Raumschiff 4 - Channa
dicht an die Andockröhre heran. So dicht, daß sie Belazir plötzlich winzig erschien, wie er ungeduldig, von seiner Leibwache umringt, in der
gegenüberliegenden Zustiegsröhre wartete. Er verfügte über einen externen Dateneinspeiser, einen von vielen winzigen Monitoren, die am unteren Rand seines Helminneren
angebracht waren. Es bedurfte einer langen Ausbildung, um die Informationen aufzunehmen, ohne sich dabei ablenken zu lassen. Vor der riesigen Masse des Zielobjekts wirkte sein eigenes Schiff wie ein winziger Lichtpunkt.
»Jetzt«, befahl er. Aber ein Messer ist schließlich auch kleiner als ein Mann, dachte er mit hämmernder Freude.
Serig trat vor und schlug eine gepanzerte Handfläche auf das Schott neben der Kampfschleuse. Der Sturmtrupp füllte den Vorraum aus. Das Deck erzitterte unter ihren Füßen. Durch die externen Sichtgeräte seines Helms konnte Belazir die
Ziehharmonikafalten der Zustiegsröhre ausmachen, die soeben ihre Panzerung ausstreckte. Greifer und Schneidestrahler ragten aus der vorderen Kante hervor wie die Zähne eines hungrigen Ungeheuers. Mit einem leisen Kleng, das durch das ganze Schiff hallte, traf die Röhre ihr Ziel. Dann ertönte ein heftiges weißes Rauschen, als die Waffen eine ovale Öffnung durch Hüllen, Leitungen und Innenwand in das feindliche Fahrzeug schlugen und es mit einer groben Sofortschweißnaht versiegelten.
Aus der unter höherem Druck stehenden Braut pfiff die Luft in die Station.
»Los!« schrie Serig. Die erste Mannschaft sprang vor und trieb eine schwebende, gepanzerte Schwerkanonenplattform vor sich her. »Los, los, los!«
Serig folgte ihnen. Belazir biß sich auf die Zunge,
unterdrückte den Impuls, sofort das Kommando an sich zu reißen. Statt dessen fror er die Gelenke seines Panzers ein und gab der Visierscheibe den Befehl, Serigs Input wiederzugeben, damit er sehen konnte, was dieser erblickte.
»Oh, glatt, sehr glatt«, sagte Simeon mit einiger Bestürzung.
Channa gab ein fragendes Geräusch in der angespannten Stille des Kontrollraums von sich.
»Es fängt schon mal damit an, daß sie schwere
Gefechtspanzerung tragen«, erwiderte er und gab die
Innenaufnahmen wieder.
Die Kolnari trugen Vakuumanzüge mit eigener
Energieversorgung. Die waren gleichzeitig massiver und schlanker als die entsprechende Ausrüstung der
Zentralweltenmarine, von einem sanftmatten Schwarz, und sie bewegten sich darin mit der ruckartigen Schnelligkeit
servogetriebener Systeme. In einer geschlossenen Umgebung wirkten sie noch elefantinischer als in Arnos’ Aufnahmen von Bethel, unbremsbarer. Das Deck donnerte unter ihrem
Gewicht, obwohl sich die Piraten mit fließender Präzision und der fugenlosen Schnelligkeit langer Übung voranbewegten.
Mannschaften aus drei oder mehr Feinden sicherten
Korridorverbindungen; hinter ihnen folgten Techniker, die eine Einrichtung nach der anderen unter ihre Kontrolle brachten.
»Und schaut nur, wie sie sich bewegen«, fuhr Simeon düster fort. »Seht mal.« Er brachte einen Grundriß der Station auf den Schirm. »Energieversorgung, Atmosphärenregelung,
Kommunikationssysteme. Sie kommen auch hierher. Die
haben so etwas schon mal gemacht.«
Und diese
Plasmakanonen, die sie da wie Gewehre mit sich tragen, werden in der Marine von ganzen Mannschaften bedient und gewartet, fügte er bei sich hinzu.
»Ja«, erwiderte Channa, »den Eindruck habe ich auch. Die haben so etwas schon mal gemacht. Aber wo?« Und ist die damalige Station dabei untergegangen? Habe ich eigentlich jemals von einer toten Station gehört? In morbider Fasziniertheit sah sie mit an, wie sich die Einheiten
stationseinwärts bewegten, der Richtung der Leitungssysteme folgend. »Natürlich kommen sie jetzt hierher.«
»Kein Widerstand«, meldete Serig.
Entweder es sind weise Feiglinge, oder sie sind einfach nur weise, dachte Belazir. »Kontrollzentrum sichern! Pol?«
Eine Miniatur des Narbengesichts der Kommandantin der
Hai erschien auf seinem Helmmonitor.
»Meine Leute treffen auf keinen Widerstand«, meldete sie.
»Alle Zielobjekte planmäßig besetzt. Wir haben die Nuß im Knacker.«
»Gut, klanverwandte Kapitänsfrau«, erwiderte er, Er
vertraute Pol mehr als den meisten. Sie hegte keine
Ambitionen, über ihre gegenwärtige Stellung hinauszusteigen.
Jeder, der von seinem Rang und Alter war, war auch zugleich ein gefährlicher Rivale – ein Rivale schon per Definition, und gefährlich, wenn er überlebt hatte und so weit gekommen
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