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Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm

Titel: Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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keine Scherereien bereiten.«
    »Ich darf die Informationen, die die Polizei mir mitgeteilt hat, nicht weitergeben«, sagte der Arzt lahm.
    »Give some, get some«, antwortete Måns gleichgültig.
    Eine Stunde darauf saß Måns zurückgelehnt auf dem unbequemen Stuhl vor Rebeckas Bett. Seine linke Hand lag lose um ihre Finger, in der rechten hielt er einen braunen Plastikhalter, in dem ein Pappbecher mit glühendheißem Kaffee steckte.
    »Verdammtes Frauenzimmer«, murmelte er. »Wach endlich auf, damit ich dich herunterputzen kann.«
     

 
    FINSTERNIS. Dann Finsternis und Schmerzen. Rebecka öffnet vorsichtig die Augen. An der Wand oberhalb der Tür hängt eine große Uhr. Sie kneift die Augen zusammen, kann aber die Uhrzeit nicht erkennen und weiß auch nicht, ob es Tag oder Nacht ist. Das Licht bohrt sich wie Messer in ihre Augen. Brennt ein Loch aus Schmerzen in ihren Kopf. Ihr Kopf droht zu bersten. Jeder Atemzug besteht aus Schmerzen und Feuer. Die Zunge klebt an ihrem Gaumen. Sie kneift wieder die Augen zusammen und sieht vor sich Vesa Larssons angstverzerrtes Gesicht. »Tu es nicht, Rebecka. Du würdest damit nicht leben können.«
    Zurück hinunter in die Finsternis. Immer tiefer. Abwärts. Fort. Der Schmerz klingt ab. Und sie träumt. Es ist Sommer. Die Sonne strahlt von einem blauen Himmel. Die Hummeln schwirren wir berauscht zwischen den Wiesenblumen hin und her. Ihre Großmutter kniet am Flussufer und scheuert die Flickenteppiche. Die Seife hat sie selbst aus Lauge und Fett gekocht. Die Wurzelbürste jagt hin und her über die Teppichkanten. Auf dem Steg sitzt ein kleines Mädchen und lässt die Füße ins Wasser baumeln. Sie hat in einem Marmeladenglas mit einem Loch im Deckel einen Zimmermannsbock gefangen. Fasziniert betrachtet sie die Wanderungen des großen Käfers durch das Glas. Rebecka macht sich auf den Weg zum Wasser. Ihr ist auf seltsame Weise bewusst, dass sie träumt, und in Gedanken murmelt sie vor sich hin: »Lass mich ihr Gesicht sehen. Lass mich sehen, wie sie aussieht.« Dann dreht Johanna sich um und entdeckt sie. Hebt triumphierend das Marmeladenglas hoch, und ihre Lippen formen das Wort: »Mama.«
     

 
    ES SAH FAST AUS wie eine Weihnachtskarte. Aber eben nur fast. Die Heiligen Drei Könige, die auf das schlafende Kind hinunterblicken. Aber das Kind war Rebecka Martinsson und die Heiligen Drei Könige der stellvertretende Staatsanwalt Carl von Post, der Anwalt Måns Wenngren und der Polizeiinspektor Sven-Erik Stålnacke.
    »Sie hat drei Menschen umgebracht«, sagte von Post. »Ich kann sie nicht einfach laufen lassen.«
    »Das ist doch ein Bilderbuchbeispiel für Notwehr«, sagte Måns Wenngren. »Das müssen auch Sie begreifen. Außerdem ist sie die Heldin des Tages. Glauben Sie mir, die Zeitungen brüten schon die reinsten Modesty-Blaise-Geschichten aus. Zwei Kinder gerettet, alle Schurken umgelegt … Und dann sollten Sie sich ja auch fragen, welche Rolle Sie selbst spielen wollen. Den Arsch, der sie hetzt und ins Gefängnis bringen will? Oder den tollen Typen, der einen Teil der Ehre abkriegt?«
    Der stellvertretende Staatsanwalt schaute unsicher vor sich hin. Seine Blicke flogen zu Sven-Erik hinüber, aber da gab es keine Unterstützung zu holen, nicht einmal ein Stöckchen, worauf er sich setzen könnte. Sie schwebten zurück zur rauen gelben Krankenhausdecke, die unter Rebeckas Matratze sorgfältig festgestopft war.
    »Wir hatten die Medien eigentlich nicht hineinziehen wollen«, sagte er. »Die toten Pastoren hatten doch Familien. Eine gewisse Rücksicht …«
    Unter seinem Schnurrbart saugte Sven-Erik Luft durch seine Zähne.
    »Es wird aber nicht leicht, Presse und Fernsehen herauszuhalten«, sagte Måns gelassen. »Auf irgendeine Weise sickert die Wahrheit immer durch.«
    Von Post knöpfte seinen Mantel zu.
    »Na gut, aber sie muss vernommen werden. Vorher darf sie das Krankenhaus nicht verlassen.«
    »Natürlich. Sowie die Ärzte das gestatten. Sonst noch was?«
    »Ruf an, wenn sie vernehmungsfähig ist«, sagte von Post zu Sven-Erik und verließ das Zimmer.
    Sven-Erik Stålnacke zog seine Daunenjacke aus.
    »Ich setze mich auf den Gang«, sagte er. »Sagen Sie Bescheid, wenn sie zu sich kommt. Ich würde ihr gern etwas sagen. Und ich wollte mir aus dem Automaten Kaffee und ein Stück Kuchen holen. Soll ich Ihnen etwas mitbringen?«
     

 
    REBECKA ERWACHTE. Schon nach einer halben Minute beugte sich ein Arzt über sie. Große Nase und große Hände. Breiter Rücken.

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