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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Hildegund Teufel, der Gastgeberin, Bea Baumgärtner, Eisele und Faust. Zuletzt stellte er ihnen Martin Kiefer vor, der im Schatten neben dem Kachelofen stand und so kaum zu erkennen war. »Er kümmert sich um die Sicherheit in unserem Ort«, erklärte Basler Kiefers Anwesenheit. Eva spürte Unbehagen.
    Kiefer hatte dem Rat soeben vom Vorfall mit Hermann Fuchs berichtet und dass dieser Richtung Stühlingen geflohen wäre. Alle Nachforschungen, so Kiefer, seien vergeblich gewesen. Offensichtlich habe der Mann, der Evas Begleiter überfallen hatte, erfolgreich das Weite gesucht.
    »Ich wollte gerade gehen.« Kiefer nickte den Ratsmitgliedern kurz zu, nahm sein Gewehr, das neben dem Ofen in einer Ecke lehnte, und drängelte sich am Pfarrer, an Eva und Thomas vorbei. Thomas starrte ihn an und als sich die Augen der beiden so unterschiedlichen Männer kurz trafen, war es Thomas, als ob Eiswasser in seine Adern gegossen würde. Er fror und alle Härchen seines Körpers stellten sich auf. Aber der Blickkontakt dauerte nur einen Sekundenbruchteil, dann hatte Kiefer das Haus verlassen.
    Vorsicht, flüsterte Nummer drei.
    Die Stimmen waren zurück!
    Roland Basler bot dem Pfarrer, Eva, Eckard Assauer und Thomas Stühle an, während die alte Frau, in deren Haus sie sich aufhielten, drei Tassen Pfefferminztee brachte. Thomas streichelte seine Tasche und wünschte sich, er hätte den Mut, die alte Frau (Teufel! Sie heißt Teufel! Wir sind in der Höööllle!) nach Melissentee zu fragen.
    »Weswegen wir Sie zu uns gebeten haben …«
    »Du hast sie hergebeten«, verbesserte Bea Baumgärtner, »wir ha ben erst vor ein paar Minuten von deiner Einladung erfahren.« Die Unzufriedenheit in ihrer Stimme konnte keiner überhören.
    »Also«, nahm Basler erneut Anlauf. Er wandte sich jetzt direkt an Assauer und Thomas. »Der Grund ist, dass die allgemeine Situation im Dorf Ihr Erscheinen hier zu einer Belastung für die Allgemeinheit macht. Unsere Lebensmittelvorräte gehen zu Ende. Wir können es uns also auf Dauer nicht leisten, Fremde aufzunehmen und«, er zögerte einen Moment auf der scheinbaren Suche nach der korrekten Formulierung, »durchzufüttern.«
    »Was Roland sagen will«, übernahm Hildegund Teufel (Nummer drei freute sich, den Leibhaftigen sprechen zu hören), »jeder, der hier ist oder bleiben will, muss, so hart dies auch klingen mag, für die Gemeinschaft einen Beitrag leisten.«
    »Ich möchte nicht bleiben«, sagte Eckard Assauer. Er hatte sich von seinem wackligen Gartenstuhl erhoben und sah in die Runde. »Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, wo ich hin soll. Alles, was ich hat te, liegt dort oben begraben.« Er deutete in die Richtung, in der er das Hardt vermutete. Er öffnete den Mund, als wolle er noch etwas sagen, überlegte es sich aber anders und setzte sich wieder.
    »Und was ist mit Ihnen?« Basler sah Thomas an, der daraufhin hinter dem Schutz seiner Aktentasche in sich zusammensank. »Wie sehen Ihre Pläne aus?«
    »Er hat keine Pläne«, antwortete Eva an Thomas’ Stelle. Sie erklärte kurz, wie sie und Thomas sich kennengelernt hatten. Dann erzählte sie von seinem Elternhaus.
    »Er ist …«, Baslers Lippen umspielte ein zynisches Lächeln, »er ist krank, oder?«
    »Er kann arbeiten wie du und ich«, konterte Eva.
    »Warum antwortet er nicht selbst? Sind Sie stumm?« Thomas rutschte noch ein Stück tiefer. »Sie machen nicht den Eindruck, als ob Ihre Anwesenheit dem Dorf viel Nutzen bringen könnte.«
    Nein! Nein, wir müssen bleiben! Sie ist der Teufel! Oder des Teufels Großmutter! Wir müssen bei ihr bleiben! Hier ist unsere Heimat. Wo der Teufel ist / da will ich sein. / Woanders / bin ich nur allein.
    Frieder Faust spielte mit einem leeren Schnapsglas, das vor ihm auf dem Tisch stand. Ihm missfiel die Art und Weise, in der Roland Basler das Gespräch führte. »Du hast der kleinen Sutter – Jessika – helfen können?«
    Eva nickte.
    »Was für Medikamente hast du eigentlich mitgebracht?«, wollte Basler wissen.
    Eva zögerte. Irgendetwas missfiel ihr heute an Roland Basler. Sie kannte ihn nicht sonderlich gut. Bis auf ihre Scheidung von Martin Kiefer hatte sie nie einen Anwalt gebraucht, noch waren sie und Basler in den selben Vereinen. Sie kannten sich vom Sehen und hatten in all den gemeinsamen Jahren hier im Dorf selten ein Wort miteinander gewechselt. Seine neue Rolle hier überraschte Eva, aber sie hatte ihn auch nicht im Gasthaus reden hören. Was, fragte sie sich, was interessierten

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