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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Überresten des Busses.
    Feierabend, tönte etwas in Thomas’ Kopf. Hihi, das war’s dann wohl, ihr lieben Wandersleut’.
    Knapper hätte es nicht sein können! Hermann Fuchs, der, wie er glaubte, in sicherem Abstand der kleinen Gruppe von Hausen vor Wald aus gefolgt war, sah die drei plötzlich nur noch zwölf oder dreizehn Meter vor sich! Sie standen an einem Unfall, der die Straße blockierte und dieser Polizist, der noch immer den komischen Handwagen festhielt, redete auf die Krankenschwester ein. Fuchs blieb wie angewurzelt stehen. Das kleinste Geräusch und sie hätten ihn entdeckt. Und wiedererkannt! Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss und laut hämmerte. Unwillkürlich presste er die erbeutete Umhängetasche an seine Brust. Weg hier, zurück! So leise er nur konnte, setzte er einen Fuß nach hinten. Den Polizisten und die anderen ließ er dabei keine Sekunde aus den Augen. Dann den anderen Fuß. Konnten sie seinen Atem hören? Sie mussten, so laut kam ihm dieser vor. Noch ein Schritt, ein etwas größerer. Langsam. Leise! Fuchs wusste, dass er eine Konfrontation jetzt und hier kaum für sich entscheiden konnte – nichts war vorbereitet, nichts geplant und seine einzige Waffe war das Küchenmesser des Alten von letzter Nacht. Nein, jetzt nicht!
    So oder so ähnlich, schoss es ihm durch den Kopf, muss es in der Wildnis sein, wenn man unvermutet einem Tier gegenübersteht, einem Bär oder Elch. Lass die Gefahr nicht aus den Augen und zieh dich langsam zurück.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis er es endlich zurück um die Kurve geschafft hatte. Er konnte die drei noch reden hören, aber ein Fels und ein paar Sträucher verbargen jetzt jeden vor den Blicken des anderen. Fuchs machte kehrt und rannte etwa einhundert Meter zurück, dann bog er ab, den Hang hinauf, und blieb erst im Unterholz liegen, als er sicher sein konnte, dass ihn niemand sah, dass niemand gefolgt war.
    Ein Rascheln und Eva fuhr herum. Aber da war nichts.
    »Der einzige Weg geht über den Bus.« Beck hatte endlich den Handwagen abgestellt und ging vor dem Fahrzeugwrack hin und her.
    »Und wie sollen wir unsere Sachen da rüberbringen?« Eva trat gegen den Bus. Nahm das alles denn gar kein Ende? Konnte denn nicht mal etwas glattgehen? Warum musste all das ausgerechnet ihr passieren? Wo war Hans, wo Lea? »Na los, sag schon: Wie sollen wir uns und all die Sachen über das Ungetüm bekommen?!«
    »Keine Ahnung. Aber wir können auch umkehren, wenn dir das lieber ist.«
    »Nein, du hast ja recht.« Plötzlich tat ihr Beck leid und sie legte ihm die Hand auf den Arm. Sie betrachtete sein Gesicht – sie war nicht die Einzige, die allen Grund hatte, mit dem Schicksal zu hadern.
    »Schon gut«, sagte Beck. Er ging an den Unterboden des Busses. Wie eine Wand ragte der vor ihm auf. Ärgerlich trat er dagegen. »Wa rum muss die Kiste auch auf der Seite liegen?! Wäre er auf den Rädern stehen geblieben, könnten wir ganz bequem auf der einen Seite rein-und drüben wieder rausklettern!« Alles schien wie verhext. »Deshalb ist der Escort vorhin auch wieder zurückgekommen! Und ich dachte schon, die winken uns, weil sie uns so nett finden.« Er ging an die Stelle, wo das Heck des Eurostars die Felswand berührte und lehnte sich mit dem Rücken an die verkohlte Unterseite, die ihn mit zweieinhalb Metern deutlich überragte. »Wenn ihr mir auf die Schultern klettert, kommt ihr hoch. Dann geb ich euch die Sachen und den Wagen und drüben lassen wir alles wieder eins nach dem anderen runter. So müssten wir es schaffen.«
    »Scheint die einzige Möglichkeit zu sein. Auf den Abschleppdienst zu warten, hat wohl wenig Sinn. Na, dann los.« Eva stieg in Becks vor dem Bauch gefaltete Hände, kletterte ihm auf die Schulter und von da aus weiter auf die Seitenfläche des Eurostars, die jetzt zuoberst lag. Während Beck von unten gegen Evas Fußsohlen drückte, rutschte die auf dem Bauch weiter, bis sie endlich ein Knie nachziehen konnte und sich schließlich aufrichtete.
    »Sei vorsichtig«, sagte Beck.
    Unter ihren Füßen glänzten die Reste der ursprünglichen Lackierung des Busses – grellgelbe und hellblaue Farbe hatte Blasen geworfen, die jetzt bei jedem Schritt knirschten wie splitterndes Eis. Von einem überdimensionierten Werbeslogan waren nur noch die Fragmente … anen-Rei … und … mburg … übrig geblieben. Da, wo im Normalfall getönte Fenster hingehörten, befanden sich fünf quadra-tische Löcher. Die vordere Tür stand offen,

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