Red Rabbit: Roman
eingedrungen, öffnete sich die Spitze, dehnte sich auf die Größe eines Zehncentstückes aus und sorgte auf diese Weise dafür, dass das Opfer schnellstmöglich verblutete.
»Hoffentlich ist der Kerl nicht zu weit weg«, sagte Mick King. »Ich hatte seit Jahren keine solche Waffe in der Hand.«
Diese Bemerkung erinnerte Jack daran, dass es in England keine Schusswaffenkultur wie in Amerika gab, nicht einmal bei den Sicherheitsdiensten. James Bond existierte eben nur in Filmen. Ryan selbst war vermutlich der beste Pistolenschütze in der Runde, und auch er war weit davon entfernt, ein Experte zu sein. Die Pistolen, die Sharp verteilen würde, stammten sicher vom Militär, waren mit unsichtbaren Visieren ausgerüstet und hatten verdreckte Griffe. Ryans eigene Waffe verfügte über einen Pachmayr-Griff, der ihm wie maßgeschneidert in der Hand lag. Verdammt, nichts an diesem Job gestaltete sich einfach.
»Also, John, du wirst oben auf der Kolonnade die Stellung halten. Finde raus, wie du am besten dorthin gelangst, und sieh zu, dass du am Mittwochmorgen schon früh oben bist.«
»In Ordnung.« Auch John wusste, dass der Job alles andere als einfach war. »Ich werde auch noch mal das Timing überprüfen.«
»Gut«, nickte Sharp. »Heute Nachmittag werden wir uns noch einmal gründlich umsehen. Vielleicht haben wir doch etwas übersehen. Am besten stellen wir einen Mann in der Seitenstraße ab und beobachten unseren Freund Strokow schon bei der Ankunft. Wenn wir ihn tatsächlich entdecken, können wir ihn die ganze Zeit über beschatten.«
»Sollten wir ihn dann nicht schon frühzeitig aus dem Verkehr ziehen?«, fragte Ryan.
»Besser, wir lassen ihn erst mal in Ruhe«, überlegte Sharp. »Wenn wir ihn im Auge behalten, kann er nicht abhauen. Wenn wir uns aber sofort auf ihn stürzen, kann er ja nichts mehr anstellen, nicht wahr? Daran müssen wir denken.«
»Ob er tatsächlich so berechenbar ist?«, fragte Jack beunruhigt.
»Zweifellos ist er schon hier. Wir könnten ihn auch schon heute oder morgen entdecken.«
»Darauf würde ich nicht wetten«, gab Jack zurück.
»Wir spielen mit den Karten, die wir in der Hand halten, Sir John«, sagte King. »Und hoffen auf unser Glück.«
Ryan erkannte, dass es sinnlos war, darüber zu streiten. Der Mann hatte Recht.
»Wenn ich an Strokows Stelle diese Operation vorbereiten müsste, würde ich versuchen, sie so schlicht wie möglich zu gestalten. Die wichtigste Vorbereitung findet bei ihm sicher hier statt.« Sharp tippte sich an die Schläfe. »Er ist bestimmt angespannt, gleichgültig über wie viel Erfahrung er in diesem Geschäft verfügt. Er ist zwar verdammt clever, aber er ist nicht Superman. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Überraschungsmoment. Und der ist schon mal dahin, nicht wahr? Eine geplatzte Überraschung ist für einen solchen Einsatz der schlimmste aller möglichen Fälle. Ohne Überraschung fällt alles wie eine kaputte Uhr auseinander. Vergessen wir nicht, dass er, wenn er irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt, wahrscheinlich einfach verschwinden und einen weiteren Versuch planen wird. Er arbeitet schließlich nicht unter Zeitdruck.«
»Glauben Sie das wirklich?« Ryan war davon alles andere als überzeugt.
»Ja, das glaube ich. Wenn es nicht so wäre, hätte er den Auftrag schon längst ausgeführt, und der Papst würde bereits mit Gott persönlich plaudern. Über London habe ich erfahren, dass die Mission seit sechs Wochen geplant wird. Also nimmt er sich ganz offensichtlich Zeit. Es würde mich jedenfalls sehr überraschen, wenn das Ganze tatsächlich schon übermorgen stattfindet, aber wir müssen natürlich trotzdem davon ausgehen und uns entsprechend vorbereiten.«
»Ich wünschte, ich besäße Ihre Zuversicht, Mann.«
»Sir John, Agenten im Einsatz handeln überall gleich, ganz unabhängig von ihrer Nationalität«, sagte Sharp voller Überzeugung. »Unsere Mission ist schwierig, das stimmt, aber wir sprechen seine Sprache. Wenn das hier ein Kinderspiel wäre, hätte unser Mann es schon längst hinter sich gebracht, nicht wahr, Gentlemen?«, fragte er abschließend und erntete Kopfnicken aus der Runde. Nur der Amerikaner hielt sich zurück.
»Was ist, wenn uns irgendetwas entgeht?«, fragte Ryan.
»Das ist durchaus möglich«, gab Sharp zu. »Aber damit müssen wir eben leben und es einkalkulieren. Wir haben keine anderen Informationen als die vorliegenden, und unser Plan muss sich danach richten.«
»Das ist wahr«, stimmte Ryan
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