Rechtsdruck
und
schwerfälligem Gang auf die Hochzeitsgesellschaft zu, zwängte sich zwischen den
Gästen hindurch, breitete die Arme aus und trat auf Judy Stoddart und Robert Fricker
zu.
»Liebes Brautpaar«, setzte er pathetisch und mit immer noch zur Decke
weisenden Händen an, doch Judy Stoddarts schlagartig erhobener Arm bremste ihn aus.
»Sie sind leider zu unserer Feier nicht eingeladen, Herr Oberbürgermeister«,
erklärte sie dem völlig verdutzt dreinblickenden Zeislinger ebenso freundlich wie
bestimmt. Ihr frisch gebackener Ehemann nickte charmant dazu.
»Deshalb bitten wir Sie, sich auf der Stelle zurückzuziehen. Ich bin
sicher, Sie haben sehr viele wichtige Dinge zu tun, die keinen Aufschub dulden.
Einen schönen Tag noch, Herr Oberbürgermeister.«
Zeislinger wurde innerhalb von Sekunden zuerst puterrrot und danach
kreidebleich. »Aber ich wollte doch nur, das müssen Sie mir glauben, nicht…«, stotterte
er, doch Judy und ihr Mann hatten sich längst wieder ihren Gästen zugewendet. Der
Oberbürgermeister stand wie ein dummer Schuljunge daneben und schluckte.
»Aber …«, machte er einen letzten hoffnungslosen Versuch, bevor er
sich in Marias Richtung drehte, die, noch immer bei Lenz untergehakt, etwas abseits
stand und die Szene beobachtete. Der Bürgermeister ging einen Schritt auf die beiden
zu, hob die rechte Hand und deutete mit dem Zeigefinger auf seine Frau.
»Du«, fauchte er, »das ist ganz allein dein Werk. Dafür werde ich dich
…«
Er stoppte. Offenbar wurde ihm klar, dass es sich nicht gut machen
würde, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau vor den Augen und Ohren so vieler
Menschen zu bedrohen oder zu beschimpfen. Er drehte sich erneut, diesmal in die
Richtung, aus der er gekommen war, und stapfte davon. Als er um die Ecke verschwunden
war, brandete aus der Schar der Hochzeitsgäste spontaner Beifall auf.
Judy Stoddart winkte ab. »Das war das Mindeste, was ich für meine beste
Freundin tun konnte«, erklärte sie mit einem augenzwinkernden Blick auf Maria.
*
»Hattest du dich auf den Auftritt von heute Mittag vorbereitet?«, wollte
Maria wissen, als die beiden Frauen sich nach dem Abendessen vor der Toilette des
Restaurants trafen, in dem die Feier stattfand.
»Ach was. Du weißt, dass ich nie viel von ihm gehalten habe, aber diese
Dummheit hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Robert und ich haben gestern Abend
noch einmal über dich und deinen Nochehemann gesprochen. Dabei streiften wir ganz
kurz das Thema, wie wir uns verhalten, falls er tatsächlich auftauchen sollte, was
ich aber ins Reich der Fabel verwiesen habe. Nun, ich hatte mich geirrt, aber es
ist ja gut ausgegangen.«
Sie nahm ihre Freundin in den Arm. »Oder war es dir nicht recht, wie
wir es gemacht haben?«
Maria fing an zu lachen. »Natürlich war es gut. Diesen Kerl muss man
ausbremsen, bevor er die Menschen auf seine pseudocharmante Art für sich einzunehmen
versucht. Er ist und bleibt nun mal ein Politiker.«
»Aber einer von der übelsten Sorte«, konterte Judy. »Und ich frage
mich beinahe jeden Tag, wie du es so lange mit ihm aushalten konntest.«
»Das frage ich mich mittlerweile auch«, erwiderte Maria ernst. »Es
ist mir absolut schleierhaft, wie ich mir jahrelang das Glück vorenthalten konnte,
das ich jetzt erlebe.«
Judy sah sie zufrieden an. »Ja. Du siehst sehr glücklich aus, seit
das mit Paul und dir wahr geworden ist.«
Ihre Aussprache von Paul klang wie Poul.
»Und das Zusammenleben in der neuen Wohnung klappt immer noch gut?«
Maria winkte ab. »Klar gibt es hier und da mal was, worüber man reden
muss, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr, sehr zufrieden.«
Lenz und sie hatten einen Monat zuvor eine elegante, große Altbauwohnung
im Stadtteil Wilhelmshöhe bezogen. Der Kommissar hatte ihr bei der Einrichtung völlig
freie Hand gelassen und war nur in Erscheinung getreten, wenn etwas in den dritten
Stock, in dem sich die Wohnung befand, zu schleppen war, oder Löcher in die Wände
gebohrt werden mussten für die vielen Dinge, die Maria aufhängen wollte.
»Ich habe meine Freiheit, Freunde, auf die ich mich verlassen kann,
und einen Mann, der mich auf Händen trägt. Was will ich mehr?«
»Vielleicht manchmal ein bisschen weniger zickig sein?«, frotzelte
Judy kichernd.
»Vergiss es. Das hat er gewusst, bevor er ja gesagt hat. Außerdem bin
ich in den letzten Jahren, was das angeht, doch deutlich ruhiger geworden, oder?«
»Mir gegenüber warst du ja nie so schlimm«,
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