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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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wäre?»
    «Gewiß nicht.»
    «Welche Bedeutung hat das dann?»
    «Darüber befindet das Gericht. Wäre es für dich eine Schande, Ägypter zu sein?»
    «Auch darüber möge, wie du sagst, das Gericht befinden.»
    «Du wirst beschuldigt, einen Aufseher namens Sary getötet zu haben und danach geflohen zu sein. Gibst du das zu?»
    «Ich gebe es zu, aber es bedarf der Erklärungen.»
    «Das ist der Gegenstand dieser Verhandlung. Hältst du den Wortlaut der Anklage für unzutreffend?»
    «Nein.»

    «Du bist dir also darüber im klaren, daß ich nach dem Gesetz für dich die Todesstrafe beantragen muß.»
    Unter den Zuhörern brach Gemurmel aus. Moses ließ keinerlei Regung erkennen, als gingen ihn diese erschreckenden Worte nichts an.
    «Angesichts der Schwere des Verbrechens setze ich der Dauer des Verfahrens keine Grenzen», fuhr der Wesir fort.
    «Dem Angeklagten wird ausreichend Zeit zugestanden, sich zu verteidigen und die Gründe für seine Bluttat darzulegen. Ich fordere vollkommene Ruhe und werde bei der geringsten Störung die Verhandlung unterbrechen und die Schuldigen mit einer empfindlichen Strafe belegen.»
    Darauf wandte er sich wieder an Moses.
    «Welches Amt hattest du zum Zeitpunkt deiner Tat inne?»
    «Ich war Würdenträger am Hofe Ägyptens und Oberaufseher über die Baustätten von Pi-Ramses. Insbesondere stand ich der Zunft der hebräischen Ziegelmacher vor.»
    «Und das, nach den mir vorliegenden Schriftstücken, zu allgemeiner Zufriedenheit. Du warst auch ein Freund des Pharaos, nicht wahr?»
    «Das stimmt.»
    «Ausbildung an der höchsten Schule von Memphis, ein erstes Amt im Harim von Mer-Our, dann Aufseher in Karnak und Oberaufseher in Pi-Ramses… Eine glanzvolle Laufbahn, die erst ihren Anfang genommen hatte. Das Opfer, Sary, war den umgekehrten Weg gegangen. Als Ramses’ ehemaliger Erzieher hatte er sich erhofft, zum Vorsteher der Hohen Schule von Memphis berufen zu werden, mußte sich dann aber mit einer untergeordneten Tätigkeit bescheiden. Waren dir die Gründe für diesen Abstieg bekannt?»
    «Ich hatte meine eigene Meinung dazu.»
    «Kann man die erfahren?»

    «Sary war voller Niedertracht, anmaßend und habgierig. Das Schicksal hat ihn durch meine Hand bestraft.»
    Ameni bat den Wesir um das Wort.
    «Ich kann dazu nähere Angaben machen: Sary hat sich an einer Verschwörung gegen Ramses beteiligt. Nur weil er der Gemahl seiner Schwester Dolente war, hat sich der König milde gezeigt.»
    Zahlreiche Höflinge waren sichtbar überrascht.
    «Prinzessin Dolente möge vor diesem Gericht erscheinen», ordnete der Wesir an.
    Zögernd trat die hochgewachsene, dunkelhaarige Frau vor.
    «Pflichtest du den Worten von Moses und Ameni bei?»
    Dolente senkte den Kopf.
    «Sie sind maßvoll, viel zu maßvoll. Mein Gemahl hatte sich in ein Ungeheuer verwandelt. Sobald er begriffen hatte, daß seine Laufbahn für immer zerstört war, hegte er einen stetig wachsenden Haß gegen seine Untergebenen. Das ging so weit, daß er ihnen gegenüber unzumutbare Grausamkeit an den Tag legte. Während der letzten Monate seines Lebens verfolgte er die hebräischen Ziegelmacher, für die er die Verantwortung trug, auf übelste Weise. Hätte Moses ihn nicht getötet, dann hätte es ein anderer getan.»
    Dem Wesir war seine Verwunderung anzumerken.
    «Sind deine Worte nicht übertrieben?»
    «Ich schwöre, daß sie das nicht sind. Mein Leben mit Sary war eine einzige Qual geworden.»
    «Solltest du dich über seinen Tod gefreut haben?»
    Dolente senkte den Kopf noch tiefer.
    «Ich… ich war wie erleichtert, und ich schämte mich dafür…

Aber wie hätte ich einem solchen Tyrannen nachweinen können?»
    «Hast du noch weitere Angaben zu machen, Prinzessin?»
    «Nein… Wirklich nicht.»

    Dolente kehrte zu ihrem Platz inmitten der Höflinge zurück.
    «Wünscht jemand Sarys Andenken zu verteidigen und der Darstellung seiner Gemahlin zu widersprechen?»
    Keine Stimme erhob sich. Der mit der Aufzeichnung der Aussagen betraute Schreiber vermerkte es fein säuberlich, aber flink.
    «Berichte uns den Ablauf des Geschehens», verlangte der Wesir von Moses.
    «Es war eine Art Unfall. Obgleich meine Beziehungen zu Sary gespannt waren, hatte ich nicht die Absicht, ihn zu töten.»
    «Weshalb wart ihr einander nicht wohlgesinnt?»
    «Weil ich entdeckt hatte, daß Sary ein Erpresser war und die hebräischen Ziegelmacher auf das übelste verfolgte. Als ich einen von ihnen zu verteidigen suchte, habe ich, ohne es zu wollen,

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