Rattentanz
heimkommst und dir mit ihr einen gemütlichen Abend bei Kerzenschein machst. Lea und dieser Assauer wohnen ja jetzt bei Eva, Bubi patrouilliert durchs Dorf – ihr habt also sturmfrei!«
»Sie wird sich freuen, wenn ich ihr sage, wem sie das zu verdanken hat.«
»Also komm.«
Schweigend gingen die beiden Männer nebeneinander her durch das stockfinstere Dorf. Hinter wenigen Fenstern flackerten noch Kerzen, die meisten Menschen schliefen bereits, erschöpft von einem weiteren Tag eines fremden Lebens. Eisele überlegte, wo man einen Wasch platz am Dorfbach einrichten konnte, während sich Faust mit feuchten Händen und schlechtem Gewissen der Vorfreude auf den Wein hingab. Er spielte in der Hosentasche mit seinem Klappmesser, öffnete und schloss mit dem Daumennagel den Korkenzieher – ein nervöser Automatismus.
»Was hältst du von der Stelle am Ortsausgang, ein Stück unterhalb Gehringers Haus?«, fragte Eisele unvermittelt.
»Wie?«, fuhr Faust aus seiner Vorfreude. »Welche Stelle?«
»Der Waschplatz. Am Ortsausgang wäre ideal, wenn auch etwas weit, für euch zum Beispiel oder die, die in der Nähe der Kirche wohnen. Aber der Platz wäre ideal. Das Wasser fließt ziemlich schnell dort, es gibt viele große Steine im Bach, auf denen man stehen kann und die Straße führt unmittelbar daran vorbei.« In der eben zu Ende gegangenen Versammlung hatte Bea sie auf das Problem aufmerksam gemacht. Seit gestern wusch immer wieder einmal jemand seine Wä-sche im Dorfbach, allerdings nicht an einer bestimmten Stelle, sondern immer gerade dort, wo es am bequemsten war. Dumm war dabei nur, dass für viele die bequemsten Stellen oberhalb der Trinkwasserentnahmestelle und der Viehtränke lagen. Lydia Albicker hatte deshalb heute ihre Tiere nicht am vorgesehenen Platz tränken können, da sich an diesem dicker Schaum am Ufer auftürmte. Kurz zuvor hatten zwei Frauen nur wenige Schritte oberhalb mit reichlich Waschmittel ihre Kleider im Bach gereinigt.
»Kannst du dich morgen mal darum kümmern? Ich muss mit meiner Treibstoffgeschichte weitermachen und Anne Gehringer braucht auch noch Hilfe. Es hat den Anschein, als ob keiner noch nennenswerte Vorräte im Haus hat.«
»Wohl eher keine offensichtlichen. Ich wette mit dir, neunzig Prozent der Angaben, die Anne bekommen hat, sind falsch. Und zwar falsch zum Vorteil des Einzelnen.«
Eisele nickte. »Was macht Roland eigentlich? Hat der eine Aufgabe übernommen?«
»Er regiert, vermute ich«, antwortete Faust. »Und redet den ganzen Tag mal mit diesem und jenem und gibt kluge Ratschläge. Aber die meisten finden das offensichtlich in Ordnung so, jedenfalls hat sich bei mir noch keiner darüber beschwert.«
»Vorhin, das hat ihn mächtig gewurmt! Aber gut, dass du uns einen Tipp gegeben hast, was Basler vorhatte und gut, dass wir uns alle einig waren. Will der die Männer einfach wegschicken!«
»Ein kleiner Schuss vor den Bug hat noch keinem geschadet. So kapiert er vielleicht, dass wir ihn nicht zum Alleinherrscher gekürt ha ben«, sagte Faust.
»Kann es sein, dass wir den Falschen zum Chef ernannt haben?«
»Ist ja nicht auf ewig«, wiegelte Faust ab. Er wollte endlich den Wein. »Entweder gehen die Lichter bald wieder an, dann kann sich Bas ler wieder in seiner Kanzlei verkriechen, oder wir warten die paar Wochen bis zur nächsten Wahl ab und sehen dort, ob die Leute mit ihm zufrieden waren oder nicht.«
»Ich bewundere dich manchmal. Du machst die ganze Arbeit und der erntet die Lorbeeren.«
Sie standen vor Eiseles Elternhaus. Leise, um niemanden zu wecken, öffnete Eisele die Tür. »Du solltest eigentlich seinen Job haben, du hattest die meisten Stimmen.«
»Ist doch egal. Wir ziehen schließlich alle am gleichen Strang und im Gegensatz zu ihm stehe ich nicht gern im Rampenlicht. Es muss halt auch solche Politikertypen geben. Letztendlich geht es doch um die Sache, nicht um den Einzelnen.«
»Dir geht es vielleicht um die Sache, Basler bestimmt nicht. Je mehr Zeit vergeht, desto komischer wird er. Und egoistischer. Ihm ist die Sache vielleicht schon egal, ihm geht es nur um sich.« Eisele verschwand im Haus und kehrte wenige Minuten später mit einer Flasche billigem Rotwein zurück.
»Was bin ich dir schuldig?« Faust hielt sein Portemonnaie in der Hand.
»Spinnst du?!« Eisele spielte den Entrüsteten. »Sollten die Geschäfte irgendwann wieder öffnen, bringst du mir einfach eine neue.«
»Danke, Mann.«
»Also – komm gut heim. Und viel Spaß heute
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