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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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dann auf den King. »In Ordnung«, sagte er, »Sie können gehen. Aber in Ihrem Aufzug fordern Sie Ärger geradezu heraus! Sie haben nur sich selbst Vorwürfe zu machen!«
    Der King salutierte zackig. »Vielen Dank, Sir.« Er ging hinaus, und als er wieder im Sonnenschein stand, atmete er erleichtert und verfluchte sich erneut. Bei Gott, das war knapp gewesen. Beinah hatte er Grey eine geknallt, und das wäre die Tat eines Wahnsinnigen gewesen. Um sich zu sammeln, blieb er neben dem Weg stehen und zündete eine neue Zigarette an, und die vielen Männer, die vorbeigingen, sahen die Zigarette und rochen den Duft.
    »Verfluchter Bursche«, stieß der Oberst schließlich hervor, blickte noch immer hinter ihm her und wischte sich die Stirn. Dann wandte er sich an Grey zurück. »Wirklich, Grey, Sie müssen glatt den Verstand verloren haben, ihn so herauszufordern.«
    »Es tut mir leid. Ich … Vermutlich ist er …«
    »Was er auch sein mag, es ist jedenfalls eines Offiziers und Gentlemans nicht würdig, ausfallend zu werden. Schlimm, sehr schlimm, meinen Sie nicht, wie?«
    »Jawohl, Sir.« Es gab für Grey nicht mehr zu sagen.
    Oberst Brant knurrte und stülpte dann die Lippen auf. »Ganz recht. Zum Glück kam ich gerade vorbei. Kann doch nicht einen Offizier mit einem gemeinen Soldaten sich prügeln lassen.« Er sah wieder zur Tür hinaus, haßte den King, gierte nach dessen Zigaretten. »Verdammter Kerl«, fluchte er, ohne sich nach Grey umzublicken, »undiszipliniert. Wie alle Amerikaner. Böse Sippschaft. Es ist nicht zu fassen, aber die Burschen reden ihre Offiziere mit Vornamen an!« Er hob steil die Brauen. »Und die Offiziere spielen mit der Mannschaft Karten! Du meine Güte! Schlimmer als die Australier – und die sind doch schon ein Pack, wie man es schlimmer noch nicht gesehen hat. Erbärmlich! Nicht wie die indische Armee, was?«
    »Nein, Sir«, bestätigte Grey mit dünner Stimme.
    Oberst Brant drehte sich schnell um. »Ich wollte keineswegs … Grey, nur weil …« Er verstummte, und plötzlich standen Tränen in seinen Augen. »Warum, warum nur haben sie uns das angetan?« klagte er gebrochen. »Warum, Grey? Ich … wir alle liebten sie doch.«
    Grey zuckte die Achseln. Wäre nicht die Entschuldigung gewesen, hätte er Mitleid empfunden.
    Der Oberst zögerte, wandte sich dann ab und verließ die Baracke. Sein Kopf war gesenkt, und lautlos liefen ihm Tränen über die Wangen.
    Als Singapur 42 fiel, waren seine Sikh-Soldaten beinah bis auf den letzten Mann zum Feind, dem Japaner, übergelaufen und hatten sich gegen ihre englischen Offiziere gewandt. Die Sikhs waren unter den ersten Gefängniswächtern der Kriegsgefangenen, und einige unter ihnen waren wild. Die Offiziere der Sikhs erfuhren keinen Frieden. Denn es waren nur die Masse der Sikhs und einige wenige von anderen indischen Regimentern.
    Die Gurkhas waren treu bis auf den letzten Mann, und das unter Foltern und schimpflicher Behandlung. Deshalb weinte Oberst Brant um seine Leute, die Leute, für die er gestorben wäre, die Leute, für die er noch immer starb.
    Grey blickte hinter ihm her, sah dann den King neben dem Weg rauchen. »Bin froh, daß ich's gesagt habe, jetzt heißt es du oder ich«, flüsterte er leise vor sich hin.
    Er setzte sich auf die Bank zurück, als ein stechender Schmerz seine Eingeweide durchzuckte und ihn erinnerte, daß die Ruhr diese Woche nicht an ihm vorübergegangen war. »Verdammt«, stöhnte er matt, verfluchte Oberst Brant und die Entschuldigung.
    Masters kehrte mit der vollen Wasserflasche zurück und reichte sie ihm. Er nahm einen Schluck, dankte ihm und begann dann zu planen, wie er den King fassen wollte. Aber der Hunger nach dem Mittagessen bedrängte ihn, und er ließ seinen Gedanken freien Lauf.
    Ein schwaches Stöhnen zerschnitt die Luft. Grey blickte zu Masters hinüber, der dasaß, sich nicht bewußt, daß er einen Laut von sich gegeben hatte, und das rastlose Hin und Her der Hauseidechsen in den Dachsparren beobachtete, wie sie nach Insekten schnellten oder Liebesspiele trieben und sich paarten.
    »Haben Sie die Ruhr, Masters?«
    Masters verscheuchte kraftlos die Fliegen auf seinem Gesicht. »Nein, Sir. Mindestens seit beinah fünf Wochen nicht.«
    »Unterleibstyphus?«
    »Nein, Gott sei Dank. Verdammt, mein Wort drauf. Nur hundsgemeinen Dünnschiß. Und ich habe schon seit fast drei Monaten keine Malaria gehabt. Ich habe wirklich verfluchtes Schwein und bin, alles in allem, in Form.«
    »Ja«, sagte

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