Rattentanz
Notruftelefon und torkelte zur Seite.
Und schon schlägt er uns mit seiner Rute den Schääädel ein, der Gute! Thomas blieb am Boden hocken und hielt sich den schmerzenden Kopf. Von draußen hörte er undeutlich zuerst Schritte, wenig später verschwommene Stimmen. Er hatte solche Angst! Er war allein, fühlte sich so unendlich einsam und hilflos und diese Angst, diese schreckliche Angst, sie fraß ihn auf, nagte an ihm.
Lieber, guter Weihnachtsmann / komm, wirf deine Knarre an! / Denn wir waren niemals brav / und nun ist Zeit für ew’gen Schlaf! Hihihi, dichtete die schrille Stimme in seinem Kopf frei nach einem alten Kinderreim.
Thomas hielt sich die Ohren zu. Und dann noch diese endlose Dunkelheit! Kein Schatten, kein Licht, kein Hoffen – nur Angst, Angst, Angst!!! Er begann zu wimmern, wimmerte leise wie ein einsames Kind, das erschöpft nach endlosem Rufen die Hoffnung aufgegeben hatte und nur noch leise weinen kann.
Hättest du doch die Treppe genommen, wie ich gesagt habe!
»Nein«, wimmerte Thomas, »bitte.«
Jedes Zeitgefühles beraubt, ohne Orientierung und Ausweg, konzentrierten sich alle Sinne in ihm auf das Hören. Und was er hörte, machte ihm Angst, mehr Angst als die Drohungen seiner Mutter, wenn er einmal wieder – Nebenwirkung eines seiner Medikamente – während des Essens eingeschlafen war (»Wir bringen dich weg!«), mehr Angst noch als Nummer drei: Schreckliches wird mit uns ge schehen, huaaah.
Wer hatte geschossen? Und warum? Warum rettete ihn niemand? Warum ließ man ihn so allein?
Sein Wimmern wurde lauter, schon hörte man das undeutliche Schluchzen im Treppenhaus, da schrie er plötzlich aus vollem Hals …
Ja doch, zeig ihm, wo wir uns verstecken!
… Thomas sprang auf und schlug mit den Fäusten gegen die Stahltür seines Gefängnisses …
Nein! Nein! Wir stürzen ab!
… er sprang im Aufzug herum, verzweifelt, mit weit aufgerissenen Augen, die doch nur blind in die Dunkelheit starrten. Er schrie …
Lauter, hihi, wir müssen noch lauter schreien!
Nein, sei still! Oder vielleicht doch? Schrei etwas leiser, nur ein biss chen …
Lasst ihn! Er macht das schon richtig!
… schrie, bis ihm der Hals schmerzte und nur noch undeutliches Krächzen über seine Lippen kam. Noch zwei-, dreimal schlug er gegen die Kabinenwand, dann sank er auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Gehört hatte ihn niemand.
Warum nur, warum?
Warum?
28
21:38 Uhr, Krankenhaus Donaueschingen, OP-Trakt
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Mehmet stützte Ritter. Fuchs folgte ihnen aus dem schwarzen Raum auf einen neuen Flur, von dem aus es in die verschiedenen Operationssäle ging. Ohne Orientierung und ohne etwas zu sehen stolperten die drei Männer ausgerechnet in den einzigen fensterlosen Raum des ganzen Traktes. Gestank schlug ihnen entgegen. Fuchs zog die Tür hinter sich zu und lehnte sich schwer atmend dagegen. Das Geldbündel war noch da. Sehr gut.
Von draußen hörten sie, wie der Bulle gegen einen der Schränke stolperte. Sie hörten sein Fluchen und den Lärm, den der zerberstende Glasschrank machte.
»Los! Weiter!« Ritter schubste Mehmet vor in die Dunkelheit, ge gen einen Operationstisch.
»Was für’n Dreck ist das denn?!« Mehmet versank mit beiden Hän den im lauwarmen Gedärm eines Mannes, dessen Operation, als das Notstromaggregat ausfiel, ein jähes Ende gefunden hatte. Der allein ope rierende Chirurg und der Anästhesist hatten daraufhin alles stehen und liegen gelassen und waren ihren Kollegen gefolgt, die ihre Pa tienten schon lange im Stich gelassen hatten. Sie gingen zu ihren Familien.
Mehmet ahnte, worin sich seine Hände befanden. Er stand da wie paralysiert, unfähig, sich zu bewegen, unfähig zu einem klaren Gedanken und seine Stimme überschlug sich.
»Halt die Klappe!«, befahl Ritter, aber der Junge war nur noch Ekel und Angst. Er quiekte wie ein Schwein, dem man gerade die Hoden abgetrennt hat. Trotz der absoluten Dunkelheit hielt er die Augen fest geschlossen und Arme und Hände steif von sich gestreckt. Er ekelte sich, warmes Gewebe umspülte seine Finger und Flüssigkeiten und es stank so abscheulich!
Fuchs tastete nach dem Jungen und als er ihn gefunden hatte, pack te er ihn an den Schultern und zog ihn weg. Etwas, das sich wie ein glitschiges Seil anfühlte, verhakte sich am Verschluss der dicken goldenen Kette, die Mehmet am Handgelenk trug und folgte ihm durch den Raum.
»Da ist noch was, da hängt irgendwas!!!«
Beck war mittlerweile auf der anderen Seite der Tür
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