Raus mit der Sprache
Angstpegel wird die Situation nicht als herausfordernd, sondern als schwierig oder gar bedrohlich erlebt. Die eigenen Möglichkeiten, die Situation erfolgreich zu bestehen, werden als unzureichend eingeschätzt, unabhängig davon, ob sie es tatsächlich oder nur vermeintlich sind.
Nicht genug damit: Auch die negativen, unerwünschten Konsequenzen der eigenen Unzulänglichkeit werden gedanklich vorweggenommen und das Versagen und damit der »Verlust an Ansehen« antizipiert.
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Die Auslöser
Welche Faktoren lösen nun die geschilderten Symptome aus?
Da ist einmal die Fremdheit bzw. Vertrautheit mit der Situation, den Personen und dem Thema. Je fremder die Situation, die Personen, das Thema, umso größer sind Aufregung und Angst. Allerdings kann es, wenn auch seltener, umgekehrt sein: Für einige ist die Angst im vertrauten Personenkreis |28| größer als unter Fremden, etwa weil sie das Bild, das sie von sich etabliert haben, nicht beschädigen wollen.
Die Anzahl der Anwesenden spielt eine große Rolle, wie wir an den Beispielen gesehen haben. Was in einer Gruppe von zwei bis fünf Teilnehmern noch spielend läuft, bereitet bei 20 Personen und mehr fast unüberwindbare Probleme.
Ein wichtiger Faktor ist der Status und die Qualifikation der Anwesenden. Was unter Kommilitonen noch gelingt, ist bei Anwesenheit von Dozenten, Professoren oftmals nicht mehr möglich.
Dann haben wir gesehen, dass es einen Unterschied macht, ob man sich freiwillig melden kann oder ob man aufgefordert wird, etwas zu sagen.
Ebenfalls wesentlich ist die Beherrschung des Themas. Die Beispiele zeigen, dass selbst bei guter Vorbereitung die Kontrolle über die eigenen Gedanken, das Vorbereitete verloren gehen kann. Das Risiko wächst, wenn man über das Thema nicht genug weiß.
Schließlich ist die Bedeutsamkeit der Situation entscheidend für die Anspannung/Angst. In einer Prüfung, von der ja einiges abhängt, ist sie wiederum größer als in einem Seminar.
Ich möchte Sie jetzt bitten, einmal innezuhalten und zu notieren, welches bei Ihnen die Faktoren sind, die den Grad der Anspannung und Nervosität beeinflussen. Machen Sie dies so detailliert wie möglich. Vielleicht sind bei Ihnen zusätzliche oder andere Faktoren bestimmend. Schreiben Sie spontan auf, was Ihnen dazu einfällt, und achten Sie auf die Faktoren dann eine Woche lang in den verschiedenen Seminaren und Redesituationen.
Das Ziel ist, dass Sie für sich eine Hierarchie von Redesituationen mit steigendem Schwierigkeitsgrad erstellen, von leicht bis schwer, so dass Sie mit dem Üben in der vergleichsweise leichten Situation anfangen und allmählich stufenweise bis zur schwierigsten fortschreiten können.
Ein anderes Vorgehen wäre das so genannte »flooding«, das heißt man fängt umgekehrt mit der schwierigsten Situation an. |29| Wenn diese bewältigt ist, sind auch die weniger schwierigen schon mitbewältigt. Nach meinen Erfahrungen ist jedoch die zuerst skizzierte Vorgehensweise Erfolg versprechender.
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Der »Teufelskreis«
Da für uns das Reden vor einem Publikum keine routinierte Alltagssituation ist, sind Aufregung, Anspannung und Nervosität zunächst einmal eine ganz normale Stressreaktion.
Der Grad der Aufregung, Anspannung, Nervosität wird individuell unterschiedlich von verschiedenen Faktoren beeinflusst und macht sich in unterschiedlichen Symptomen bemerkbar.
Je nach den Erfahrungen, die jemand bislang in Redesituationen gemacht hat, beeinträchtigen ihn oder sie diese körperlichen Reaktionen unterschiedlich stark. Man kann sie als normale Begleiterscheinungen, die zum Redebeitrag dazugehören, interpretieren und sich im weiteren Verlauf auf seinen Redebeitrag konzentrieren. Man kann sie auch als Angst interpretieren. In diesem Fall richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Selbst, wodurch die körperlichen Reaktionen verstärkt werden, was wiederum die Angst vergrößert – ein Teufelskreis.
Verschlimmert wird das Ganze noch, weil durch die Beschäftigung mit der Angst Aufmerksamkeit und Konzentration auf den Gegenstand, auf das, was zum Thema gesagt wird, verloren gehen. Zu der subjektiv empfundenen Unsicherheit kommt jetzt noch eine objektive Unsicherheit hinzu, weil man nicht mehr alles mitbekommt. Wenn man realisiert, dass ein Teil an einem vorbeigerauscht ist, dann verstärkt auch das die körperlichen Symptome, und diese verstärken wiederum die Angst, was dazu führt, dass man noch weniger vom Inhalt erfasst –
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