenfluch Erstes Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
Schwert, riss es aus der Scheide und umfasste es mit beiden Händen. Ihn durchströmte dieselbe Entschlossenheit, die ihn auch in jenem Moment erfüllt hatte, als er dem Seemammut den Todesstoß versetzte. Alles, was seine Arme an Kraft hergegeben hatten, hatte er in diesen einen Stoß gelegt – und so musste es auch diesmal sein, wollte er dem Drachen Einhalt gebieten, der es offenbar darauf abgesehen hatte, die Bewohner von Winterborg wahllos zu töten – und das seinetwegen, wie Rajin klar geworden war.
Auch wenn er die genauen Zusammenhänge noch nicht begriff und vieles von dem, was gerade geschah, für ihn ebenso ein Geheimnis war wie für alle, die Zeugen davon wurden – er war nicht gewillt zuzulassen, dass die Bewohner Winterborgs für etwas leiden mussten, was nur ihn betraf – Rajin, den man Bjonn Dunkelhaar nannte.
Er trat dem Drachen zwei Schritte entgegen und richtete die Schwertklinge auf den Kopf der Kreatur. Es war, als würde Rajin die Absichten des Drachen bereits im Vorfeld erkennen: Er schnellte zur Seite, kurz bevor ein weiterer Feuerstrahl aus dem Maul der Bestie schoss, machte einen schnellen Ausfallschritt, und das Drachenfeuer versengte dort, wo er gerade noch gestanden hatte, den Boden.
Rajin sammelte erneut die verborgene innere Kraft. Gleichzeitig spürte er, wie sich der Drache gegen den lähmenden Einfluss zur Wehr setzte, wie sich seine Seele aufbäumte und zu verhindern versuchte, dass Rajin seinen Willen brach.
Rajin stieß einen Schrei hervor. Einen Schrei, der die innere Kraft zu bündeln vermochte, sodass sie die Drachenseele mit niederschmetternder Wucht traf.
Niemand hatte Rajin gezeigt oder erklärt, wie man das zustande brachte. Er hatte es einfach gewusst. Dieses Wissen gehörte offenbar zu den schlummernden Geheimnissen, die in der Tiefe seiner Seele verborgen waren.
Der Drache brüllte auf. Während Rajin mit einem weiteren durchdringenden Schrei auf seinen Gegner zustürmte, richtete er sich auf, stellte sich auf die Hinterbeine, schüttelte Ziegelsteine, Fetzen von trangetränkter Seemammuthaut und Stützknochen von sich und ruderte mit den vorderen Pranken.
Rajin fühlte, wie die innere Kraft ihn durchströmte, sich durch den Schrei auf einen einzigen Punkt bündelte.
Sie floss seine Arme entlang, fuhr über die Hände in den Schwertgriff und sammelte sich genau in dem Moment in der Spitze der Klinge, als Rajin sie in die rot geschuppte Haut des Drachen stieß. Bis zum Heft trieb er die Waffe aus bestem Feuerheimer Stahl in den Körper der Himmelsbestie. Der Schrei, der Stoß und die Sammlung der inneren Kraft – all das befand sich im perfekten Einklang, war ein harmonisches Zusammenspiel, so als hätte er sich all das schon von klein auf in langen Jahren unermüdlichen Übens angeeignet.
Die Zeit schien für Rajin während seines Angriffs langsamer zu verlaufen. Die Geräusche in seiner Umgebung klangen tiefer, alles bewegte sich träge, so als stünde die Welt kurz vor einer alles erfassenden allgemeinen Erstarrung.
Aber irgendetwas sagte Rajin, dass nicht die Umgebung es war, die sich auf so erschreckende Weise verändert hatte, sondern vielmehr seine Sicht auf seine Umgebung. Es war die innere Kraft, die diese Veränderung hervorrief – jene Kraft, die Rajin der Weisung Liishos Zufolge unbedingt weiter hätte verbergen sollen.
Der Drache beugte den Kopf. In seinen großen Augen spiegelte sich eine Mischung aus Wut, Schmerz, Hass und auch Verwunderung. Das kraftvolle dröhnende Brüllen war zu einem erbärmlichen röchelnden Laut geworden.
Er öffnete das Maul, wollte Rajin mit einem Feuerstoß verbrennen. Aber kein Flammenstrahl entrang sich ihm. Stattdessen würgte er nur einen Schwall übel riechender Gase hervor. Es gab einen Knall, und eine Wolke aus weißem Qualm breitete sich aus, deren beißender Geruch Rajin schier den Atem nahm.
Er zog das Schwert aus dem Drachenkörper und wich ein paar Schritte zurück.
Für einen Moment stand das riesenhafte Geschöpf, das unter seinesgleichen doch nur ein Winzling war, schwankend auf seinen Hinterbeinen, gestützt auf den mächtigen stachelbewehrten Schwanz.
Die Augen des Drachen verdrehten sich, dann brach der Blick. Wie ein gefällter Baum stürzte das Ungeheuer zu Boden.
Rajin war rechtzeitig weit genug zurückgewichen, so als hätte er sogar die Fallrichtung und –weite des gewaltigen Körpers vorausgesehen. Der Kopf lag reglos und mit erstarrtem Blick zu seinen Füßen, während von seiner
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