Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
»Bitte!«
»Du hast gehört, was ich gesagt habe!« Tati blieb unerbittlich. »Geh mit dem Pudel nach hinten in den Lastenraum. Er braucht ein bißchen Bewegung!«
Und damit nahm das Unheil seinen Anfang.
Mißmutig stapfte Micha, den Zwergpudel im Arm, an den Schlafkabinen und Waschräumen vorbei. Durch die Schleuse tappte er in den Lastenraum des Schiffes. Dieser Lastenraum war glattwandig und diente vor allem als eine Art von Raumgeräteschuppen. Im Augenblick befanden sich nur zwei festgelaschte Apparate darin: ein Luftkissenauto und ein kleines Hilfsraumschiff, als Erkundungs-und im Notfall auch als Rettungsfahrzeuge. Die kannte Micha schon, denn in der öden Halle mußte er den Pudel Loulou sowieso von Zeit zu Zeit »ausführen«. Es gab ja keine Straßen mit Bäumen an Bord.
Er setzte den Pudel auf den Boden und rief: »Nun lauf! Lauf schon, marsch!«
Während das Tierchen um die festgelaschten Fahrzeuge herumsauste, blickte Micha in eine Wandkabine, der er bisher noch keine Bedeutung beigemessen hatte. Sie war hell erleuchtet. An ihrer Breitwand befand sich eine mattschimmernde Tafel, die mit Knöpfen in allen Farben übersät war.
Micha ärgerte sich noch immer, daß seine große Schwester ihm verboten hatte, sich weitere Bonbons aus der automatischen Küche zu holen. Plötzlich schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf: Wenn das nun auch ein »Freßautomat« war, so einer wie im Wohnteil des Raumschiffes?
Ein Hilfsautomat vielleicht, falls der andere kaputtging?
Ein Versuch kann nichts schaden, dachte der Kleine. Eilig huschte er in die Kabine. Wahllos drückte er auf alle Knöpfe, die er erreichen konnte. Zu seiner Enttäuschung fiel keine Klappe mit einem Kuchentablett herab, die Wand gab nirgends einen Hohlraum frei, aus dem man Rollmöpse in Folien oder Kekse oder gar Bonbons hätte nehmen können. Aber da war noch ein besonderer Knopf, ein großer, silberner. Während Micha die fünf Finger seiner linken Hand und vier seiner rechten auf neun bunten Knöpfen liegen hatte, betätigte er mit dem rechten Daumen den großen silbernen Knopf. In diesem Augenblick gab es eine Salve von Knallgeräuschen. Fast gleichzeitig flogen ihm einige Sicherungen gegen Stirn, Nase, Kinn – und an den Ohren vorbei. Der silberne, der das bewirkt hatte, saß fest. Aber das merkte Micha vor Schreck nicht. Selbst wenn es ihm aufgefallen wäre, er hätte doch nicht begriffen, was hier geschehen war.
Nach einem Augenblick stummen Entsetzens schrie er laut auf und rannte aus der Kabine. Plötzlich ging ein furchtbarer Stoß durch das ganze Raumschiff. Micha stürzte zu Boden. Wuff, hörte er das verstörte Bellen des Pudels, wuff, wuff!
»Hilfe!« schrie Micha. »Hilfe!« Er konnte nicht aufstehen. Es schien ihm auf einmal, als klebe er am Fußboden. Er versuchte, Arme und Beine zu rühren, aber seine Glieder waren schwer wie Blei. Neben ihm lag der winselnde Pudel.
Jetzt ahnte Micha, daß etwas Furchtbares passiert war. Durch den Druck auf die Knöpfe hatte er das Unheil ausgelöst!
Womöglich ist das Raumschiff auseinandergebrochen, dachte er. Es wurde ihm vor Angst eiskalt. Vielleicht rasten die anderen mit dem Wohn-und Kommandoteil durchs All, während er und der kleine Hund allein im Lastenraum weiterflogen?
Doch da schwankte der Boden unter ihm und Loulou. Fast schien er zurückzuweichen. Gleichzeitig legte er sich in Flugrichtung schräg nach unten, und Micha und der Pudel rutschten gegen eine Trennwand. Wau-au – Loulou jaulte laut auf. Micha aber stieß sich den Kopf so sehr an, daß er bewußtlos wurde.
Im Vorderteil des Raumschiffs war die Hölle los. Eine Sirene heulte schauerlich, Klingeln schrillten, an den Wänden blitzten Lichtzeichen auf. Die Maschinenstimme des Sprachanalysators ertönte: »Alarm, Alarm, alle Mann auf Position – auf Position ...«
Henri war vom Sessel vornüber auf den Himmelsvisor gefallen. Anscheinend funktionierte der Mechanismus nicht mehr, der das Innere des Monitor künstlich im Lot hielt. Wenn das aber so war, dann schoß das Raumschiff in die Tiefe, auf einem Kurs, den niemand eingestellt hatte!
Aus der Küche kamen Prosper und Gérard mit ihren angebissenen Tortenstücken gerutscht. Tati folgte mit einem zerdrückten Pappbecher. »Was ist denn los?« versuchte sie den Lärm zu übertönen.
Gérard hielt sich an einem Sessel fest. »Das künstliche Schwerkraftzentrum ist gestört!« brüllte er. »Merkt ihr es nicht? Einmal sind wir zu schwer, einmal zu leicht! Da ist was
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