Ratgeber Lese-Rechtschreibstoerungen
empfehlenswert.
– Die Dauer der Therapie umfasst in der Regel 1 bis 2 Jahre und setzt fortdauernde, regelmäßige Übungseinheiten voraus.
– Der inhaltliche Schwerpunkt der Übungsbehandlung liegt im Einüben des Lesens und Rechtschreibens.
– Die Lernprogramme stützen sich auf folgende Lerninhalte: Die Schulung im Umgang mit den lautlichen Eigenschaften der Schriftsprache (phonologische Bewusstheit) sowie der Verknüpfung von Lauten (Phonemen) mit den visuellen Lautzeichen (Buchstaben = Graphemen) sind grundlegend. Dies beginnt mit dem Lesen und dem Rechtschreiben von einfachen, lautgetreuen Wörtern bis später schwierige Wörter eingeübt werden. Das Lernen wird unterstützt durch Übungen zum rhythmischen Silbenzergliedern. Schließlich werden Rechtschreibregeln explizit erklärt und Merkhilfen gegeben, die das Anwenden der Regeln erleichtern sollen.
– Unterstützend können Konzentrationsübungen oder Übungen zur Visuo-Motorik stattfinden, wenn das Kind in diesen Bereichen Schwächen aufweist. Ein Konzentrations- oder visuo-motorisches Training alleine kann jedoch nicht ausreichend die Lese-Rechtschreibstörung behandeln.
– Die Einbeziehung von Eltern und Lehrer in Planung, Organisation und Durchführung der Therapie ist unerlässlich. Eltern sollten sich als Helfer bei den Hausaufgaben entlasten, wenn die erzieherischen Konflikte so schwerwiegend werden, dass die Eltern-Kind-Beziehung darunter leidet und auch dann wenn die Eltern nicht die Zeit dazu haben.
Seit Beginn der 90er Jahre wurden wirksame Trainingsprogramme entwickelt, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten. Eine Übersicht finden Sie im Anhang. Erkundigen Sie sich, nach welchen Behandlungsmethoden Ihr Legasthenie-Therapeut arbeitet. Ein seriöser Therapeut informiert Sie gerne über sein Förderkonzept.
18. Können Medikamente helfen?
Lese-Rechtschreibstörungen können nicht medikamentös behandelt oder gar geheilt werden. Eine medikamentöse Unterstützung ist jedochsinnvoll, wenn neben der Legasthenie weitere psychische Störungen bestehen, die durch Medikamente beeinflusst werden können. Dies trifft beispielsweise für die hyperkinetische Störung zu. Die eingangs beschriebenen Probleme Philipps weisen auf eine hyperkinetische Störung hin, die durch eine Aufmerksamkeitsstörung, erhöhte motorische Unruhe und Impulsivität gekennzeichnet ist. Bei Kindern mit Legasthenie und hyperkinetischer Störung kann sich unter einer Stimulanzientherapie (z. B. Ritalin ® , Medikinet ® ) die Anzahl der Flüchtigkeitsfehler vermindern, die Handschrift kann ordentlicher werden und die Konzentrationsfähigkeit kann sich wesentlich verbessern. Ob eine Stimulanzienbehandlung in Frage kommt, ist durch eine fachärztliche kinder- und jugendpsychiatrische Untersuchung zu klären.
19. Wer bezahlt das alles?
Bislang ist die Behandlung einer Lese-Rechtschreibstörung noch keine grundsätzlich anerkannte kassenärztliche Leistung. Krankenkassen zahlen die Legasthenie-Therapie leider nur unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. wenn eine „neurotische Störung“ vorliegt, eine „Hirnschädigung“ nachgewiesen ist usw.). Die diagnostischen Maßnahmen (fachärztliche Untersuchung mit psychologischer Diagnostik) ist immer Teil der Leistungspflicht der Krankenkassen. Im Einzelfall werden die Kosten für eine außerschulische, individuelle Therapie der Lese-Rechtschreibstörung vom zuständigen Jugendamt getragen, wenn in Folge des Lernversagens eine „seelische Behinderung“ droht (siehe Kapitel 21 ). Oftmals müssen Eltern die Behandlungsmaßnahmen auch selbst finanzieren.
20. Gibt es sozialrechtliche Hilfen?
Im Einzelfall erfolgt eine Finanzierung der außerschulischen Legasthenie-Behandlung über das Jugendamt. Eltern müssen hierzu einen formlosen Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß § 35 a des Sozialgesetzbuchs (SGB) VIII (bzw. IX) stellen. Diese Maßnahme der Jugendhilfe tritt dann in Kraft, wenn in einem Begutachtungsverfahren diagnostisch festgestellt wurde, dass durch die Lese-Rechtschreibstörung bedingt eine sogenannte „seelische Behinderung“ droht oder bereits vorhanden ist. Eine seelische Behinderung besteht oder droht, wenn in Folge der Lese-Rechtschreibstörung die soziale und schulische Eingliederung in die Gemeinschaft gefährdetist. Die Entscheidung, ob die Kriterien für eine zumindest drohende seelische Behinderung vorliegen und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung
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