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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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ihm neue Mandate einbrachte, die es ihm ermöglichten, sich aus Löffkes Klauen zu befreien.

    Marie blickte den schmalen Gang vom Mehrzweckabteil aus an der Toilettenanlage entlang in den dahinter befindlichen Fahrgastraum.
    »Ist was, Marie?«
    »Da hinten sitzt August Froog«, flüsterte sie. »Er liest in seinen Akten.«
    Kaum, dass Marie diese Worte ausgesprochen hatte, stand Froog auf, bewegte sich bedächtig den Gang entlang und verschwand im Toilettenraum, ohne dass er Marie erkannt hatte. Sie wartete, bis die rote Lampe signalisierte, dass Froog die Tür von innen verriegelt hatte. Dann sprang sie auf und eilte zu dem Platz, an dem Froog gesessen hatte und sah sich eilig um. Es waren keine weiteren Fahrgäste da. Sie schnappte einige der Akten, die dort lagen, rannte mit rotem Kopf zurück, warf die Akten in den Korb unter den Kinderwagen und legte schnell ihre Jacke darüber. Der Zug war in den Tunnel vor dem Düsseldorfer Flughafen eingetaucht und bremste bereits ab.
    Stephan wollte sich entrüsten, doch noch bevor er den Mund aufmachen konnte, zog ihn Marie zu sich heran und küsste ihn. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie Froog, der den Toilettenraum verließ und zu seinem Platz zurückging. Als Marie und Stephan gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter den Zug verlassen hatten, suchte Froog verzweifelt seine restlichen Akten. Marie hatte ihre Sonnenbrille aufgesetzt und hörte ihn durch die geschlossenen Türen des wieder anfahrenden Zuges nach dem Schaffner schreien.

    Irgendwo in einer Strandbar auf Gran Canaria blätterte Marie in einer deutschen Zeitung.
    »Unglaublich, was hier steht«, sagte sie, schob ihre Sonnenbrille in die Haare und las vor:
    Der Justizskandal um den Vorsitzenden Richter August Froog weitet sich aus. Froog, der am Dortmunder Landgericht tätig ist und in Düsseldorf wohnt, hatte die tägliche Zugfahrt in seine Heimatstadt dazu genutzt, Akten zu studieren. Am Donnerstag hatte er gegenüber dem Schaffner behauptet, dass ihm die Akten von einer unbekannt gebliebenen Person nach der Abfahrt des Zuges am Düsseldorfer Flughafenbahnhof geraubt worden seien. Die sofortige Kontrolle des gesamten Zuges und aller darin befindlichen Fahrgäste durch die eiligst herbeigerufene Bundespolizei im Düsseldorfer Hauptbahnhof erbrachte jedoch kein Ergebnis. Unterdessen wurden die Akten in einem Abfallbehälter am Düsseldorfer Flughafen gefunden, was Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung Froogs begründet, der überdies inzwischen einräumte, seine Akten regelmäßig während der Zugfahrt von Dortmund nach Düsseldorf zu lesen und am Tattage die Akten während eines Toilettenbesuchs unbeaufsichtigt gelassen zu haben. Danach ist mehr als zweifelhaft, ob der von Froog behauptete Raub der Akten tatsächlich stattgefunden hat.
    »Wirklich unglaublich!«, wiederholte Marie empört und schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Ohne Zweifel!«, pflichtete Stephan bei. »Da passiert eine Abweichung von der Gewohnheit und jemand nutzt das aus. Frechheit«, urteilte er scharf.
    »Dem Herrn Froog wird in seiner Haut nicht wohl sein«, vermutete Marie. »Vielleicht sollte er an der richtigen Stelle ein Petitum formulieren.«
    Sie grinste.
    »Und was machen wir? Einen weiteren Wein, wie gewohnt oder Abweichung von der Gewohnheit?«, fragte Marie.
    »Wir bleiben bei der Gewohnheit«, entschied Stephan und bediente das Ritual.
    Sie lachten und warfen die Zeitung weg. Stephan warf ein zusammengeknülltes Papier hinterher, das er aus seiner Hosentasche gezogen hatte.
    »Was war das?«, fragte Marie.
    »Gereons Zettel mit dem Namen der Schweizer Berghütte. Auf der Rückseite stehen die Themen der vor den ›Zehn‹ gehaltenen Vorträge.
    »Schade, ich hätte sie gern gesehen.«
    »Du hast nichts verpasst«, meinte Stephan. »Es gab nur Vorträge über Unten und Oben, Gut und Schlecht, Richtig und Falsch, Lüge und Wahrheit, Wert und Unwert, Moral und Unmoral. – Es waren Vortragsthemen von Menschen, die sich über andere erhoben und sie verachtet haben. Im Grunde waren es Feinde der Freiheit. Deshalb gab es auch keinen Vortrag über das Glück.«

    E N D E

Klaus Erfmeyer im Gmeiner-Verlag:
    Drahtzieher (2012)
    Irrliebe (2011)
    Endstadium (2010)
    Tribunal (2010)
    Geldmarie (2008)
    Todeserklärung (2007)
    Karrieresprung (2006)

    Weitere Romane finden Sie unter www.gmeiner-verlag.de

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