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Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt

Titel: Rebecka Martinsson 04 - Bis dein Zorn sich legt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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sie und schüttelt Kerttu.
    Ich sitze auf dem Vordach und lache. Das hier ist eigentlich überhaupt nicht witzig, aber du meine Güte, es kommt mir vor, wie zwei Hühnerbrüsten bei einer Rauferei zuzusehen. Kerttu heult »Loslassen«, aber dann reichen ihre Kräfte nicht zum Reden und zum Raufen gleichzeitig. Keuchend prügeln sie sich, so gut sie das können.
    Anni vor, rufe ich. Gib’s ihr!
    Nur die Raben hören mich. Sie krächzen oben auf dem Scheunendach.
    Anni packt Kerttus Kleid, so fest sie nur kann. Stößt sie gegen das Eisengeländer. Kerttu verpasst Anni eine Ohrfeige. Anni fängt an zu weinen. Nicht, weil ihre Wange wehtut, sondern weil es in ihr drin wehtut. Sie hasst Kerttu, und das tut weh.
    »Verräterin«, bringt sie heraus. »Verdammte …«
    Weiter kommt sie nicht, denn nun knallt Kerttus Stirn gegen ihr Gesicht. Anni muss Kerttu loslassen und taumelt die Treppe hinunter.
    Mit Mühe kommt sie auf alle viere. Weint laut vor Hilflosigkeit und Kummer.
    »Verschwinde«, krächzt Kerttu atemlos. »Verschwinde, ehe ich den Hund auf dich hetze.«
    Und Anni kriecht zum Schlitten und kommt auf die Füße. Stößt den Schlitten vor sich her, humpelt hinterher. Schleppt sich mühsam vom Hof auf die Straße.
    Als sie verschwunden ist, geht Kerttu wieder ins Haus. In der Küche steht Tore.
    »Hast du gehört?«, fragt sie.
    Er nickt.
    »Hjalmar hat den Verstand verloren. Und Anni! Die sind offenbar alle verrückt. Er kann uns ins Elend stürzen. Er denkt nicht nach. Er denkt nicht an dich und deine Familie. An dein Leben!«
    Sie legt eine kleine Pause ein und massiert ihren wehen Rücken, der gegen das Treppengeländer gestoßen ist.
    »Er hat sich nie für dein Leben interessiert. Das wissen wir ja.«
    »Wollte er zur Hütte?«
    Kerttu nickt.
    »Ich nehme euer Schneemobil und fahre hin«, knurrt Tore wütend.
    »Papa überlebt das nicht«, sagt Kerttu und setzt sich mühsam an den Küchentisch. Sie legt den Kopf auf die Arme.
    Es ist August 1943. Es ist eine silberfarbene Holzfällerhütte. Kerttu liegt auf dem Bauch im Wald. Axel Viebke und die drei dänischen Kriegsgefangenen sind in der Hütte verschwunden. Sicherheitschef Schörner sagt leise in ihr Ohr: »Geh zur Hütte und rufe sie.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Nun mach schon«, sagt er. »Danach geht dann alles wie von selbst.«
    Da tut sie es. Tritt vor die Hütte und ruft Axel. Zweimal muss sie seinen Namen rufen.
    Er kommt auf die Treppe. Überraschung und ein Lächeln in seinem Gesicht. Die drei Dänen kommen ebenfalls heraus.
    Und jetzt treten Schörner und die beiden anderen zwischen den Bäumen hervor. Sie tragen keine Uniform, aber die Pistole in Schörners Hand und die Gewehre der Männer sagen alles, was hier gesagt werden muss. Auf gebrochenem Schwedisch befiehlt Schörner Axel Viebke und den Dänen, die Hände in den Nacken zu legen und auf die Knie zu fallen.
    Kerttu starrt das Moos an. Axel soll denken, dass sie auf irgendeine Weise zu diesem hier gezwungen worden ist. Er soll nicht schlecht über sie denken. Aber Schörner errät ihre Gedanken und will diese Art von Betrug nicht zulassen. Er geht zu ihr, noch immer die Pistole auf Axel Viebke gerichtet, und streichelt ihr kurz über die Wange.
    Kerttu sieht den Abscheu in Axel Viebkes Blick nicht, aber sie spürt ihn.
    Schörner zielt mit der Pistole auf Axels Kopf. Er verlangt zu erfahren, wer zu Axels Gruppe gehört.
    Axel sagt, er wisse nicht, wovon Schörner hier rede, er sei nur …
    Weiter kommt er nicht, denn nun entfernt Schörner die Pistole von Axels Kopf und schießt.
    Es dauert zwei Sekunden, dann fällt der eine Däne zur Seite. Blut strömt aus Axels Ohr. Die Waffe ist aus solcher Nähe abgefeuert worden. Die anderen beiden Deutschen wechseln einen raschen Blick.
    Kerttu hat aufgeschrien. Aber jetzt ist der ganze Wald stumm. Ihre Beine geben unter ihr nach. Sie schaut auf ihre zitternden Knie hinunter. Auf dem Boden wachsen hier und da zierliche weiße Sumpf-Herzblätter und Augentrost. Nach einer Weile hört man wieder Vögel in den Bäumen und gurrende Waldtauben.
    Sie starrt Goldenes Frauenhaarmoos und Etagenmoos und Rentierflechte an, während Schörner Axel in den Bauch tritt und ihn zur Hütte schleift.
    Sie hält den Blick auf aufgeblühten Porst und Wacholdersträuche gerichtet, während einer der Deutschen Axel vor der Wand auf die Beine zieht und Schörner Axels Messer nimmt und es ihm so durch die Hand rammt, dass Axel an die silberweiße Wand genagelt

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