Red Rabbit: Roman
sammeln. Dafür hatten sie jedoch bestimmt Verständnis, denn so lief das Spiel nun mal. Er sah auf die Uhr.
»Tja, ich muss langsam nach Hause. Bis morgen also.«
»Schlafen Sie gut«, sagte Harding, als Ryan zur Tür ging. Harding selbst, das wusste Jack, würde noch lange nicht zur Ruhe kommen und als Beamter im mittleren Dienst noch einiges zu tun haben. Aber, sagte er sich draußen auf der Straße, so ist nun mal das Leben in der großen Stadt.
»Was haben Sie Ihren Leuten erzählt, Bob?«, fragte Judge Moore.
»Was Sie mir gesagt haben, Arthur. Der Präsident will Bescheid wissen. Bisher keine Rückmeldung. Sagen Sie dem Boss, er wird Geduld haben müssen.«
»Habe ich bereits getan«, erwiderte der DCI. »Er war nicht gerade begeistert.«
»So Leid es mir tut, Judge, auch ich kann den Regen nicht daran hindern zu fallen. Es gibt viele Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben, und eins davon ist die Zeit. Er ist doch ein großer Junge, das wird er doch wohl verstehen, oder etwa nicht?«
»Schon, Robert, aber er macht sich Sorgen um Seine Heiligkeit, nachdem sich der Papst ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt hat …«
»Wir finden ja auch, dass das ein bisschen zu viel des Guten war. Aber die Russen werden doch wohl besonnen genug sein, ihm über diplomatische Kanäle die Leviten zu lesen, und ansonsten erst einmal abwarten und hoffen, dass sich die Aufregung wieder legt…«
»Das wird nicht funktionieren, Bob«, bemerkte Admiral Greer. »Er ist bekanntlich nicht der Typ, der sich zurückpfeifen lässt, oder?«
»Nein«, gab Ritter zu. Dieser Papst war niemand, der in wichtigen Fragen Kompromisse einging. Er hatte schon einiges mitgemacht, von Hitlers Gestapo bis zu Stalins NKWD, und er hatte seine Kirche zusammengehalten, indem er sich geradezu hinter einer Wagenburg verschanzte, wie man das aus zahllosen Western von den Siedlern im Kampf gegen die Indianer kannte. Er hätte es wohl kaum geschafft, die Kirche in Polen lebendig zu erhalten, wenn er in wichtigen Fragen nachgegeben hätte. Und indem er sich nicht hatte einschüchtern lassen, hatte er sich genügend Glaubwürdigkeit und politische Stärke bewahrt, um der anderen der beiden Supermächte drohen zu können. Nein, dieser Mann würde nicht klein beigeben, wenn man ihn unter Druck setzte.
Die meisten Menschen fürchteten Tod und Verderben. Dieser Mann nicht. Warum er das nicht tat, würden die Russen nie verstehen, aber sie verstanden, dass ihm seine Haltung eine Menge Respekt verschaffte. In diesem Moment wurde Bob Ritter und den
anderen Anwesenden klar, dass die einzige Gegenmaßnahme, die dem Politbüro sinnvoll erscheinen musste, ein Anschlag auf den Papst wäre. Und das Politbüro war heute zusammengekommen. Doch das, was es besprochen und beschlossen hatte, war frustrierenderweise unbekannt.
»Haben wir irgendwelche Informanten, Bob, die herausfinden können, worüber heute im Kreml gesprochen wurde?«
»Es gibt ein paar, und sie werden in den nächsten zwei Tagen verständigt – oder sie melden sich von sich aus, wenn sie auf etwas Wichtiges stoßen. Wenn sie von etwas derart Brisantem Wind bekommen, sollte man eigentlich meinen, dass sie von selbst auf die Idee kommen, die entsprechenden Informationen an ihre Führungsoffiziere weiterzuleiten«, erklärte Ritter dem DCI. »Hören Sie, Arthur, ich hasse es nicht weniger als Sie, zu warten und nichts zu wissen, aber wir müssen dieser Sache einfach ihren Lauf lassen. Sie kennen die Risiken eines solchen Notrufs für unsere Agenten genauso gut wie ich.«
Das stimmte natürlich. So etwas war zum Beispiel Oleg Penkowski zum Verhängnis geworden. Die Informationen, an die sie durch ihn gekommen waren, hatten wahrscheinlich einen Atomkrieg verhindert – und zur Rekrutierung von KARDINAL geführt, des CIA-Informanten vor Ort, der sich am längsten hatte halten können –, aber Penkowski hatte das nicht viel genutzt. Nach seiner Enttarnung hatte kein Geringerer als Chruschtschow persönlich seinen Kopf gefordert – und bekommen.
»Ja«, erklärte Greer nickend. »Und so wahnsinnig wichtig ist diese Sache ja nun auch wieder nicht, oder?«
»Nein«, musste Judge Moore zugeben, obwohl er nicht sonderlich begeistert davon war, das dem Präsidenten beibringen zu müssen. Doch der neue Boss war durchaus einsichtig, sobald man ihm einen Sachverhalt nur deutlich genug klar machte. Das wirklich Besorgniserregende war, dass man nicht wusste, wozu sich der Präsident vielleicht
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