Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
will gar nicht, dass er vorbei ist.
Als das schwarze Ungestüm neben mir hält und ich dem Fahrer den Weg zu Claire weise, wird mir klar, welche Steine sie ins Rollen gebracht hat. Nein, dieser Abend ist ganz bestimmt noch nicht vorbei.
Zwischenspiel XI
Rashen.
D ie Minute zog sich in die Länge, ich wartete noch einen Augenblick, dann stieß ich mich von der Hauswand ab und schlenderte die Straße hinunter. Der Mond stand hell und voll am Himmel, die Wolken hatten sich verzogen, die klirrende Kälte ließ mich frösteln.
Unmittelbar vor mir lief eine schlanke Gestalt, eingehüllt in einen kuscheligen Mantel, die blonden Locken tanzten bei jedem Schritt auf und ab. Der gewaltige Strauß in ihrem Arm ließ sie schmächtig erscheinen, auch wenn sie das eigentlich nicht war.
Du bist mein Bruder, Rashen, denk daran, das wirst du immer sein.
Chaskes Worte hallten in meinem Inneren nach, und ich rieb meine behandschuhten Hände aneinander, um ein wenig Wärme zu erzeugen. In meinem hübschen Dämonenkörper wurde es manchmal ganz schön kalt. Ich warf einen Blick auf die Armbanduhr an meinem Handgelenk.
0.23 Uhr. Der Zeiger tickte unaufhaltsam weiter. In einer Minute würde Penelope Dupont sterben und ihre Seele mir gehören. So war es vorgesehen.
Ich hörte die quietschenden Reifen eines Autos, registrierte, dass die Gestalt vor mir sich umsah, flüchtig. Einen Schritt auf die Straße, noch einen. Mir stockte der Atem.
Er hatte Recht. Es gab nur uns. Uns beide. Keine Bande hielten mehr zusammen als die einer Familie. Es waren die einzigen Bande, die in unserer Welt eine Bedeutung hatten. Denn für alles andere gab es keine Gefühle. Es war der Respekt, den man vor den üblen Taten seiner Eltern in sich trug. Es war die Ehre, mit jemandem verwandt zu sein, der so viel Böses vollbracht hatte.
Mein Bruder …
»Warte!«, rief ich laut und deutlich und erschrak beim harten Klang meiner Stimme. Mit zwei langen Schritten erreichte ich Penelope, die gerade den ersten Fuß über die Straße setzte, griff nach ihrem Handgelenk und zog sie auf den Bordstein zurück, hielt sie mit dem anderen Arm umschlungen. Hupend raste ein Kleinbus vorüber, ihr erschrockener Ausruf ging im lauten Ton unter.
»Wow … ich«, stammelte sie atemlos, der Strauß lag achtlos im Straßengraben, im Eifer des Gefechts hatte sie ihn wohl losgelassen. Ich spürte ihre Wärme und ließ sie langsam los. Sie drehte sich um und blinzelte mich dankbar an. Sie lebte, war nicht tot. Weil ich eingegriffen hatte. Ihre stahlgrauen Augen und das unschuldige Gesicht verliehen ihr tatsächlich das Aussehen eines kleinen Engels. Ihre Wangen röteten sich, und sie fummelte an ihren Haaren herum.
»Ich fürchte, du hast mir gerade das Leben gerettet.«
Der Schock lähmte meine Glieder, als mir die Bedeutung ihrer Worte bewusst wurde. Ich hatte einem Menschen das Leben gerettet, anstatt die Seele beim Fürsten abzuliefern. Ich hatte eines der ungeschriebenen Gebote gebrochen.
Unter ihren langen, schwarz geschminkten Wimpern sah sie mich lange an, drückte kurz meine Hand.
»Danke.«
Ich nickte fahrig, meine Gedanken überschlugen sich, das Herz pochte unnachgiebig gegen meine Rippen. Sie lebte – und das, weil ich zum ersten Mal in der Ewigkeit eine Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen hatte. Was mir noch niemals zuvor passiert war. Niemals.
Mir war durchaus klar, welche Auswirkungen dies haben würde. Meine Degradierung. Man würde mich kurzerhand aus der Zwischenwelt schmeißen.
Meine Zeit als Dämon war vorüber. Und mein Bruder mit seinem Waschweibergeschwätz war schuld daran.
Was hatte ich nur getan?
Kapitel 17
Wie schön, dass wir alle unser erstes Mal schon hinter uns haben.
D as Adrenalin schießt durch meine Adern, als Claire die Tür hinter uns schließt und sich schwer atmend dagegenlehnt. Die Stille um uns herum pulsiert, ihre Pupillen sind geweitet, die Nasenflügel beben. Ich kann die Lust, die sie verströmt, mit jedem Atemzug in mich aufnehmen.
Ich komme nicht umhin zuzugeben, dass sich eine gewisse Vorfreude auf das, was nun folgen wird, in mir ausbreitet. Ich lehne mich mit der Hüfte gegen die Wand und betrachte Claire aufmerksam.
Mit einer lockeren Bewegung wirft sie den Schlüssel in das Schälchen auf der Kommode, visiert mich an und hält mich mit ihrem Blick gefangen. Fick mich , sagen ihre Augen. Ohne etwas von sich zu geben, schält sie sich aus ihrem Mantel, lässt ihn raschelnd zu Boden gleiten. Ihre
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