Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
an dem er es versilbern mußte, um für den Erlös Nahrungsmittel kaufen zu können. Der King liebte es, sauber und gut gekleidet zu sein, wo alle andern es nicht waren, und er freute sich, daß heute sein Hemd frisch und neu, die lange Hose gebügelt, die Socken sauber, die Schuhe frisch poliert und der Hut fleckenlos waren. Es belustigte ihn, daß Grey abgesehen von kümmerlich geflickten kurzen Hosen und Holzpantinen und einer in langen Tropenjahren speckig gewordenen grünen Feldmütze des Panzerkorps nackt war.
    »Ich habe es gekauft«, erklärte der King. »Schon vor langer Zeit. Es gibt kein Gesetz, das den Kauf von irgend etwas verbietet – weder hier noch anderswo, Sir.«
    Grey spürte die in dem Wort ›Sir‹ liegende Unverschämtheit. »Schon gut, Korporal, rein!«
    »Warum?«
    »Ich habe gerade Lust auf einen kleinen Schwatz«, sagte Grey sarkastisch.
    Der King unterdrückte seine Wut, ging die Treppe hinauf und durch die Tür und stellte sich neben den Tisch. »Nun, Sir?«
    »Kehren Sie Ihre Taschen nach außen.«
    »Warum?«
    »Tun Sie, was ich gesagt habe. Sie wissen, daß ich das Recht habe, Sie jederzeit zu durchsuchen.« Grey ließ etwas von seiner Verachtung durchblicken. »Selbst Ihr Kommandierender Offizier hat sich dazu bereit erklärt.«
    »Nur weil Sie darauf bestanden haben.«
    »Aus gutem Grund. Kehren Sie die Taschen um!«
    Lässig gehorchte der King. Schließlich hatte er nichts zu verbergen. Taschentuch, Kamm, Brieftasche, eine Packung aktive Zigaretten, seine Tabakdose voll rohen Javatabaks, Reiszigarettenpapier, Streichhölzer. Grey vergewisserte sich, daß auch alle Taschen leer waren, und klappte dann die Brieftasche auf. Sie enthielt fünfzehn amerikanische Dollar und beinahe vierhundert japanische Singapurdollar.
    »Woher haben Sie dieses Geld?« fuhr Grey ihn an, und der immer gegenwärtige Schweiß tropfte von ihm.
    »Glücksspiel, Sir.«
    Grey lachte freudlos. »Sie haben eine Glückssträhne. Schon seit beinah drei Jahren. Oder nicht?«
    »Sind Sie jetzt mit mir fertig, Sir?«
    »Nein. Lassen Sie mal Ihre Armbanduhr sehen.«
    »Sie steht auf der Liste …«
    »Ich habe gesagt, Sie sollen mich Ihre Armbanduhr sehen lassen.«
    Grimmig zog der King das dehnbare Armband aus nichtrostendem Stahl vom Handgelenk und reichte es Grey.
    Trotz seines Hasses auf den King empfand Grey einen Stich des Neides. Die Uhr war wasserdicht und stoßsicher und hatte automatischen Aufzug. Es war eine Oyster Royal. Der wertvollste Besitz Changis – außer Gold. Er drehte die Uhr um und besah sich die in den Stahlboden eingravierten Zahlen, ging dann zur Atap wand hinüber, holte die Liste mit dem Eigentum des King, fegte automatisch die Ameisen davon herunter und verglich peinlich genau die Nummer auf der Uhr mit der Nummer der Oyster-Royal-Armbanduhr auf der Liste.
    »Sie stimmt«, versicherte der King. »Machen Sie sich keine Sorgen, Sir.«
    »Ich mache mir keine Sorgen«, erwiderte Grey. »Sie sollten sich Sorgen machen.«
    Er reichte die Uhr zurück, die Uhr, die Lebensmittel für fast sechs Monate bringen konnte.
    Der King schob die Uhr wieder auf das Handgelenk zurück und begann seine Brieftasche und die übrigen Gegenstände an sich zu nehmen.
    »Ach ja. Ihr Ring!« sagte Grey. »Den wollen wir doch auch mal nachprüfen.«
    Aber auch der Ring stimmte mit der Liste überein. Er war unter der Positionsnummer A als Goldring, mit Siegel der Sippe Gordon aufgeführt. Neben der Beschreibung befand sich ein Abdruck des Siegels.
    »Wie kommt es, daß ein Amerikaner einen Gordonring besitzt?« Grey hatte die gleiche Frage schon viele Male gestellt.
    »Ich habe ihn gewonnen. Beim Pokern«, antwortete der King.
    »Sie haben ein beachtliches Gedächtnis, Korporal«, sagte Grey und reichte ihn zurück. Die ganze Zeit hatte er gewußt, daß der Ring und die Uhr stimmen würden. Die Durchsuchung hatte er nur als Vorwand benutzt. In sich fühlte er den beinahe selbstquälerischen Drang, seinem Opfer wenigstens eine Weile nahe zu sein. Er wußte auch, daß der King nicht so leicht aus der Fassung zu bringen war. Viele hatten ihn zu fangen versucht und versagt, denn er war gerissen und vorsichtig und sehr schlau.
    »Wie kommt es«, fragte Grey heftig und kochte plötzlich über vor Neid auf die Uhr und den Ring und die Zigaretten und die Streichhölzer und das Geld, »daß Sie so viel besitzen und wir übrigen gar nichts?«
    »Keine Ahnung, Sir. Vermutlich habe ich einfach Glück.«
    »Woher haben Sie

Weitere Kostenlose Bücher