Red Shark: Thriller (German Edition)
hatte das Gefühl, als hätte er gerade einen Tritt in den Bauch bekommen.
Fumiko bereitete auf dem wandgroßen Flachbildschirm hinter einem Vorhang im Wohnzimmer eine Präsentation vor. Radford, Ellsworth und Jefferson aßen Sandwichs und tranken Limo, während sie darauf warteten, dass die Vorführung anfing.
Fumikos lange schlanke Finger tanzten über die Tasten ihres Laptops. Als sie sich neben Scott zu ihrer Tasche herunterbeugte, um eine CD herauszuholen, wehte der Duft ihres Parfüms zu ihm herüber. Sie wusste genau, dass er zu ihr hinübersah und schien sich über die Wirkung klar zu sein, die sie auf ihn hatte.
»Sind Sie in Washington stationiert?«, fragte Scott.
»Nein, in Tokio. Ich fliege sogar noch heute Abend zurück.«
»Dreizehn Stunden. Das ist ein langer Flug.«
»Ich bin daran gewöhnt. Ich bin oft weg von zu Hause.«
»Das muss für Ihre Familie schwer sein.«
»Ich habe keine Familie. Der Nachrichtendienst ist meine Familie.«
Scott wusste, dass Fumiko die neuen emanzipierten Frauen Japans repräsentierte. Sie hatten sich von der traditionellen japanischen Rolle als Hausfrau und gehorsame Gattin des Brötchenverdieners gelöst und genossen nun die Freiheit, selbst eine berufliche Karriere zu verfolgen, die bisher allein den Männern Japans vorbehalten gewesen war. Und sie hatte offensichtlich das beste daraus gemacht.
»Wie lange sind Sie denn schon dabei?«
»Zehn Jahre.«
»Dann müssen Sie gut sein.«
Sie richtete ihren Blick direkt auf ihn und schien ihm mit ihren schönen mandelförmigen Augen tief in sein Innerstes zu sehen. Sie lächelte und sagte: »Ja, ich bin sehr gut.«
Er hatte diese gleiche Intensität schon bei anderen Frauen erlebt, die er kennen gelernt – und geliebt hatte. Tracy. Wenn es ihr doch nur gelungen wäre, wie Fumiko ihre Intensität in Bahnen zu lenken, die nicht destruktiv waren. Wie unterschiedlich konnten zwei Frauen sein?, fragte er sich. Plötzlich fiel es ihm wieder ein: Tracy war in Tokio, mit ihrem Spielzeug Rick Sterling, dem Marine-Attaché … Er zuckte innerlich vor solchen Gedanken zurück, als Fumiko verkündete: »Ich wäre dann so weit.«
Eine Luftaufnahme des nordöstlichen Teils von Taiwan erschien auf dem Bildschirm.
»Wie Sie sehen können, haben wir eine ausgezeichnete Satellitenerfassung von Matsu Shan.« Fumiko gab weitere Erläuterungen ab, während sie zugleich Bilder von dem Laptop auf den Bildschirm herunterlud.
Das Standfoto geriet in Bewegung, und sie rasten wie im freien Fall auf eine kleine, nierenförmige Insel vor der Nordostspitze Taiwans zu. Scott sah enge, gezackte Buchten zwischen steilen Klippen, und in den Küstengewässern ragten überall spitze, vulkanische Felsen empor, die leicht Schiffsrümpfe aufschlitzen konnten, und U-Boot-Rümpfe auch, dachte er.
»Matsu Shan ist etwa dreißig Quadratkilometer groß«, sagte Fumiko, nachdem sie den freien Fall gestoppt hatte.
Sie ließ einen weißen Lichtmarker über die Insel wandern, die mit dichtem Dschungel und einzelnen Palmengruppen am Strand bewachsen war. Eine luxuriöse Villa stand auf einer Klippe hoch über dem Meer.
»Auf der taiwanesischen Seite der Insel führt ein schmaler Kanal zum Pazifik«, erklärte Fumiko weiter. »Er endet an einem Strand unterhalb der Villa.« Sie führte den Lichtmarker zu Kaianlagen und einer zehn Meter langen Motoryacht.
»Wie Sie sehen, ist die Villa gut bewacht und durch einen Sturmangriff vom Meer oder vom Land aus praktisch nicht zu nehmen.«
»Was sagten Sie doch gleich wieder, wem diese Insel gehört?«, fragte Scott.
»Wu Chow Fat«, sagte Jefferson. »Er ist ein Drogenbaron, ein Pirat und ein Auftragskiller. Er schmuggelt in Nordkorea produzierte Drogen für die chinesischen Triaden nach China und Taiwan. Und für die Yakuza nach Japan. Fat ist der Hauptexporteur von Heroin und Metamphetamin aus Nordkorea nach Taiwan. Die Festlandchinesen wissen, dass Nordkorea dringend Devisen braucht und dass Drogen seine hauptsächliche Geldquelle sind. Dort wird über die Hälfte der illegalen Drogen produziert, die auf der Welt konsumiert werden.«
»Wie groß ist das Territorium, das Fat kontrolliert?«, fragte Scott.
»Der gesamte südöstliche Teil des Chinesischen Meers zwischen Ning-po und Hong Kong.«
»Die Chinesen gehen hart gegen den Drogenschmuggel nach Festlandchina vor«, sagte Fumiko. »Nach Taiwan lassen sie ihn aber zu, weil sie die Meinung vertreten, dass der Drogenkonsum auf Dauer den Widerstand der
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