Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt
gedacht. Aber dann hätten wir ja einen Krieg gegen unser eigenes Land ausgelöst. Es waren doch schwedische Zollbeamte und schwedische Polizisten und Militärs, die Häfen und Speicher bewachten und die Transporte regelten. Wenn wir besetzt worden wären, wäre es etwas anderes gewesen. Die Deutschen hatten viel mehr Probleme mit dem besetzten Norwegen, mit der Widerstandsbewegung dort und dem unwegsamen Terrain, als mit dem flachen und angeblich neutralen Schweden.«
»Aber was kannst du uns nun über Isak Krekula und sein Fuhrunternehmen erzählen?«, fragte Sivving beharrlich.
»Ich weiß nicht, es gab doch so viele Fuhrunternehmen. Aber ich weiß, dass irgendwelche Fuhrunternehmer hier oben Informanten für die Deutschen waren. Jedenfalls einer. Wir wussten nicht, welcher, aber wir hatten erfahren, dass es ein Fuhrunternehmer war. Das machte uns ziemlich nervös, denn unsere Aufgabe bestand doch zum großen Teil darin, Kari auszubauen und zu versorgen.«
»Was bedeutete das?«, fragte Rebecka.
»Die norwegische Widerstandsbewegung, XU , hatte eine Informationsbasis auf schwedischem Boden, nicht weit von Torneträsk. Die hieß Kari. Der dazugehörige Sender hieß Brunhild. Kari vermittelte Informationen von zehn Unterstationen in Norwegen nach London. Der Sender wurde von einem Windkraftwerk betrieben, war aber in einer Senke gebaut, deshalb konnte man ihn nur bemerken, wenn man sich auf fünfzehn Meter näherte.«
»Gab es in Schweden eine Informationsbasis?«
»Es gab mehrere. Die Sepal-Basen auf schwedischem Territorium wurden mit Hilfe des britischen Secret Service und des amerikanischen OSSD betrieben. Sie waren zuständig für Nachrichtendienste, Sabotage und Rekrutierung und Ausbildung für den Waffen-, Minen- und Sprengdienst.«
»Durch diese Basen konnten die Briten die ›Tirpitz‹ versenken«, sagte Sivving zu Rebecka.
»Sender und Windkraftwerk mussten doch versorgt werden«, sagte jetzt Karl-Åke, »und sie brauchten Proviant und Ausrüstung. Wir brauchten Fahrer und waren immer ziemlich nervös, wenn ein Neuer dazukam, vor allem, wo wir doch wussten, dass ein Fahrer als Denunziant aktiv war. Herrgott, einmal, als ich und ein neuer Fahrer, ein Bursche aus Råneå, auf dem Weg nach Pältsa waren. Maschinenpistolen geladen, müssen Sie wissen. Wir nahmen eine Abkürzung über den Weg nach Kilpisjärvi, den die Deutschen kontrollierten, und sie winkten uns an eine Straßensperre. Plötzlich fing der Fahrer an, mit dem Offizier deutsch zu sprechen. Ich glaubte, dass er mich denunzierte, ich hatte ja nicht einmal gewusst, dass er Deutsch konnte, ich wollte mich schon aus dem Wagen werfen und um mein Leben rennen. Aber der Deutsche lachte nur und ließ uns fahren, nachdem wir ihm ein paar Packungen Zigaretten gegeben hatten. Der Bursche hatte nur einen Witz gerissen. Danach habe ich ihn ausgeschimpft. Er hätte mir ja wohl sagen können, dass er Deutsch konnte! Aber das konnten damals ja viele. Das war die Fremdsprache, die man in der Schule lernte. Sie wissen, wie Sie heute Englisch lernen. Das ist damals also gut gegangen.«
Karl-Åke Pantzare verstummte. Etwas Gequältes trat in seinen Blick.
»Gab es auch Einsätze, wo es nicht so gut ging?«, fragte Rebecka.
Karl-Åke Pantzare griff zum Fotoalbum und schlug es auf.
Er zeigte auf ein Bild, das aussah, wie irgendwann in den vierziger Jahren aufgenommen. Es zeigte einen lächelnden jungen Mann. Er lehnte an einer Kiefer. Es war Sommer. Sonne in seinen blonden Locken. Er war lässig gekleidet, in ein Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine locker sitzende Hose mit nachlässig umgekrempeltem Saum. Die eine Hand umschloss seinen Oberarm, in der anderen hielt er eine Pfeife.
»Axel Viebke«, sagte Karl-Åke Pantzare. »Der gehörte zu unserer Widerstandsgruppe.«
Er seufzte tief und setzte dann hinzu: »Drei dänische Kriegsgefangene waren von einem deutschen Frachter geflohen, als der im Hafen von Luleå lag. Sie landeten hier bei uns. Axels Onkel hatte im Osten von Sävast eine Holzfällerhütte. Die stand leer. Er brachte sie dorthin. Alle sind dort verbrannt. Es wurde als Unglück ausgegeben.«
»Und was glaubst du, was wirklich passiert ist?«, fragte Sivving.
»Ich glaube, dass es eine glatte Hinrichtung war. Die Deutschen hatten erfahren, dass sie dort waren, und brachten sie um. Wir haben nie herausbekommen, von wem sie das wussten.«
Karl-Åke Pantzare kniff die Lippen zusammen.
Rebecka schaute in das Fotoalbum und blätterte
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