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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Bewegliche Ziele . Es war sparsam instrumentiert. Bass, Akustikgitarre, Schlagzeug, Klavier. Mittendrin ein E-Gitarren-Solo. Wenzel legte sich auf den Boden. Die Boxen in den vier Ecken des Ladens hatten nichts verlernt. Man hatte den Eindruck, die Musiker seien im selben Raum. Das Klavier stand bei der Tür, der Bassist im linken, der Mann mit der akustischen Gitarre im rechten Gang. Sie spielten einen schleppenden Rhythmus, den Wenzel nicht benennen konnte. Eine einfache, dunkle, klare Stimme sang: Du läufst nach links / Ich laufe nach rechts / Die Vögel seh’n zu / Der Himmel ist grau / Wir sind bewegliche Ziele / Du weißt es genau.
    Wenzel schloss die Augen und hörte zu.

Ein Haus am Meer
    Frohnberg war irritiert. Er mochte Katzen, aber die hier kam ihm merkwürdig vor.
    Er wandte seinen Blick vom Bildschirm ab und schaute nach draußen, in den Innenhof hinunter. Gegenüber streckte sich ein Arm durch den Vorhang, um das Fenster auf Kippe zu stellen. Ein nackter Arm, so nackt wie wahrscheinlich der Rest seines Besitzers. Ein Männerarm, ganz klar. Der Mann an diesem Arm hatte sicher gerade geduscht, wollte frische Luft hereinlassen, war aber noch nicht angezogen und wollte nicht gesehen werden.
    Es war überall dasselbe.
    Frohnberg wandte sich wieder der Katze zu. Sie war schwarz mit weißen Pfoten und einer weißen Nase. So eine hatten die Nachbarn seiner Eltern früher gehabt. Mikesch, wie der Kater aus der Augsburger Puppenkiste. Das Tier war durch die Gärten der Reihenhaussiedlung gestreift, und man hatte es allseits geachtet. Es hatte sich zu benehmen gewusst und nur selten Gewölle auf die Terrassen gewürgt. Frohnberg hatte ihm Milch hingestellt, bis seine Mutter ihn darauf hingewiesen hatte, dass Milch gar nicht so gut sei für Katzen.
    Man konnte so viel falsch machen im Leben.
    Frohnberg hoffte, dass der nackte Arm, den er da gesehen hatte, nicht einem seiner Mitarbeiter gehörte. Das war ihm ein unerträglicher Gedanke.
    Im Stockwerk darunter stand das Fenster weit offen, und die weiße Gardine wurde vom Wind ins Zimmer geweht, schien sich wieder in die Senkrechte zu kämpfen, bevor sie von der nächsten Böe erneut nach innen getrieben wurde. Beide, der Wind und die Gardine, mussten sich darüber im Klaren sein, dass ihre Bemühungen sinnlos waren. Der Gardine würde es nie gelingen, einfach ganz entspannt und bewegungslos zu hängen, und der Wind würde sie nie komplett ins Zimmer wehen können.
    Frohnberg hielt das für ein treffendes Bild seiner Ehe.
    Die Katze sah ihn an und sah doch auch irgendwie durch ihn hindurch. Ihr Blick war klar und intelligent. Ja, auch ein bisschen abweisend, aber so waren Katzen nun mal, das machte doch ihren Reiz aus.
    Frohnberg wusste, dass man ihn eigentlich für einen Hundetyp hielt. Für einen, der mit einem Schäferhund über die Wiesen an einem Fluss lief und irgendwas durch die Gegend warf, damit der Hund es zurückbrachte. Für einen, der Kommandos brüllte und sich freute, wenn der Hund gehorchte. Für einen, der mit seinem Hund redete und jedes Mal mehr das Gefühl bekam, das Tier antworte. Tatsächlich aber konnte Frohnberg Hunden nichts abgewinnen. Das Adjektiv »hündisch« sagte alles. Hunde waren Schwätzer. Mit Katzen konnte man schweigen. Es wurde sowieso zu viel geredet in der Welt. Frohnberg hing das manchmal zum Halse heraus.
    Auf dem Gang vor seiner Tür hörte er Männer lachen. Blumberg und Reif, die Stimmungskanonen. Wo andere hektisch paddelten, surften sie jede Welle ganz locker ab. Vielleicht gehörte einem von ihnen auch der nackte Arm. Auf dem Weg zum Fahrstuhl mussten sie alle an seinem Zimmer vorbei. Blumberg und Reif waren ihm noch mehr zuwider als Ritter. Dem merkte man an, dass er bisweilen mit sich haderte. Blumberg und Reif kannten keine Selbstzweifel.
    Die Katze saß auf einer Terrasse aus polygonal verlegtem Sandstein. Jedenfalls vermutete Frohnberg, dass es sich um Sandstein handelte, da er an einigen Stellen schon grün angelaufen war. Sandstein war weich und neigte dazu, Wasser zu ziehen. Auf den Terrassen der Reihenhaussiedlung, in der er aufgewachsen war, hatte es keinen Sandstein gegeben, schon gar nicht polygonal verlegt. Der Untergrund seiner Kindheit war Waschbeton gewesen. Trotzdem war er am Bild dieser Katze hängengeblieben und hatte einen Moment lang gedacht, das sei der alte Mikesch.
    Diese Katze aber hieß Ruby und teilte ihre Informationen nur mit Freunden. Frohnberg schickte ihr eine Freundschaftsanfrage und

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