Raus aus dem Har(t)z IV!
Umschläge und beim Abheben dieses Geldes musste ich mich ansehen lassen, als sei ich eine Bankräuberin. Erst hat die Frau am Schalter meinen Ausweis geprüft, als sei ich eine Fälscherin, dann wurde der Filialleiter dazu geholt, der dann wieder alles mehrmals prüfte. Wie eine Bittstellerin kam ich mir vor, dabei wollte ich nur das haben, was im Laufe der Monate eingezahlt wurde. Man konnte sich schon sehr, sehr klein fühlen in einer mächtigen Bank. Ob dieses Gefühl gewollt ist von den Schnöseln im Schlips? Wer weiß das schon so genau.
Der Abend kam und wir saßen wieder an jenem Esstisch, an dem alles anfing. Dieses Mal ohne Weit aus dem Pappkarton, stattdessen eine Flasche und auch unsere Stimmung war nicht so gedrückt, wie sie vor einem Jahr gewesen ist. Es lag ein Hauch von Anspannung in der Luft, niemand außer mir kannte die genauen Zahlen und die Summe, die gleich jeder erhalten würde. Keiner von uns musste auf sein Leben verzichten in den vergangenen Monaten. Wir haben es nur auf dem Niveau weiter gelebt, wie vor dem Tag, an dem unser Projekt anfing. Der einzige Unterschied war der, dass wir es bewusst so weiter lebten und auf große Sprünge verzichteten. Es sollte so viel wie möglich im Topf bleiben, um gezielt und gewinnbringend weiter investiert zu werden. Alles für das Projekt, alles für den Erfolg. Alles für diesen Tag. Für diesen Abend!
Nachdem wir mit einem Glas Rotwein angestoßen haben, setzte ich an, eine kleine Rede zu halten. Heute war ich diejenige, die lange geübt und vorbereitet hatte, nur um einige Worte des Dankes sagen zu können. Ich fasste mir ein Herz, riss mich zusammen. „So, meine Lieben,“ fing ich an und sah in die Augen der Drei, die gespannt auf das, was ich sagen würde, am Tisch saßen: „also ich möchte Euch zuerst für alles danken. Danke, dass wir uns kennen gelernt haben, danke dafür, dass Ihr mich so etwas wie ‚aufgenommen‘ habt und vor allem Danke, dass wir so ein gutes Team sind.“. Ich fühlte mich bei diesen Worten schon fast so, als wenn ich jeden Moment anfangen würde loszuheulen. Aber es war so, ich war wirklich so dankbar, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Die Drei haben mit dafür gesorgt, dass jetzt ein Jahr hinter mir lag, das mein Leben total umkrempelte. „Ihr habt mir einfach gezeigt, was alles möglich ist, wenn man es will. Danke!“ Ich erhob mein Glas und wir prosteten uns zu. Ich konnte einfach nicht weiter reden, wollte ich mir nicht die Blöße geben, losheulen zu müssen. Aber es war so. Ich war emotional aufgewühlt und bei meinen eigenen Worten fiel mir erst auf, dass ich es tatsächlich nur den Dreien verdankte. Mein Leben war nicht mehr das, was es noch vor einem Jahr gewesen ist. „ Danke Dir für alles .“ Michael ergriff meine Hand und drückte sie sanft zu, während er mir das sagte. In seinen tiefblauen Augen sah ich, dass es ihm ebenso wie mir gegangen sein musste und das was mich aus diesen Seen anstrahlte, war weit mehr als rein ‚geschäftlich‘. Jetzt musste ich doch einer Träne freien Lauf lassen. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten und die angestauten Emotionen kamen aus mir heraus, wie aus einem Springbrunnen, aus dem das Wasser in die Höhe schießt. Tobias und Stefan saßen nur da und wussten nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Nie hatten sie mich emotional gesehen, nie meine Gefühle entdeckt oder mich nie in einer Lage erlebt, in der ich nicht alles unter Kontrolle hatte. Anders als Michael, der mich deutlich besser kennen lernen durfte. Aber an diesem Abend war alles anders als zuvor. Meine Gefühle fuhren Achterbahn in mir. Polterten nur so herum, dass ich mich nur schwer wieder in den Griff bekam. „Entschuldigung,“ sagte ich in die Runde während ich mich schnäuzte und mir die Augen mit dem Papiertaschentuch abtupfte „aber das ist alles so wunderbar. Ich kann es kaum glauben.“. „ Ach Kleene, jetz heul doch nich. Wir sind doch hier und haben Dich auch lieb .“ Irgendwie schien Tobias nicht zu wissen, was er sagen sollte und versuchte es mit diesem Allgemeinplatz. Es half nicht wirklich, aber ich rang mir ein Lächeln ab und wischte die letzten Überreste meines Ausbruches weg. Ein Moment, den ich am liebsten eingefangen und für immer bewahrt hätte.
Ich nutzte den Moment und holte die Umschläge, die ich vorbereitet hatte aus der Küche. Vier Stück, für jeden einer und ohne Namen. Da ohnehin jeder den gleichen Anteil erhalten würde, war es
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