Rattentanz
kleines Stück weiter unten in einem geeigneten Versteck auf die drei zu warten und später die Verfolgung erneut aufzunehmen. Er schlich sich davon. Bis auf das gelegentliche Knacken eines Zweiges unter seinen Schuhen und den Gesang der Vögel blieb alles still. Einsamkeit und Ruhe fernab jeglicher Zivilisation.
Dann hörte er Evas Schrei und wie sie Beck davon abzuhalten versuchte, Thomas die Tasche wegzunehmen. Die Stimme der Frau war ganz nah, zum Greifen fast, irgendwo in unmittelbarer Nähe. Fuchs änderte die Richtung einen Tick nach rechts, krabbelte auf allen vieren, da die niedrige Schonung ihn dazu zwang. Unvermittelt brach der Waldboden plötzlich vor ihm ab, ein paar große Felsbrocken noch, dann stürzte der Hang zwanzig Meter senkrecht in die Tiefe.
Da, wieder ihre Stimme, und auch die des Polizisten.
Fuchs legte die Tasche zur Seite. Ganz Vorsicht, ganz Neugier, rutschte er auf dem Bauch an die Abbruchkante und spähte nach un ten. Und da war der Bus, da war die Krankenschwester, die vom Bus zu diesem Verrückten hinabsah. Der Verrückte stand etwas abseits. Beck lehnte am Bus, bereit, dem Verrückten hinaufzuhelfen. Beide redeten auf den Irren, den sie sich wohl als Souvenir aus dem Krankenhaus mitgenommen hatten, ein.
Fuchs glitt zurück. Dann setzte er sich auf, lehnte an einem Baum und überlegte. War dies die Gelegenheit, seinen Schatz zurückzuerobern? Sollte alles so schnell wieder ins Lot kommen? Die Vorstellung war verlockend. Man musste das Eisen schmieden, so lange es heiß war und eine Gelegenheit beim Schopfe packen! Und dies hier, dies war eine Gelegenheit, wie er sie besser und sicherer so schnell wohl nicht wieder bekam. Die drei saßen da unten fest und irgendetwas stimmte mit ihrem verrückten Maskottchen nicht. Er hielt sie auf. Und der – wie es aussah, lockere – Felsbrocken genau oberhalb der Unfallstelle könnte zu seiner tödlichen Waffe werden!
Fuchs schlich zurück zur Abbruchkante und einem Felsen, der sich offenbar nicht zwischen oben und unten entscheiden konnte. Für einen Mutigen gut erreichbar, hing er aus der Wand, ihm fehlte nur der entscheidende Anstoß zum Fall. Und den, war Fuchs entschlossen, würde er ihm jetzt geben.
Jetzt mach schon! Mach, mach, mach, dass du da raufkommst! Siehst du, wie sie unsere Tasche hält?, geiferte Nummer zwei. Ihre Stimme überschlug sich. Gleich wird sie die Tasche in den Wald werfen!
Und wenn schon, dann springen wir eben hinterher, hihi!
Wer weiß, was sie damit anstellen will! Vielleicht will sie unser Kind hineinpacken!
Thomas’ Augen flogen zwischen Tasche und Beck hin und her. Hi-naufklettern? Der Bus schien so unüberwindlich, so hoch, aber dort war die Tasche – seine Aktentasche und darin die Thermoskanne.
Hierbleiben? Er schüttelte den Kopf. Ein Leben ohne das warme Schwarz seiner Aktentasche war ihm kein Leben! Lieber hätte er eine Hand hergegeben oder seinen rechten Fuß. Oder den linken. Aber er wollte doch nicht da hinauf! Ihm schwindelte allein beim Gedanken, auf den Bus klettern zu müssen. Dort lauerten Gefahren und er hatte Angst davor und wollte seine Tasche zurück! Nur diese eine schwarze Aktentasche. Nur die.
Dann musst du zu ihr gehen.
Thomas’ Blick traf auf den von Joachim Beck. Einen kurzen Moment sahen sie sich in die Augen.
»Komm schon, dir wird nichts passieren. Versprochen.«
Kaum versprochen, schon gebrochen, kommentierte Nummer drei. Immer versprechen sie uns etwas und dann?
»Haben wir dich nicht aus dem Aufzug befreit?« Es war die angenehme Stimme der Frau auf dem Bus, die der Wind ihm zuwehte. Eva hieß sie. (Sagt sie, hihi.) »Und wir haben dich mitgenommen, Thomas und wir beschützen dich, wirklich. Komm zu mir. Es ist ganz einfach und ich werde auf dich aufpassen, bestimmt! Schau«, wieder hielt sie seine Tasche hoch, »sie ist schon hier. Hast du nicht gesehen, wie leicht das ging? Und jetzt du – ganz leicht, ganz sicher«, und sie streckte ihm ihre Hand entgegen.
Glaub ihr nichts, kein Wort! Vielleicht wollen sie dich nur auf den Bus locken und dann da oben für den Rest unseres Lebens sitzen lassen!
Oh, wie schööön.
Oder sie werfen uns auf der anderen Seite runter und rennen zurück, wer weiß schon, was die zwei seltsamen Wesen mit uns vorhaben. Thomas dachte einen Moment über das Gehörte nach, dann straffte sich plötzlich sein Körper und er ging einen ersten Schritt nach vorn, auf Beck zu, der sich mühte, freundlich zu lächeln. Nichts würde ihn jemals
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