Red Rabbit: Roman
dies genau so auch auf der letzten Sitzung des Politbüros dargestellt…«
»Und was haben Sie darauf gesagt, Jack?«, unterbrach Harding.
»Dass es trotzdem nicht stimmen könne, egal, was die Obergenossen dazu auch sagten. Der Bericht war ein totaler Quatsch, und ich frage mich allen Ernstes, wie das Politbüro vernünftige politische Entscheidungen treffen will, wenn die Eckdaten, die einer solchen Entscheidung zugrunde gelegt werden, aus Fantasie und Schneegestöber bestehen. Wissen Sie, als ich beim Marine Corps war, hatten wir noch mächtig Angst vor Iwan Iwanowitsch, dem russischen Soldaten. Wir hielten ihn für zwei Meter fünfzig groß. Aber das ist er nicht. Es mag zwar eine Menge von ihnen geben, aber sie sind in Wirklichkeit viel kleiner als unsere Männer, und ihre Waffen taugen nichts. Na gut, die AK-47 ist nicht schlecht, aber kein Vergleich zu unserer M-16. Und das sind nur Sturmgewehre. Noch viel krasser fällt der Unterschied etwa bei den mobilen Funkstationen aus. Bei der CIA habe ich erfahren, dass deren Ausstattung einen Scheißdreck wert ist, und es bestätigte sich, was ich schon als First Lieutenant beim Militär genau so behauptet hatte. Kurzum, im Politbüro wird gelogen, dass sich die Balken biegen, und zwar nicht nur, wenn es um die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage geht.«
»Und was ist aus dem Gutachten geworden?«
»Es wurde, wie geplant, dem Präsidenten vorgelegt, aber mit einem Anhang von fünf Seiten, die ich als Ergänzung hinzugefügt habe. Ich hoffe, dass er sie zur Kenntnis genommen hat. Es heißt, dass er jede Menge liest. Aber um aufs Thema zurückzukommen: Ich behaupte, deren Politik basiert auf Lügen, und die Wirtschaft des Landes liegt am Boden, Simon. Sie kann einfach nicht so gut dastehen, wie es die Daten suggerieren. Wenn dem so wäre, ließe sich das unter anderem an einer Verbesserung ihrer Produkte erkennen, und die ist nicht in Sicht.«
»Warum also Angst vor einem Land haben, das sich nicht selbst helfen kann?«
»Genau.« Ryan nickte.
»Im Zweiten Weltkrieg …«
»… ist Nazideutschland über Russland hergefallen, aber Hitler war zu dumm, den allgemeinen Widerwillen der Russen gegen ihre Regierung für sich auszunutzen. Stattdessen trieb er sie mit seiner rassistischen Politik und Vernichtungsstrategie zurück in die Arme von Väterchen Stalin. Der Vergleich hinkt also, Simon. Die Sowjetunion ist schon in ihren Fundamenten wacklig. Warum? Weil sie nicht demokratisch legitimiert, also unrechtmäßig ist. Ihre Volkswirtschaft…« Er stockte. »Daraus müssten wir doch irgendwie unseren Vorteil ziehen können …«
»Um was zu erreichen?«
»Um an diesen Fundamenten ein bisschen zusätzlich zu rütteln«, schlug Ryan vor.
»Damit die ganze Chose in sich zusammenbricht?«, fragte Harding und kniff die Brauen zusammen. »Darf ich vielleicht daran erinnern, dass sie über einen Haufen Nuklearwaffen verfügen?«
»Nun ja, wir könnten vielleicht für eine weiche Landung sorgen.«
»Sehr freundlich von Ihnen, Jack.«
7. Kapitel
AUF KLEINER FLAMME KOCHEN LASSEN
Ed Foleys Job als Presseattaché war nicht übermäßig anstrengend, zumindest was den Zeitaufwand betraf, der nötig war, um den amerikanischen oder anderen Korrespondenten vor Ort um den Bart zu streichen. »Andere« bedeutete angebliche Journalisten der Prawda und sonstiger russischer Zeitungen. Foley nahm an, dass sie alle KGB-Offiziere oder Lokalreporter waren – zwischen beiden bestand kein Unterschied, da der KGB seine Agenten routinemäßig als Journalisten tarnte. Journalisten und Agenten im Außeneinsatz hatten praktisch die gleiche Funktion. Das hatte zur Folge, dass auf die meisten sowjetischen Journalisten in Amerika fast immer ein oder zwei FBI-Agenten angesetzt waren, zumindest dann, wenn das FBI für diese Aufgabe Agenten erübrigen konnte, was nicht allzu oft vorkam.
Soeben war Foley von einem Prawda -Mann namens Pawel Kuritsin ausgequetscht worden, der entweder professioneller Spion war oder eine Menge Agententhriller gelesen hatte. Da es einfacher war, sich dumm zu stellen als schlau, hatte Foley in seinem Russisch geradebrecht und ganz stolz getan darüber, wie gut er die schwierige Sprache beherrschte. Kuritsin seinerseits hatte dem Amerikaner geraten, möglichst viel russisches Fernsehen zu schauen, um die Sprache schneller zu lernen. Danach hatte Foley einen Kontaktbericht für die CIA-Akten aufgesetzt, in dem er darauf hinwies, dass dieser Pawel Jewgeniewitsch
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