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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sekunden, aber er machte trotzdem keine Anstalten, dem Befehl des Inspektors Folge zu leisten. »Es tut mir leid, Inspektor«, sagte er stur. »Aber meine Anweisungen sind klar. Ich soll auf das Kommando warten. Wir können nicht ein Dutzend Züge in den Tunnel schicken. Sie machen sich wahrscheinlich keine Vorstellung, was dort vorne los ist, aber ...«
    Cards Vorrat an Geduld war nun endgültig aufgebraucht. Ohne ein weiteres Wort trat er auf Benson zu, packte ihn grob bei den Jackenaufschlägen und schüttelte ihn. »Hören Sie zu, Sie Schießbudenfigur!«, giftete er. »Entweder fahren Sie jetzt los, oder ich gehe zu Fuß und sorge dafür, dass Sie für den Rest Ihrer Tage Schienen polieren dürfen!«
    Benson erbleichte. »Aber ich habe meine An ...«
    »Es ist mir egal, welche Anweisungen Sie haben!«, schrie Card. »Sie fahren jetzt los! Irgendwo dort vorne sind dreihundert Leute verschwunden, und ich will wissen, warum, ist das klar?!«
    Benson nickte. Mühsam löste er Cards Hände von seiner Jacke, drehte sich um und ging steifbeinig nach vorne. Der Schaffner folgte ihm nach einem letzten, ängstlichen Blick in Cards zorngerötetes Gesicht.
    Raven wartete, bis die beiden Männer außer Hörweite waren. »Glauben Sie, dass das klug war?«, fragte er leise.
    »Ich werde nicht dafür bezahlt, klug zu sein«, gab Card giftig zurück. »Und ich kann mich erinnern, dass Sie es waren, der mir vorhin gesagt hat, wie wenig Zeit wir haben.«
    »Sicher, aber ...«
    »Nichts aber!«, unterbrach ihn Card. Er atmete hörbar ein, starrte einen Moment zu Boden und sprach dann merklich ruhiger weiter. »Sie wissen so gut wie ich, dass wir nicht auf die Männer warten können. Und wenn Ihr Verdacht richtig ist, würden sie uns nichts nutzen. Wenn hier irgendjemand etwas ausrichten kann, dann Sie und ich. Wer immer für das Verschwinden von beinahe dreihundert Menschen verantwortlich ist, hat garantiert dafür Sorge getragen, dass er nicht verfolgt wird. Jedenfalls nicht von einer halben Armee.«
    Die Türen glitten zischend zu, und der Zug setzte sich ruckend in Bewegung. Card griff rasch nach einer Haltestange und klammerte sich daran fest.
    Der Zug fuhr in den Tunnel ein. Vor den Fenstern wurde es dunkel.
    »Glauben Sie, dass Gifford für diese ganze Aufregung verantwortlich ist?«, fragte Raven.
    Card nickte. »Sie können Gift darauf nehmen. Wahrscheinlich hat er gleich, nachdem wir sein Haus verlassen haben, im Buckingham-Palast angerufen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir dort vorne auf eine Abteilung vom Special Air Command treffen würden. Deswegen habe ich es ja so eilig. Gifford beschwört eine Katastrophe herauf.«
    Raven schwieg einen Moment. »Vielleicht auch nicht«, sagte er dann. »Ich gebe zu, dass wer immer hinter dem Ganzen steckt, alles gut geplant hat, aber er wird kaum damit rechnen, so schnell und von einer ganzen Armee verfolgt zu werden.«
    »Und wenn doch, finden wir irgendwo dort unten dreihundert Leichen«, gab Card finster zurück. »Oh nein, mein Lieber, das Risiko gehe ich nicht ein.«
    »Was wollen Sie dann tun? Allein suchen?«
    Card nickte. »Ja. Wenn ich mich irre, dann riskiere ich dabei nur mein Leben. Aber ich rette dreihundert, wenn ich Recht habe. So einfach ist das.«
    Raven wollte etwas darauf erwidern, aber in diesem Moment ging ein weiterer harter Ruck durch den Zug, und er kam mit quietschenden Rädern zum Stillstand. Benson schien doch nicht so gut damit umgehen zu können, wie er behauptet hatte.
    »Wir sind da, Inspektor«, drang Bensons Stimme aus der Fahrerkabine. Er schien es vorzuziehen, lieber nicht mehr herauszukommen.
    Card knurrte etwas Unverständliches, wartete ungeduldig, bis die Türen aufgeglitten waren, und sprang aus dem Zug. Raven folgte ihm dichtauf.
    Der Stollen war nicht zu übersehen. Der heranrasende Zug hatte das Metallgittertor, mit dem er verschlossen gewesen war, regelrecht zerfetzt; die Trümmer waren in weitem Umkreis verteilt und bildeten einen deutlichen Wegweiser. Aus dem halbrunden Tunneleingang drang der Schein unzähliger Taschenlampen, immer wieder durchbrochen vom grellblauen Blitzlicht eines Schweißgerätes. Aufgeregtes Stimmengemurmel und helle Hammerschläge drangen ihnen entgegen, als sie den Stollen betraten.
    Raven war auf das, was sie erwartete, eigentlich vorbereitet. Trotzdem stöhnte er entsetzt auf, als er das ganze Ausmaß der Katastrophe sah. Die beiden Züge waren ineinander verkeilt und teilweise bis zur Unkenntlichkeit

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