Red Rabbit: Roman
Mittel in diesen Kreisen überhaupt zurückgegriffen wurde … Hmm, wie ließe sich das nachprüfen? fragte er sich. Darauf sollte er vielleicht mal die CIA-Abteilung für Wissenschaft und Technologie in Langley ansprechen.
Zaitzew nahm Platz, nachdem er Dobrik abgelöst hatte, und sah den Nachrichtenverkehr durch. Er beschloss, sich möglichst viel davon einzuprägen, sodass er etwas länger als üblich dafür brauchte, die Nachrichten an die Endempfänger weiterzuleiten. Es war wieder eine von Informant CASSIUS dabei, bestimmt für die Leute von der politischen Abteilung, aber auch für das US-Kanada-Institut, deren Forscher für die Zentrale noch zusätzlich den Kaffeesatz lasen. Es gab auch eine Nachricht von NEPTUN, der um Geld für seinen Schützling bat, dem der KGB so gute Kommunikationsinformationen verdankte. NEPTUN weckte Assoziationen mit dem Meer, nicht wahr? Zaitzew durchforstete sein Gedächtnis nach früheren Nachrichten dieser Quelle. Ja, sie hatte häufig Informationen über die amerikanische Navy geliefert und war der eigentliche Grund dafür, weshalb er, Zaitzew, der Sicherheit des amerikanischen Nachrichtenverkehrs nicht traute. Vermutlich zahlte der KGB dieser Quelle einen Haufen Geld, Hunderttausende von amerikanischen Dollars in bar, die selbst für den KGB nicht einfach zu beschaffen waren. In Diamanten zu zahlen wäre dagegen ein geringes Problem, da im Osten Sibiriens jede Menge davon geschürft werden konnten. Einige Amerikaner hatte man tatsächlich in Diamanten bezahlt, aber sie waren vom wachsamen amerikanischen FBI gefasst worden, und der KGB hatte nie versucht, über ihre Freilassung zu verhandeln… so viel zum Thema Loyalität. Die Amerikaner unternahmen, wie Zaitzew wusste, zumindest Versuche in dieser Richtung, aber in den meisten Fällen waren die Leute,
die sie rauszuholen versuchten, bereits exekutiert worden – ein Gedanke, der ihn innerlich erstarren ließ.
Aber jetzt gab es kein Zurück mehr, und die CIA war immerhin kompetent genug, um vom KGB gefürchtet zu werden. Hieß das nicht, dass er sich in guten Händen befand?
Dann fiel ihm etwas anderes ein, was er an diesem Tag noch tun musste. In seiner Schublade lag ein Block mit Kontaktformularen. Mary hatte vorgeschlagen, ihre Begegnung zu melden, und das tat er jetzt. Er beschrieb sie als hübsch, Ende zwanzig, Anfang dreißig, Mutter eines netten kleinen Jungen und nicht besonders intelligent – sehr amerikanisch in ihrer Art, schrieb er – mit bescheidenen Sprachkenntnissen, gutem Wortschatz, aber schlechter Syntax und Aussprache, was ihr Russisch zwar verständlich, aber schwerfällig machte. Er hielt es für das Vernünftigste, auf eine Einschätzung, dass sie wahrscheinlich für den Geheimdienst tätig war, zu verzichten. Fünfzehn Minuten später brachte er den Bericht dem für die Sicherheit der Abteilung zuständigen Kollegen.
»Das war pure Zeitverschwendung«, sagte er, als er das Formular dem Mann reichte, einem Hauptmann, der bei der Beförderung zweimal übergangen worden war.
Der Sicherheitsoffizier überflog die Meldung. »Wo sind Sie ihr begegnet?«
»Steht hier.« Zaitzew deutete auf das Formular. »Ich war mit meinem zaichik im Park spazieren, und plötzlich kam meine Kleine mit dem Sohn dieser Frau daher. Er heißt Eddie, sein richtiger Name ist anscheinend Edward Edwardowitsch – Edward junior, wie das bei den Amerikanern heißt –, vier Jahre alt, hat sie, glaube ich, gesagt, ein netter Junge. Wir haben uns ein paar Minuten unterhalten, über irgendwelche belanglosen Dinge, und sind dann wieder auseinander gegangen.«
»Ihr Eindruck von ihr?«
»Wenn sie Spionin ist, besteht nicht der geringste Zweifel am Sieg des Sozialismus«, antwortete Zaitzew. »Sie ist ziemlich hübsch, aber viel zu mager und nicht besonders schlau. So, wie ich mir eine typische amerikanische Hausfrau vorstelle.«
»Sonst noch etwas Besonderes?«
»Steht alles hier drin, Genosse Hauptmann. Es hat länger gedauert, das alles aufzuschreiben, als mit ihr zu reden.«
»Ihre Wachsamkeit wird vermerkt, Genosse Major.«
»Ich diene der Sowjetunion.« Damit kehrte Zaitzew an seinen Schreibtisch zurück. Es war eine gute Idee von ihr gewesen, dachte er, diese Gefahrenquelle so gewissenhaft auszuschalten. Immerhin konnte man nicht ausschließen, dass sie beschattet worden war, und wenn nicht, gäbe es jetzt einen neuen, von einem KGB-Offizier gemeldeten Eintrag in ihrer KGB-Akte, der bestätigte, dass sie keine
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