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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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das Volk sich von selbst zu ihr bekehrte. Wenn man ihm die Lehre aufzwang, würde es sich von seinen früheren Irrtümern schon lossagen.
    «Prinzessin, weißt du, was man sich erzählt?»
    Aus den funkelnden Augen der Dienerin sprach das unwiderstehliche Verlangen, etwas auszuplaudern. Vielleicht würde Dolente ja eine wissenswerte Neuigkeit erfahren.
    «Man munkelt, daß du die Absicht hegst, dich wieder zu vermählen, und daß Verehrer in großer Zahl einander diese Ehre streitig zu machen suchen.»
    «Die Leute reden viel.»
    «Schade… Du hast lange genug getrauert. Meiner Meinung nach ist es nicht gut, wenn eine Frau deines Standes so an Einsamkeit leidet.»
    «Mir ist dieses Leben bestimmt.»
    «Du siehst manchmal so betrübt aus… Ich kann es ja gut verstehen. Du denkst gewiß an deinen Gemahl. Der Unglückliche, ermordet! Wie mögen Osiris und sein Gericht seine Seele beurteilt haben? Mit Verlaub, Prinzessin, man munkelt auch, dein Gemahl sei nicht immer rechtschaffen gewesen.»
    «Das ist die traurige Wahrheit.»
    «Warum vergräbst du dich dann in deinen bösen Erinnerungen?»
    «Mir steht der Sinn nicht nach einer neuen Ehe.»
    «Du wirst gewiß wieder glücklich werden, Prinzessin. Vor allem, wenn der Mörder deines Gemahls verurteilt ist.»
    «Was weißt du davon?»
    «Moses wird vor Gericht gestellt.»
    «Moses… Aber der ist doch geflohen!»
    «Es ist noch ein Geheimnis, aber mein Mann ist ein Freund des Oberaufsehers über das große Gefängnis. Der Hebräer ist dort eingesperrt. Er wird bestimmt zum Tod verurteilt.»
    «Kann man ihn aufsuchen?»
    «Nein, niemand darf zu ihm, wegen der schweren Anschuldigungen, die man gegen ihn erhebt. Man wird dich sicher zur Verhandlung vorladen, dann hast du Gelegenheit, dich zu rächen.»
    Moses war wieder im Lande! Moses, der an einen einzigen Gott glaubte! War das für Dolente nicht ein Wink des Schicksals?

    FÜNFZEHN

    DIE VERHANDLUNG GEGEN Moses fand im großen Gerichtssaal statt, unter dem Vorsitz des Wesirs, des Dieners der Maat. In seine steife Amtstracht gekleidet, trug er als einzigen Schmuck nur ein Herz, das Symbol für das Gewissen des Menschen, das vom Totengericht auf der Waage des Jenseits gewogen wurde.
    Ehe er den Rechtsgang eröffnete, hatte sich der Wesir im Tempel des Ptah eingefunden und dort vor Ramses den bei seiner Amtseinsetzung geleisteten Schwur erneuert. Er gelobte, die Göttin der Gerechtigkeit zu achten und niemandem durch seine Gunst zu willfahren. Der König hatte sich gehütet, ihm irgendeinen Rat zu erteilen, und damit begnügt, das Gelübde zur Kenntnis zu nehmen.
    Der große Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt.
    Kein Höfling wollte sich dieses Ereignis entgehen lassen, und auch einige hebräische Stammesführer waren zugegen.
    Die Meinungen klafften weit auseinander. Die einen waren nach wie vor von seiner Schuld überzeugt, die anderen erwarteten Aufschluß über den Grund für seine Rückkehr.
    Jeder wußte, welch starke Persönlichkeit Moses war, und niemand nahm an, pure Einfalt habe ihn zu diesem Schritt bewogen.
    Der Wesir eröffnete die Verhandlung mit einer Huldigung an die Maat, an die zeitlose Regel, die das Menschengeschlecht überdauern würde. Dann ließ er auf den Steinplatten des Fußbodens zweiundvierzig Lederstücke auslegen, zum Zeichen, daß der Richterspruch in allen zweiundvierzig Provinzen Ägyptens Geltung habe.

    Zwei Soldaten führten Moses herein. Aller Augen richteten sich auf den Hebräer. Die stattliche Erscheinung des einst hohen Würdenträgers strahlte erstaunliche Ruhe aus. Die Soldaten wiesen ihm seinen Platz gegenüber vom Wesir an.
    Zu beiden Seiten des Obersten Richters saßen vierzehn Geschworene: ein Landvermesser, eine Priesterin der Göttin Sachmet, ein Arzt, ein Zimmermann, eine Hausfrau, ein Bauer, ein Schreiber der Schatzhäuser, eine Hofdame, ein Baumeister, eine Weberin, der Befehlshaber des Regiments Re, ein Steinhauer, ein Schreiber der Kornspeicher und ein Schiffer.
    « Lautet dein Name Moses?»
    «So ist es.»
    «Hast du gegen einen oder eine der Geschworenen etwas einzuwenden? Sieh sie dir genau an und nimm dir Zeit zum Nachdenken.»
    «Ich habe Vertrauen in die Gerichtsbarkeit dieses Landes.»
    «Ist dieses Land nicht auch das deine?»
    «Ich bin zwar hier geboren, aber ich bin Hebräer.»
    «Du bist Ägypter und wirst als solcher erachtet.»
    «Würde das Verfahren einen anderen Verlauf nehmen und der Urteilsspruch anders ausfallen, wenn ich ein Fremdling

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