Red Rabbit: Roman
Kuritsin nach Zweitem Hauptdirektorat roch und ihm vermutlich auf den Zahn fühlen sollte. Er äußerte sich außerdem zuversichtlich, den Test bestanden zu haben. Aber sicher konnte man natürlich nie sein.
Wie er die Russen kannte, verfügten sie sogar über Leute, die Gedanken lesen konnten. Foley wusste, dass sie mit fast allem experimentiert hatten, sogar mit etwas, das sie Fern-Sehen nannten, was nach seinem Dafürhalten etwa auf einer Stufe mit Jahrmarktswahrsagerinnen stand – dies hatte die CIA allerdings, sehr zu Foleys Missfallen, nicht daran gehindert, ihrerseits ein ähnliches Projekt zu starten. Was man nicht in die Hand nehmen konnte, war für Ed Foley nicht real. Aber man konnte nie wissen, was diese Saftsäcke vom Nachrichtendienst nicht alles ausprobieren würden, nur um nicht das tun zu müssen, was die Mitarbeiter der Operationsabteilung – die richtigen Spione in der CIA – tagaus, tagein tun mussten.
Es reichte schon, dass der Iwan Augen und weiß Gott wie viele Ohren in der Botschaft hatte, obwohl das Gebäude regelmäßig von Elektronikexperten durchsucht wurde. (Einmal war es den Russen sogar gelungen, eine Wanze im Büro des Botschafters anzubringen.) Gleich auf der anderen Straßenseite stand eine ehemalige Kirche, die vom KGB benutzt wurde. In der amerikanischen Botschaft hieß sie nur Unsere Liebe Frau von den Mikrochips, weil der Bau voll von Mikrowellensendern war, auf die Botschaft gerichtet und dem Zweck dienend, sämtliche Abhörvorrichtungen zu stören, mit deren Hilfe die Moskauer Außenstelle der CIA die sowjetischen Telefon- und Funksysteme anzapfte. Das Ausmaß an Strahlung, das auf diese Weise zusammenkam, flirtete mit gesundheitsgefährdenden Werten, weshalb die Botschaft mit Metallplatten in der Bruchsteinmauer geschützt wurde, die eine Menge von dem ganzen Dreck auf die Leute auf der anderen Straßenseite zurückwarfen. Es gab zwar Regeln bei diesem Spiel – und mehr oder weniger hielten sich die Russen daran –, aber ziemlich oft ergaben diese Regeln keinen rechten Sinn. Wegen der Mikrowellen war es zu vorsichtigen Protesten gekommen, aber die einzige Reaktion der Russkis war das ewig gleiche achselzuckende »Wer, wir ?« gewesen. Und dabei blieb es normalerweise. Der Botschaftsarzt sagte, er sehe keinen Grund zur Besorgnis, allerdings befand sich sein Sprechzimmer im Keller, wo es durch Stein und Schmutz von der Strahlung abgeschirmt wurde. Es gab Leute, die behaupteten, man könne einen Hotdog grillen, wenn man ihn auf eins der nach Osten gerichteten Fenstersimse legte.
Zwei Leute, die über Ed Foley Bescheid wussten, waren der Botschafter und der Militärattaché. Ersterer hieß Ernest Fuller. Fuller sah aus wie ein Bilderbuchpatrizier: hoch gewachsen, schlank, mit einer Ehrfurcht gebietenden weißen Mähne. In Wirklichkeit war er auf einer Schweinefarm in Iowa aufgewachsen, hatte ein Stipendium für die Northwestern University erhalten und Jura studiert und war nach verschiedenen Vorstandsposten schließlich Firmenchef eines großen Autoherstellers geworden. Auf dem Weg dorthin hatte er im Zweiten Weltkrieg drei Jahre bei der US Navy gedient und unter anderem auch auf dem Leichten Kreuzer USS Boise an der Guadalcanal-Offensive teilgenommen. Die Botschaftsangehörigen betrachteten ihn in Sachen Geheimdienstarbeit als einen begabten, mit allen Wassern gewaschenen Amateur.
Der Militärattaché war Brigadier General George Dalton. Als gelernter Artillerist kam er mit seinen russischen Konterparts gut aus. Er hatte vor gut zwanzig Jahren für West Point als Linebacker gespielt und war ein Hüne von einem Mann mit schwarzen Locken.
Foley hatte einen Termin mit beiden – vorgeblich, um über das Verhältnis zu den amerikanischen Nachrichtenkorrespondenten zu sprechen. Selbst für seine botschaftsinternen Aufgaben benötigte er in der Moskauer CIA-Außenstelle eine Tarnung.
»Hat sich Ihr Sohn schon eingelebt?«, fragte Fuller.
»Er vermisst die Zeichentrickfilme. Bevor wir hierher kamen, habe ich einen dieser neuen Videorekorder und ein paar Videos gekauft – Sie wissen schon, Betamax –, aber irgendwann hat man die auch über, und außerdem kosten die Dinger nicht gerade wenig.«
»Es gibt eine russische Version von Roadrunner «, sagte General Dalton. »Sie heißt Warte mal kurz oder so etwas in der Art. An die Warner-Brothers-Serie kommt sie zwar nicht ran, ist aber allemal besser als diese idiotische Gymnastiksendung am Morgen. Diese Vorturnerin
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