Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
benutzt. Vielleicht hatte sie nichts zu bedeuten, vielleicht aber auch alles. Es war eine weitere Sache, die ein Jordain nicht wissen konnte.
»Mystras Segen«, wiederholte er leise.
Als die Feiern vorbei waren, begab Matteo sich in seine neuen Gemächer im Palast des Königs. Zu seiner Überraschung erwartete dieser ihn. Er hatte sich erschöpft in einem der Sessel niedergelassen, die Matteos Vorgängerin Cassia im Raum verteilt hatte.
»Ich brauche deinen Rat, Jordain«, sagte der König mit schwacher und von Überanstrengung heiserer Stimme.
Matteo nickte und wartete, daß der König fortfuhr.
»Bevor wir aber diese Sache besprechen, muß ich dich etwas fragen. Gegen Ende der Schlacht, als sich die Skelette erhoben, wolltest du mir einen Rat geben, von dem du glaubtest, ich würde ihn nicht gerne hören.«
»Dazu besteht jetzt keine Notwendigkeit mehr«, sagte Matteo zerknirscht. »Und wo wir gerade dabei sind, es gab auch zu jenem Zeitpunkt keine Notwendigkeit! Ihr habt gesehen, was erforderlich war, und Ihr seid zur Tat geschritten, ohne meinen Rat abzuwarten. Es ist keine angenehme Arbeit, Skelettkrieger auferstehen zu lassen, und ganz Halruaa ist dankbar, daß Ihr diese Aufgabe selbst übernommen habt.«
»Hast du gesehen, wie ich den Zauber gewirkt habe?«
Der Jordain zögerte. »Nein, aber keiner Eurer Nekromanten ist vorgetreten, um diesen Zauber für sich in Anspruch zu nehmen, also nahm ich an, daß es ein vorbereiteter Zauber war, der von irgendeinem magischen Gegenstand ausgelöst wurde.«
Zalathorm kommentierte diese Worte nicht. »Die Feiern werden zehn Tage andauern. Danach wird die Königin vor Gericht gestellt werden. Wenn man sie verurteilt, wird sie im Licht des zunehmenden Mondes hingerichtet werden. Du hast zwanzig Tage Zeit, um ihre Unschuld zu beweisen.«
Matteo hatte große Mühe, seine Miene leidenschaftslos zu halten. »Vergebt mir meine Vermessenheit, Sire, aber ich weiß, was es bedeutet, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich habe die beiden besten Freunde verloren, die ich jemals gekannt habe, und ich kann die Wirklichkeit dessen noch immer nicht akzeptieren.«
»Was würdest du tun, um diese Freunde zu retten?«
In Matteos Gedanken entstand ein Bild des Schleiers zwischen den Welten, und er sah die glühenden Augen der Finsteren Feen dahinter. »Wenn ich könnte, ich würde ihnen durch die Hölle folgen.«
»Das habe ich mir gedacht. Aus dem Grund übertrage ich dir diese scheinbar unlösbare Aufgabe.«
Matteo atmete langsam aus. »Wir haben Kiva gehört, wie sie die Königin für die Schaffung einer mechanischen Armee gepriesen hat. Was könnte dieses Argument entkräften?«
»Es gibt sicher andere Umstände, die den Rat umzustimmen vermögen.«
»Ich werde keine Tatsachen beschönigen, um die Königin zu retten«, sagte Matteo leise.
Der König nickte, als hätte er mit dieser Antwort gerechnet. »Das Wohl Halruaas steht an erster Stelle in deinem Herzen. Gerade deswegen benötige ich deine Dienste. Bedenke jedoch immer, daß auch ein ehrlicher Mann sich selbst von einer zweifelhaften Wahrheit zu überzeugen vermag und daß auch der beharrlichste aller Paladine zu seinem Entsetzen feststellen kann, daß der heilige Zweck, dem er dient, nicht jede seiner blutigen Taten rechtfertigt.«
»Ich werde daran denken, Herr. Doch offengestanden verstehe ich Euren Punkt noch immer nicht.«
Zalathorm stand auf und sah dem jungen Jordain tief in die Augen. »Ich habe seit dem Ende der Schlacht vieles erfahren. Ich kann dir nicht sagen, wie ich an dieses Wissen gelangt bin, doch soviel sollst du wissen: Königin Beatrix war einst unter dem Namen Keturah bekannt, jene Frau, die deine Freundin Tzigone so verzweifelt gesucht hat. Kein Lebender außer mir weiß das, nicht einmal die Königin selbst. Nun sag mir, Jordain, was wirst du tun?«
Der Boden schien sich unter Matteos Füßen zu bewegen, und in seinem Kopf schwirrte es, als hätte sich ein Schwärm Bienen dorthinein verirrt. Er schluckte. »Daßelbe, Sire.«
»Und wenn ich dir sage, daß Keturah für dich jede Tür öffnen kann, damit du deiner Freundin durch die Hölle folgen kannst?
Würdest du dich versucht fühlen, sie beide um jeden Preis zu retten, oder würdest du auch dann der Wahrheit treu bleiben?«
»Selbst dann«, flüsterte er erstickt.
Der König nickte langsam. »Nun, dann hast du vielleicht eine Chance, erfolgreich zu sein. Du hast zwanzig Tage.«
Zalathorm wandte sich und ging rasch fort, da er
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