Raumfahrergarn
Um sicherzugehen, baute sie noch einen Filter in den Destillierapparat ein, damit die Mixtur durch keine verdächtigen Substanzen mehr verunreinigt werden konnte. Sie probierte einen Schluck des neuen Destillats und verzog das Gesicht. Es war stark, aber nicht stark genug, um das Verhalten der Schwerweltler zu erklären.
Lunzie lag in dieser Nacht wach auf dem Bett, starrte ans Dach der Kuppel und lauschte dem Blubbern des Destillierapparats.
Wenn Gaber recht hat, grübelte sie und war sich dabei bewußt, daß der Alkohol einige Hemmungen gelöst hatte, wenn Gaber recht hat und ich wirklich ausgesetzt worden bin, dann habe ich nichts verloren. Ich habe nichts aus meiner Vergangenheit zurückgelassen außer das Hologramm von Fiona in meiner Tasche. Ich habe meine Reisen damit angefangen; es ist nur angemessen, daß ich jetzt ohne das Hologramm auskommen muß.
Ich frage mich, wie es Fiona in dieser fernen Kolonie geht. Was würde sie sagen, wenn sie mich jetzt sehen könnte, auf einem ähnlich abgelegenen Planeten, einer weiteren lebensbedrohlichen Situation entronnen, in Gesellschaft von Raubtieren mit langen Fangzähnen? Lunzie seufzte. Warum sollte sich Fiona dafür interessieren? Lunzie wußte, daß sie sich, wenn sie von Ireta auf die ARCT-10 zurückgekehrt war, Zebaras Mannschaft anschließen, nicht mehr davonlaufen und ein interessantes Leben führen würde. Kein großer, böser Perverser hatte neunzehn Menschen auf einem unterentwickelten Planeten zurückgelassen, nur um eine zeitversetzte Ärztin loszuwerden, die als Jonas verschrien war.
Das führte sie wieder zur eigentlichen Triebfeder hinter den Ereignissen zurück: den Planetenpiraten. Sie waren für alles verantwortlich, was ihr seit ihrem ersten Kälteschlaf zugestoßen war. Sie hatten ihr Leben immer wieder durcheinandergebracht: ihr erst ihre Tochter genommen, sie umzubringen versucht und sie dann um ihr Leben fürchten lassen. Irgendwie, selbst wenn sie dafür einen Platz in Zebaras Mannschaft opfern mußte, würde sie das Blatt wenden und gegen die Piraten vorgehen, statt sie ständig in ihrem Leben herumpfuschen zu lassen. Sie hatte in dieser Hinsicht zwar schon ein wenig unternommen, mußte nur wirkungsvoller werden. Sie grinste bei sich. Jetzt, nachdem sie gelernt hatte, wachsam zu sein, konnte das durchaus Spaß machen. Die Mission auf Ireta würde noch einige Wochen dauern.
Mit einem Seufzen begann sie eine mentale Übung, die ihr beim Einschlafen half. Am Morgen war sie mit einer Inventur der Vorratskuppel beschäftigt. Während sie die Vorräte durchsah, fielen ihr allmählich kleine Unstimmigkeiten auf, darunter bei Materialien, denen sie tags zuvor noch Teile entnommen hatte. Sie wühlte sich durch Verpackungsmaterial und stapelte Kisten um, aber es gab keinen Zweifel. Es fehlten mehrere Hemmfeldgürtel, Ladegeräte und tragbare Diskettenlaufwerke. Diverse Behälter waren verschoben worden, um den Diebstahl zu vertuschen. Lunzie sah hastig die Nahrungsmittelvorräte durch. Die ungemein wichtigen Proteinreserven waren nicht angetastet worden, dafür erhebliche Mengen der Mineralpräparate sowie ein Teil der pflanzlichen Kohlehydrate verschwunden.
Die fehlenden Vorräte waren ohne weiteres durch die sekundären Lager zu erklären, die die geologischen Mannschaften eingerichtet hatten. Es gab keinen Grund, warum sie sich nicht selbst bedienen sollten. Lunzie wurde später einen der Mannschaftsleiter fragen.
Aus der Luke des Shuttles sah Lunzie Kai, der gerade vom Shuttle auf dem Hügel herunterkam und sie in der Kraftfeldschleuse traf. »Sie sehen müde aus.«
»Ein Kontakt mit den Thek«, erklärte Kai und gab sich völlig erschöpft. »Ich wünschte, Varian würde einige Kontaktaufnahmen übernehmen, aber sie ist einfach zu ungeduldig, um sich mit den Thek zu unterhalten.«
»Gaber spricht gern mit den Thek.«
»Gaber würde nicht beim Thema bleiben.«
»Den alten Detektoren zum Beispiel?«
»Genau.«
»Was haben sie gesagt?«
Kai zuckte die Achseln. »Ich habe meine Fragen gestellt. Jetzt denken sie darüber nach. Früher oder später werde ich Antworten erhalten.«
Varian gesellte sich zu ihnen, als sie die Kuppel verließen. »Was sagen die Thek?«
»Ich erwarte ein klares Ja oder Nein bei der nächsten Kontaktaufnahme. Aber, was zum Teufel, sollten sie mir nach all der Zeit schon sagen können? Selbst Thek leben nicht so lang, wie diese Detektoren vergraben waren.«
»Kai, ich habe mit Gaber geredet.« Lunzie nahm den
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